Auch mit fast 57 Jahren macht Volker Finke nicht den Eindruck, er würde als Bundesliga-Trainer demnächst eine ruhigere Kugel schieben wollen. "Mir macht es wahnsinnigen Spaß - wenn ich auf dem Platz stehen und mit jungen Leuten in der Gruppe arbeiten und sie ausbilden kann", sagt der Trainer des SC Freiburg. Doch stört sich der frühere Oberstudienrat nach rund 14 Jahren Dienstzeit immer mehr an den Nebengeräuschen des Fußball-Geschäftes. Dünnhäutig wie nie zuvor reagiert "der Chef", wie ihn in Freiburg alle nennen, auf Kritik und ereifert sich fast pausenlos in Medienschelte.
Auch ein Highlight wie das DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Bayern München lässt Finke keine gute Laune versprühen: "Wenn man ständig Interviews geben muss, überall angesprochen wird und immer wieder blöde Fragen hört, ärgert dich das und es hält dich ja sowieso nur von der täglichen Arbeit ab", klagt der derzeit dienstälteste Erstligatrainer. Auch in sportlich höchst schwierigen Zeiten stößt sich Finke nach außen hin mehr an der Berichterstattung über den Tabellenvorletzten als an verlorenen Punkten in der Meisterschaft.
Selten sachliche Argumente
Der Niedersachse bekommt "Dämonen im Kopf", wenn er die Sportteile liest. Auch das brachte ihm kürzlich im Berliner "Tagesspiegel" den Status eines "verbitterten Altlinken" ein. "Ich möchte nicht rumjammern, aber mit der Berichterstattung der vergangenen Tage konnten meine Spieler keine gute Leistung abliefern", schimpft Finke nach fast jedem Spieltag.
Nur noch selten sind seine Argumente bei diesen Diskussionen sachlich. "Die Medienlandschaft ist leider so, dass es nur noch Gewinner und Verlierer gibt. Damit kann ich mich nicht anfreunden", kritisierte Finke in einem seiner Rundumschläge. Die Nachbetrachtung eines Spieltages kann für Journalisten zur unangenehmen Begegnung werden: Wer dem Coach etwa bei einer Strafstoßentscheidung nicht zugestimmt hat, wird verbal abgestraft. Oder noch schlimmer: kritische Beobachter werden in Abwesenheit diskreditiert.
Dabei hat Finke bei objektiver Betrachtung kaum Anlass zur Schelte, da im Breisgau ein vergleichsweise ruhiger Wind weht. "Das ist doch alles harmlos hier. Es gibt doch gar keinen Grund, sich aufzuregen", zeigen sich angereiste Journalisten oft irritiert über die Gefühlsausbrüche des 56-Jährigen. "Der Trainer ist im Umgang mit den Medien kein schüchterner Typ", sagt auch Präsident Achim Stocker. SC-Kapitän Richard Golz bemerkt: "Es werden halt immer mal wieder alte Rechnungen beglichen, und es wird gern zusätzlich Öl ins Feuer gegossen, weil der Trainer ja auch sehr direkt ist und es sich manchmal nicht einfach macht."
Zu wenig Geld für so viel Schelte
In Freiburg besitzt Finke alle Freiheiten, erwartet aber, pfleglicher behandelt zu werden und begründet dies mit der ihm eigenen Logik: Nur wenn er an einem potenteren Bundesliga-Standort "für ein Vielfaches" arbeiten würde, müsse er härtere Umgangsformen hinnehmen. "In Freiburg bekomme ich kein Schmerzensgeld. Wird aber zum Beispiel ein Jupp Heynckes wie in der Vorrunde in Schalke hart angepackt, habe ich kein Mitleid. Er hat ja schließlich vier bis fünf Millionen Euro im Jahr verdient", sagt Finke. Allerdings dürfte auch er inzwischen ausgesorgt haben dürfte.
Im Sommer ist beim Sportclub, so Finke, "ein größerer Personalwechsel an der Reihe" - bei den Spielern. Der Vertrag des Trainers gilt auf Lebenszeit. Jährlich verlängern muss er nicht mehr. "Auf den Handschlag verzichten wir schon lange", sagt Stocker. Sein Erfolgscoach hat ja noch immer viel Spaß - auf dem Trainingsplatz.