Das Jahr 2017 hat sich im zum Horrorjahr für Flugreisende entwickelt. Gerade für den Zeitraum der Weihnachts- und Winterferien hatten Reisende weit im Voraus ihre Tickets bei Air Berlin gebucht. Im Sommer schienen die Preise für Flüge in die Wärme, zum Beispiel zum Jahreswechsel in die Sonne Floridas, besonders günstig zu sein, obwohl die einst zweitgrößte deutsche Airline seit Jahren große Verluste einflog.
Auch Familie Kern vom Bodensee hatte früh gebucht und glaubte, mit einem Trick auf Nummer sicher gegangen zu sein. "Von Stuttgart sollte es am 21. Dezember mit Air Berlin über Düsseldorf in die USA nach Fort Myers gehen und am 2. Januar zurück. Dafür zahlten wir 3600 Euro - inklusive einer Versicherung für den Insolvenzfall", schrieben die Kerns an den stern. "Doch diese greift nun wahrscheinlich nicht, weil es angeblich bereits 'Anzeichen einer Insolvenz' gab".
Am 15. August hatte Air Berlin beim Amtsgericht den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Noch bis Ende Oktober wurde durch einen Überbrückungskredit der Bundesregierung der Flugbetrieb aufrechterhalten - mehr oder weniger. Denn der Flugplan wurde kräftig zusammengestrichen und der Langstreckenverkehr noch früher ausgedünnt.
Von der Einstellung des Flugbetriebs sind auch Flugreisende betroffen, die gar nicht Kunden von Air Berlin waren. Denn das Preisniveau hat durch den Wegfall der Konkurrenz auf Deutschland-Routen zu einer deutlichen Erhöhung der Ticketpreise geführt. "Innerdeutsche Flüge sind um 30 bis 40 Prozent teurer geworden", sagt Heike Niederberghaus, Geschäftsführerin von Travel Overland, einem auf Flüge spezialisierten Reisebüro in München.

Der bittere Nachgeschmack der Air-Berlin-Pleite
Am 1. November wurde das offizielle Insolvenzverfahren von den Verwaltern eröffnet. Hunderttausende von Air-Berlin-Geschädigten fragen sich: Wie komme ich an mein Geld? Kann ich mich an den Konkursverwalter wenden und wenigstens einen Teilbetrag erstattet bekommen?
Auf der eigens eingerichteten Website airberlin-inso.de heißt es: "Alle Tickets, die vor dem 15. August 2017 und auf airberlin Ticketstock (745) ausgestellt wurden, sind nicht mehr erstattbar. Dies ist insolvenzrechtlich ausgeschlossen. Für Tickets, die ab dem 15. August 2017 ausgestellt wurden, gelten die jeweils gültigen Tarifkonditionen."
Mit anderen Worten: Die Geschädigten können sich nur wenig Hoffnung machen und müssen sehr viel Geduld aufbringen. "Die Gläubiger werden gebeten, mit der Anmeldung der Ansprüche zu warten, bis Sie das Schreiben in den Händen halten, um eine koordinierte Bearbeitung und spätere Prüfung zu ermöglichen." Von Einzelanfragen bittet der Insolvenzverwalter abzusehen.
Niki steht zum Verkauf
Die österreichische Ferienflieger Niki, ein Tochterunternehmen der insolventen Air Berlin, musste ebenfalls Insolvenz beantragen und in der Nacht zum 14. Dezember den Flugbetrieb einstellen. Wegen Wettbewerbsbedenken der EU-Kommission hatte sich Lufthansa als einziger potentieller Übernahmekandidat zurückgezogen und die Zahlungen eingestellt.
Kurz vor Weihnachten saßen Tausende von Urlauber fest; andere konnten nicht wie geplant in die Weihnachtsferien fliegen. Von der Niki-Pleite betroffenen Passagieren bietet die Lufthansa-Gruppe Tickets zu Sonderkonditionen an.

Zum Jahresende hat der vorläufige Gläubigerausschuss nur noch mit einem neuen Käufer verhandelt. Nach Medienberichten soll es sich um die British-Airways-Mutter IAG handeln, zu der auch der spanische Billigflieger Vueling gehört, der besonders an den Start- und Landerechten auf Mallorca und auf den Kanaren interessiert sei.
Monarch-Pleite: Rückholaktion für 110.000 Passagiere
Ganz dicke kam es für Tausende von britischen Urlaubern, als während der Saison die 50 Jahre alte Fluggesellschaft Monarch überraschend Insolvenz anmeldete und den Flugbetrieb am 2. Oktober einstellte. Zum einen saßen 110.000 Feriengäste im Ausland fest, zum anderen verloren 300.000 Tickets ihre Gültigkeit. "Monarch ist nicht mehr in Betrieb. Bitte gehen Sie nicht zum Flughafen“, lautete eine Meldung der britischen Flugaufsicht Civil Aviation Authority.

Es mussten 38 Flugzeuge gechartert werden, um die gestrandeten Urlauber nach Hause zu fliegen. "Die Rückholaktion hat den Steuerzahler 60 Millionen britische Pfund gekostet", sagte Thomas Winkelmann, der Vorstandsvorsitzende von Air Berlin, bei einem Treffen mit dem Luftfahrt-Presse-Club in München. Er ist stolz darauf, dass im Falle von Air Berlin eine ähnliche Aktion für deutsche Urlauber vermieden werden konnte.
Totgesagte leben länger: Alitalia
Über der ehemaligen italienischen Vorzeigefluglinie kreist schon seit Jahren der Pleitegeier. Ebenso wie bei Air Berlin hat Etihad Airways als einer der Hauptaktionäre mit Millionenbeträgen die Alitalia künstlich am Leben erhalten.
Die Bieterfrist und Prüfung für eine Übernahme wurde jetzt bis zum 30. April 2018 verlängert. Das ging allerdings nur durch weitere 300 Millionen Euro, die die Regierung in Rom in die chronische defizitäre Airline gepumpt hat. Im Monat davor sind nämlich Wahlen in Italien angesetzt.

Offiziell hatte Alitalia im Mai 2017 Insolvenz angemeldet. Zuvor war ein ausgehandelter Sanierungskompromiss mit Stellenstreichungen und Lohneinbußen von zwei Dritteln der Gewerkschaftsmitglieder des gut organisierten Personals abgelehnt worden.
Wie es in Zukunft weitergeht, ob Lufthansa oder ein europäischer Billigflieger bei den Italienern das Steuer übernehmen wird, bleibt offen. Aber stilvoll bleiben die Flugbegleiter. Erst vor eineinhalb Jahren wurden sie von Designer Ettore Bilotta neu eingekleidet. Doch schon im Sommer 2018 werden die Uniformen entsorgt und gegen neue Entwürfe von Alberta Ferretti ausgetauscht.
Wackelkandidaten in der Schweiz
Gegenwärtig wird auch die Luft für die regionalen Fluggesellschaften immer dünner. Der Flughafen Friedrichshafen am Bodensee litt besonders unter den Pleiten von Intersky 2015 und VLM Airlines im vergangenen Jahr, den beiden wichtigsten Airlines für Verbindungen vom Bodensee nach Berlin, Hamburg und Düsseldorf.
Im Nachbarland Frankreich musste sich die neu gegründete Regionalairline Fly Kiss, die sich auf Nebenstrecken ohne viel Konkurrenz spezialisiert hatte, im Mai 2017 wieder aufgeben. Zu schlecht soll die Auslastung gewesen sein.

In der Schweiz gab es in diesem Jahr gleich mehrere Wackelkandidaten. Darwin Airline mit Sitz am kleinen Flughafen in Lugano wurde aus finanziellen Gründen vom Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt die Betriebserlaubnis zum 28. November 2017 entzogen. Die Fluggesellschaft, die zwischenzeitlich großspurig als Etihad Regional unterwegs war, wurde an eine Investorengesellschaft verkauft, die auch Adria Airways betreibt, für die die Darwin-Propellermaschinen weiterhin eingesetzt werden dürfen.
Inzwischen wurde Darwin Airline die Fluglizenz entzogen und das Insolvenzverfahren am 19. Dezember eröffnet. Einen Tag später leitete die Tessiner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Insolvenz ein Strafverfahren gegen Unbekannt ein.
Passagiere der in Bern-Belp beheimateten Skywork Airlines erhielten kürzlich eine SMS wie diese: "Sehr geehrter Passagier, Aufgrund der immer noch ausstehenden Betriebsbewilligung für den Winterflugplan fallen die Flüge ab Sonntag, 29.10.2017 aus. Bitte melden Sie sich bei unserem Kundendienst."
Doch 24 Stunden vor Ablauf der Frist fand die kleine Airline, die auch nach Wien, Berlin, Hamburg und München fliegt, einen Investor und fliegt im Winter wieder nach Plan.
Schlechter sieht es dagegen für Powdair aus. Die in Irland beheimatete Fluglinie wollte eigentlich ab dem 11. Dezember Skitouristen aus Großbritannien und auch Hamburg in die Schweizer Bergwelt direkt nach Sion im Rhonetal fliegen. Ein Investor sprang kurzfristig ab. Powdair wird nicht abheben, hieß es in einer Pressemitteilung Anfang Dezember. In der Wintersaison 2018/19 soll es einen neunen Versuch geben. "We hope to be able to fly you in 2018", heißt es auf der Homepage.
Das kommende Jahr dürfte nicht besser werden, denn die europäische Luftfahrtbranche befindet sich in einer Phase der Konsolidierung. Daher könnten 2018 weitere Airlines vom Markt verschwinden.
