Auch ein Wembley-Tor von Marcell Jansen hat Mainz 05 den Karneval nicht verdorben. Ein überragender André Schürrle sorgte beim 4:2 (0:1) beim Hamburger SV für einen weiteren "Big Point" der auswärtsstarken Pfälzer und riss die Hanseaten aus allen Europapokal-Träumen. Nach Jansens Aufreger-Tor trafen am Sonntag Schürrle (56./82.), Gojko Kacar (61.) per Eigentor und Florian Heller (88.) für Mainz, HSV-Stürmer Mladen Petric (59.) hingegen "richtig". Zuvor war vor 49 462 Zuschauern Jansens Schuss an die Latte in der 17. Minute deutlich vor der Torlinie aufgekommen, doch Schiedsrichter Babak Rafati (Hannover) entschied nach einem Signal seines Linienrichters Christoph Bornhorst (Damme) auf Treffer.
Erst am Samstag hatte der Fußball-Weltverband Fifa bekanntgegeben die Entscheidung zur Einführung von Torlinientechnologien auf März 2012 zu verschieben. Mit 43 Punkten liegt Mainz nun als Tabellenvierter der Bundesliga vor Rekordmeister FC Bayern München (42), der am kommenden Wochenende den Siebten HSV (37) empfängt.
Beide Trainer hatten ihr Personal nur geringfügig geändert. HSV-Trainer Armin Veh brachte Jonathan Pitroipa für Piotr Trochowski. Die angeschlagenen Heiko Westermann, Joris Mathijsen und Frank Rost konnten spielen. 05-Coach Thomas Tuchel, der in Augsburg von Veh aus der A-Jugend ins Drittliga-Team geholt worden war, ließ Marcel Risse für Sami Allagui (Oberschenkelverletzung) spielen.
Die Gäste begannen selbstbewusst und stellten mit ihren Kontern die HSV-Defensive vor Probleme. Schürrle hatte nach fünf Minuten die erste Chance. Hamburg hatte Probleme im Spielaufbau und brachte mit vielen Fehlpässen nichts zustande. Wie aus dem nichts fiel dann das 1:0. Jansen schoss den Ball an die Unterkante der Latte vor die Linie - doch alle Mainzer Proteste halfen nichts. "Ich hab mich schon gewundert, dass der Linienrichter sofort die Fahne gehoben hat. Da gibt es keine zwei Meinungen, der Ball war nicht drin", sagte 05-Manager Christian Heidel zur Halbzeit am "Sky"-Telefon. "Da freuen wir uns doch einfach", bemerkte HSDV-Vorstandsvorsitzender Bernd Hoffmann.
Offener Schlagabtausch nach der Pause
Nach diesem Schock kämpfte sich Mainz ins Spiel zurück. Andreas Ivanschitz prüfte per Hacke Rost (26.), Joris Mathijsen warf sich in Nico Bungerts Nachschuss. Der Niederländer hatte kurz darauf Glück, als sein hartes Einsteigen gegen Risse "nur" mit Gelb geahndet wurde. Rost rettete erneut gegen Ivanschitz und hielt die Hamburger "Führung" fest. Die Hanseaten hatten keine Linie, Mainz hingegen einen klaren Plan.
Veh reagierte und brachte nach der Pause Trochowski und Ben-Hatira. Mit dem neuen Personal wachte der HSV auf und spielte endlich Fußball. Zwar setzte sich Schürrle gegen Dennis Aogo durch. Seinen Kopfball prallte von Aogos zum 1:1 ins Tor, doch davon unbeeindruckt brachte Petric mit seinem achten Saisontreffer Hamburg in Führung. Im nun aufregenden Schlagabtausch fälschte Kacar keine 120 Sekunden später Risses Hereingabe ins eigene Netz ab. Schürrle und der eingewechselte Heller sorgten dann für den verdienten Mainzer Sieg.
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Werder Bremen hat dem großen Druck standgehalten und drei wichtige Punkte gegen den Abstieg geholt. Durch den 3:1 (1:0)-Sieg beim Lieblingsgegner SC Freiburg verließen die Bremer dank der besten Auswärtsleistung seit Monaten am Sonntag wieder die Abstiegsplätze - auf die sie durch die Ergebnisse der Konkurrenz am Vortag zurückgefallen waren. Sandro Wagner (12. Minute) mit seinem ersten Bundesliga-Treffer, Torgarant Claudio Pizarro (76.) und Marko Marin (90.+2) sorgten für den ersten Auswärtssieg nach sieben meist kläglichen Versuchen. Mit 28 Punkten kletterten die Hanseaten vor dem wichtigen Fußball-Kellerduell gegen Borussia Mönchengladbach am kommenden Wochenende auf Platz 14 der Tabelle.
Werder verdarb Freiburg das 200. Bundesliga-Heimspiel. Mit 37 Zählern liegen die Breisgauer, für die Papiss Demba Cissé mit seinem 17. Saisontor vor 24 000 Zuschauern per Foulelfmeter (49.) zwischenzeitlich ausgeglichen hatte, dennoch weiter in Lauerstellung auf die Europa-League-Ränge. Der Trend der vergangenen Wochen ist jedoch negativ.
Bei Werder, das in den vergangenen beiden Spielzeiten den SC in Freiburg jeweils mit 6:0 überrannt hatte, spielte vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw zunächst wieder der 18 Jahre alte Florian Trinks für Nationalspieler Marin, und der Teenager hatte nach sieben Minuten nach einem Zuspiel von Pizarro eine gute Chance.
Freiburg krempelte seine Mannschaft nach der Gelbsperre von Mensur Mujdza völlig um. Der offensive Mittelfeldspieler Maximilian Nicu spielte hinten rechts, Oliver Barth rückte aus dem Abwehrzentrum ins defensive Mittelfeld. Ömer Toprak spielt zum ersten Mal seit drei Monaten wieder von Beginn an in der Innenverteidigung und Yacine Abdessadki und Cedrick Makiadi bilden in der Mittelfeldzentrale ein neues Duo.
Marin macht den Sack zu
Der überraschende Radikalumbau bekam den Breisgauern nicht. Werder startete aktiver und wurde schnell belohnt. Pizarros Kopfball kratzte Cissé noch von der Linie, doch der in Bremen schon als Fehleinkauf abgestempelte Wagner staubte zu seinem Premieren-Treffer ab. Freiburg kam erst nach gut 20 Minuten besser ins Spiel, agierte aber untypisch mit langen Bällen. Ein Kopfball-Aufsetzer von Toprak (20.) über das Tor war die gefährlichste Aktion. "Das waren die schlechtesten 20 Minuten überhaupt", sagte SC-Sportdirektor Dirk Dufner.
"Wir kennen das Gefühl gar nicht mehr, in Führung zu sein", sagte Bremens Manager Klaus Allofs zur Halbzeit. Und der emotionale Rückschlag folgte rasch. Tim Borowski foulte Erik Jendrissek. Cissé ließ sich die Elfmeterchanche zum Ausgleich nicht nehmen. Doch Werder steckte nicht auf, hielt das Spiel offen und wurde durch Pizarros Streich nach einem Fehler von Nicu belohnt. Die eingewechselten Marin (67.) und Marko Arnautovic (79.) sowie Pizarro (90.) hätten weitere Tore erzielen können - bevor Marin in der Nachspielzeit doch noch einmal zuschlug.
kbe/DPA