Deutschlands Achtelfinalgegner Alle reden schon von Spanien oder Italien - doch die Slowakei wird kein Selbstläufer

Für viele deutsche Fans scheint die Slowakei trotz Superstar Marek Hamšík keine Hürde auf dem Weg ins Viertelfinale zu sein. Wenn sie sich da mal nicht täuschen. Deutschlands Achtelfinalgegner unter der Lupe.

Seit Mittwochabend steht nun also fest: Weltmeister Deutschland bekommt es im Achtelfinale mit EM-Neuling Slowakei zu tun. Rein vom Papier ist die Favoritenrolle für die Partie am Sonntag (18 Uhr) damit klar verteilt. Dass man die Osteuropäer um Mittelfeld-Star Marek Hamšík dennoch nicht unterschätzen sollte, dafür sprechen gleich eine Reihe Argumente - auch wenn sich hierzulande viele Fans angesichts der fraglos lösbaren Aufgabe schon jetzt deutlich mehr mit dem anvisierten Viertelfinale gegen Italien oder Spanien zu beschäftigen scheinen.

Denn dass die Slowaken an einem guten Tag auch die großen Teams durchaus ärgern können, haben sie (nicht nur) bei dieser Europameisterschaft bereits gezeigt. Im letzten Spiel der Gruppe B trotzte das Team von Trainer Jan Kozak den im Vorfeld des Turniers hochgehandelten Engländern immerhin ein 0:0 ab. Zuvor hatten sie der Auftaktniederlage gegen Wales (1:2) einen durchaus überzeugenden 2:1-Sieg gegen Russland folgen lassen und sich so als Gruppendritter für die Endrunde in Frankreich qualifiziert.

Auch ohne Hamšík-Gala ein schwerer Gegner

Qualität ist in der mit bekannten Gesichtern gespickten Mannschaft also definitiv vorhanden. Das musste - viele mögen es vielleicht schon vergessen oder verdrängt haben - zuletzt auch Deutschland erfahren: Im vorletzten EM-Vorbereitungsspiel Ende Mai kassierte man in Augsburg eine überraschend deutliche 1:3-Klatsche, die nur nicht so ins Gewicht fiel, weil Bundestrainer Joachim Löw damals auf viele Stammkräfte verzichtet und seine B-Elf ins Rennen geschickt hatte. Auch Spanien blamierte sich schon gegen die Slowakei. In der Qualifikation zur Euro gingen die Iberer im Oktober vergangenen Jahres nach einem 1:2 als Verlierer vom Platz.

Auch wenn die bisherige Bilanz Deutschlands gegen die Slowaken eine eindeutige Sprache spricht - in zehn Duellen gab es sieben Siege und drei Niederlagen -, können sich Hummels, Boateng und Co. nicht darauf beschränken, ihre Aufmerksamkeit ausschließlich Schlüsselspieler Hamšík zu schenken. Klar, der 28-Jährige in Diensten des SSC Neapel ist der technisch versierteste Spieler und der Superstar des Teams. Über ihn läuft im Normallfall alles. Gegen England aber blieb Hamšík völlig blass, verdribbelte sich mehrfach und gab letztlich nicht einen Torschuss ab. Trotzdem wusste Kozaks Team dank erfahrener Spieler zu überzeugen. Da wären beispielsweise die Bundesliga-Profis Pekarik (Hertha BSC) und Dušan Švento (1. FC Köln) sowie Kapitän und Verteidigungschef Martin Škrtel (FC Liverpool) oder Juraj Kucka (AC Milan) zu nennen.

Slowakei kann völlig befreit aufspielen

Auch Torwart Matúš Kozáčik könnte der deutschen Offensive das ein oder andere Mal Kopfzerbrechen bereiten. Der 32-Jährige Keeper hatte mit seinen bisherigen Paraden - vor allem gegen die Three Lions - schließlich erheblichen Anteil am Achtelfinaleinzug. Womit man beim vielleicht stärksten Argument ist, warum die Slowakei Deutschland an einem perfekten Tag auch aus dem Turnier kicken könnte: Weil der EM-Debütant schon jetzt mehr erreicht hat - in der Landespresse war von einem "historischen Weiterkommen" die Rede -, als erhofft, kann er am Sonntag in Lille völlig befreit und ohne Druck aufspielen.

Man habe schon mit der EM-Teilnahme einen historischen Erfolg verbucht, sagte auch Hamšík der Tageszeitung "Pravada". Ab jetzt sei alles Bonus. Zudem ist die Vorfreude aufs Achtelfinale riesig. "Gegen Deutschland zu spielen, wird das Highlight meiner Karriere und unser Turnier-Höhepunkt", sagte Ex-Nürnberger Robert Mak den Reportern. Mit etwas Glück sei alles drin. Und weiter: Deutschland "zu schlagen, wäre ein Traum für uns".

Wer nutzt den neuen Rasen in Lille für sich?

Moral und Ehrgeiz stimmen also. Ob der Traum vom Weiterkommen aber tatsächlich real wird, hängt auch davon ab, wie die Kozaks Team das intensive England-Spiel bis Sonntag weggesteckt hat. Seine Spieler seien am Ende schon "völlig erschöpft" gewesen, gab der Trainer zu. Zudem muss er aktuell um fünf Spieler bangen. Neben Pekarik (Nasenbeinbruch), Svento und Mak (beide Muskelbeschwerden) stehen auch hinter Verteidiger Tomáš Hubočan (Fersenblessur) und Mittelfeldspieler Miroslav Stoch (Viruserkrankung) noch Fragezeichen.

Und auch, dass der Rasen im Stadion von Lille bis zum Spiel noch gewechselt wird, kommt eher dem deutschen Kombinationsspiel zu Gute. Wobei: Edeltechniker Hamšík dürfte am neuen Grün auch seinen Gefallen finden ... 

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