Deutschland hat die Qualifikation für die EM als erstes Team gemeistert, Bundestrainer Joachim Löw eröffnet das die Möglichkeit, frühzeitig personelle Optionen zu testen. Das Länderspiel in Danzig gegen Polen bietet die erste Gelegenheit dazu.
"Der Konkurrenzkampf treibt die Spieler an, die Spannung hochzuhalten", sagte Löw vor der Partie gegen den EM-Gastgeber. Mario Götze darf ebenso vom Anpfiff an vorspielen wie Ersatztorwart Tim Wiese. Die Stammkräfte Miroslav Klose und Lukas Podolski fiebern derweil dem ersten Auftritt im Land ihrer Vorfahren entgegen. "Das ist schon etwas ganz Besonderes. Man ist dort geboren, man beherrscht die Sprache perfekt. Poldi und ich freuen uns, dass wir in Polen spielen können", sagte Klose.
In Danzig kann der DFB-Chefcoach seinen 50. Sieg als Bundestrainer einfahren. Doch blanke Resultate sind für Löw nach der Siegesserie in der Qualifikation sekundär. Ein möglicher Euphorie-Dämpfer würde den 51-Jährigen nicht aus der Ruhe bringen. Wie in Testspielen gegen weniger renommierte Gegner üblich, schickt Löw gegen Polen auch Spieler aus der zweiten Reihe ins Rennen.
Klose bat um seinen Einsatz
Für Klose und Podolski kam eine freiwillige Auszeit überhaupt nicht infrage. Ausdrücklich bat Klose den Bundestrainer, ihm die erste Möglichkeit zum Kick in seinem Geburtsland nicht zu nehmen. Auch Podolski wird das Spiel der Emotionen nicht verwehrt. "Ich freue mich nicht nur auf das Spiel, sondern auch auf die EM im nächsten Jahr, auch wenn es noch ein Stückchen hin ist", sagte Klose.
Mehr Platz für Gefühle ist aber nicht: In der neuen EM-Arena lässt Löw für den geschonten Mesut Özil wie vor vier Wochen beim tollen Brasilien-Test den allseits umjubelten Götze in der Startformation ran. Im Tor bekommt der im DFB-Trikot in vier Einsätzen bislang sieglose Wiese eine Chance. Davor rückt Per Mertesacker erstmals seit gut fünf Monaten und kurz vor seinem Umzug nach London wieder in die Abwehrformation.
Für den ebenfalls in Länderspiel-Urlaub geschickten Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger könnte Simon Rolfes hinter der offensiven Viererkette den Beweis seiner EM-Befähigung antreten dürfen. Der Kampf um die 23 persönlichen EM-Tickets ist nun in vollem Gange. "Die Möglichkeiten heute sind größer. Der Kader ist in der Breite qualitativ sicherlich anders besetzt. Es können auch Spieler mal adäquat ersetzt werden", sagt Löw und zieht den Vergleich zu früheren Tagen seiner fünfjährigen Amtszeit.
Löw warnt vor Größenwahn
Während der Chefcoach die sportlichen Grundlagen für den Titeltraum vorantreibt, laufen die logistischen EM-Planungen von Teammanager Oliver Bierhoff und dem DFB-Stab weiter auf Hochtouren. Mit dem Luxushotel Dwor Oliwski ist eine adäquate EM-Unterkunft vor den Toren des möglichen Spielortes Danzigs schon ausgeguckt.
In der Quartierfrage ist Deutschland der Konkurrenz in jedem Fall voraus. Ganz Europa bewundert derweil respektvoll die neue deutsche Fußballkunst. Das DFB-Team wird auf dem Kontinent als erster Kandidat gehandelt, die spanische Herrschaft zu brechen.
Der Bundestrainer muss aber Realismus walten lassen. "Keiner wird vor uns auf die Knie fallen. Bei dem Turnier müssen wir uns in jedem Spiel beweisen", sagte Löw - und warnt bereits vor Größenwahn. "Die Erwartungshaltung ist jetzt schon immens groß, dabei ist die EM relativ weit weg."