Der BVB taumelt Weil "echte Liebe" allein nunmal nicht reicht: Das Projekt Edin Terzic ist am Ende

Edin Terzic, Trainer von Borussia Dortmund
Borussia Dortmund geht mit einem Unentschieden in eine unruhige Winterpause. Trainer Edin Terzic wirkte nach dem Spiel angeschlagen
© Christof Koepsel / Getty Images
Borussia Dortmund taumelt in die Winterpause. Das 1:1 gegen Mainz 05 macht deutlich: Die Mannschaft hat unter Trainer Edin Terzic keine Fortschritte gemacht. Seine Liebe für den Verein ist absolut glaubhaft, doch das reicht im Fußball leider nicht.

Da stand er also am 27. Mai diesen Jahres: Umgeben von 80.000 Fans und doch ganz allein. Edin Terzic, der Trainer von Borussia Dortmund, der noch wenige Jahre zuvor selbst auf der Südtribüne stand, schämte sich seiner Tränen nicht. Wieder hatte es die Mannschaft nicht geschafft, den großen FC Bayern vom Thron zu stoßen. Wieder stand man mit leeren Händen da. Nach einer überragenden Rückrunde war es letztlich die Hürde FSV Mainz 05, die zu hoch erschien. 

Jetzt, sieben Monate später, könnte sich ein Kreis schließen. Wieder kommt der BVB gegen Mainz nicht über ein Unentschieden hinaus. Doch diesmal ist von der gemeinsamen Traumabewältigung nicht mehr viel zu spüren. Der sommerliche Wind der Enttäuschung aus dem Mai hat sich in einen winterlichen Sturm der Ratlosigkeit verwandelt. Das war auch Terzic nach dem Spiel anzumerken. Wie lange er Trainer bleibt, das entscheide nicht er, erklärte er im Interview. Es sind die immer gleichen Worte von Trainern, die eigentlich schon wissen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Und genau das ist sie.

Schlechte Leistungen, Ratlosigkeit, hoher Anspruch: Terzics Zeit bei Borussia Dortmund nähert sich dem Ende

Die fehlende Konstanz war in den vergangenen Jahren immer wieder der Knackpunkt in Dortmund. Egal ob Lucien Favre, Marco Rose oder eben jetzt Edin Terzic: Kein Trainer hat es wirklich geschafft, regelmäßig gute Ergebnisse einzufahren. Immer wieder gab es unerklärliche Leistungsschwankungen. Insbesondere jetzt unter Terzic folgten auf Gala-Auftritte in der Champions League blutleere Spiele gegen vermeintlich "kleine" Mannschaften. 

Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Union Berlin, die ebenfalls durch die Saison taumeln, hat sich in Dortmund allerdings nicht etwa eine Ergebniskrise zu einer Leistungskrise entwickelt, sondern eine Leistungskrise zu einer Ergebniskrise. Wirklich überzeugt hat Schwarz-Gelb in dieser Hinrunde höchstens in der Champions League. Knappe Siege in der Liga wie gegen Wolfsburg oder Bremen täuschten darüber hinweg, dass die Mannschaft selten gut spielte, teilweise sehr glücklich mit den Siegen sein konnte. "Weniger sexy, mehr Erfolg" nannte Terzic das zu Beginn der Saison. Nach einem halben Jahr fragt man sich aber zunehmend, ob dieses "weniger sexy" vielleicht gar nicht so bewusst, sondern viel mehr aus eigener Unfähigkeit resultiert.

Das Spiel gegen Mainz war dabei symptomatisch für den BVB unter Terzic: Gut begonnen, stark gepresst, den Gegner eingeschnürt, das 1:0 erzielt und dann Federn gelassen. Wie so häufig wirkten die Spieler plötzlich überwältigt von der eigenen Courage. Mainz kam besser ins Spiel, köpfte mit etwas Glück und unter tatkräftiger Mithilfe der Dortmunder Abwehr den Ausgleich, und plötzlich stand eine andere Mannschaft in schwarz-gelb auf dem Platz. Nichts ging mehr, selbst einfachste Pässe kamen nicht mehr an. Mainz – bei allem Respekt – Vorletzter, dominierte plötzlich beim selbsternannten Meisterschaftskandidaten. Am Ende musste man als BVB-Fan sogar fast zufrieden sein mit dem Punkt gegen die 05er – ein Offenbarungseid an die eigenen Ansprüche. 

"Echte Liebe" ersetzt keine taktische Expertise

Die Bilder des weinenden Trainers vor der Südtribüne haben im Mai auch über Dortmunds Stadtgrenzen hinaus die Herzen der Fans erwärmt. Doch nach dieser Hinrunde muss man konstatieren, dass Terzics Handschrift, im Gegensatz zu seiner Authentizität, nie zu erkennen war. Zu oft wurden Spiele durch individuelle Momente gewonnen. Zu oft musste man nach Niederlagen, wie gegen Stuttgart oder die Bayern, dem Trainer das Zeugnis "vercoacht" ausstellen. Positionsspiel, Umschaltsituationen bei Ballverlusten, Konterspiel, Pressingmomente: Nichts von dem hat in den vergangenen sechs Monaten wirklich funktioniert. Maßgeblich dafür verantwortlich ist der Trainer.

Edin Terzic war und ist eine Sehnsuchtsfigur. Ein Versuch, mit Glaubwürdigkeit, Stallgeruch und Liebe für den Verein eine Mannschaft mitzureißen. Doch das scheint auf längere Sicht nicht funktioniert zu haben. "Echte Liebe" ersetzt nun mal keine taktische Expertise. Die aber ist unverzichtbar für den Erfolg einer Mannschaft. Die Entscheidung, Terzic auf die Trainerbank zu setzen, war letztlich ein Fehler, auch wenn er im Verein und bei den Fans menschlich sicherlich nach wie vor einen guten Stand hat. Vielleicht sollte die Führungsriege des BVB darüber nachdenken, ihn wieder in die zweite Reihe einzugliedern. Als Koordinator und auch auf der Südtribüne wird er weiterhin herzlich willkommen sein.

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