Die 4:1-Niederlage gegen Japan scheint eine zu viel gewesen zu sein. Am Sonntag hat der DFB Hansi Flick von seinen Aufgaben entbunden, und mit ihm auch die Co-Trainer Marcus Sorg und Danny Röhl.
Flick hatte das Amt des Nationaltrainers im August 2021 von Jogi Löw übernommen. Nach Deutschlands Vorrunden-Aus bei der WM in Katar hatte die Kritik an ihm immer weiter zugenommen.
Flick-Entlassung "zu spät"
"Schwäbische Zeitung" in Ravensburg: "Erst zwei Jahre ist es her, dass Hansi Flick, der Sextuple-Sieger mit dem FC Bayern, als Heilsbringer des deutschen Fußballs gefeiert und vom DFB mit aller Macht aus München losgeeist wurde. 25 Monate später ist das Kapitel schon wieder beendet. Es ist die einzig richtige Entscheidung der Verbandsspitze um Präsident Bernd Neuendorf – nur: Sie kommt zu spät! Nun bleiben dem neuen Trainer nur noch neun Monate bis zur wichtigen Heim-EM. Das Zögern passt ins Bild des stark kriselnden Verbands."
"Badische Zeitung": "Eins muss man der Fußball-Nationalelf lassen: Sie hält die deutsche Tugend der Gründlichkeit hoch. Sie hat den Fans ihren Sport so gründlich vermiest, dass nur fünf Millionen das 1:4-Debakel gegen Japan überhaupt noch sehen wollten im TV. Eine erbärmliche Quote. [...] Coach Hansi Flick ist daran nicht allein schuld. Den hochdotierten Fußballern fehlt es schon seit längerem an der Bereitschaft, alles zu geben, sobald sie das deutsche Trikot überstreifen. Aber Flick ist verantwortlich für eine nicht enden wollende Serie von taktischen Experimenten, die allesamt in die Hose gingen. Dass der Deutsche Fußball-Bund ihn nun freistellt, ist überfällig."
"Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Ein rhetorisch überforderter Trainer, der es über einen beachtlichen Zeitraum nicht geschafft hat, aus einem Ensemble von Weltklassespielern eine Einheit zu formen, die ihrem Talent und ihren unbestritten vorhandenen Qualitäten auch konstant gute Leistungen, Erfolge und Titel folgen lässt, muss am Ende halt gehen."
"Weser-Kurier": "Vor ein paar Wochen bezeichnete Flick die Berichterstattung über ihn als 'unverschämt'. Jetzt entlarvte die Amazon-Doku, dass jede Kritik nicht nur berechtigt war, sondern eher zu milde ausfiel. Gegen Japan wollte Flick seine Kernmannschaft für die Europameisterschaft einspielen lassen. Alles, was zu dieser Blamage führte, war also sein Ernst: die Aufstellung, die Taktik, die Wechsel. Es ist gut, dass dieser Spuk vorbei ist."
"Heilbronner Stimme": "Hansi Flick ist krachend gescheitert. Das 1:4 gegen Japan war ein Offenbarungseid. Die Fußball-Nationalmannschaft ist mehr und mehr zu einer Trümmertruppe geworden, aus deren Bruchstücken nie und nimmer eine stabile Defensive erwachsen konnte. So kann es keine Turniererfolge geben. Fußball-Deutschland ist nicht nur meilenweit von der Weltspitze entfernt, sondern momentan auch in der zweiten Reihe überfordert. Es braucht jetzt einen Retter."
"Nürnberger Stimme": "Zu den Defiziten, die viele deutsche Elitekicker nicht für das internationale Topsegment befähigen, kommt die psychologische Lähmung. Die Vertretung des Fußballlandes Deutschland wird von einer fundamentalen Verunsicherung gehemmt, sie ist konfus, keine Einheit. Die Blockade im Kopf muss der neue Mann lösen, auf dem Platz wie in der Hierarchie klare Strukturen verordnen. Der künftige Chefcoach hat viel zu tun. Zaubern kann jedoch keiner."

"Badische Neueste Nachrichten": "Das Aus für Flick am Sonntag war überfällig, kam neun Monate zu spät. Flicks Mängelliste war lang. Unzählige Abwehrformationen hat er auflaufen lassen, Ergebnis: Sogar Hünen wie Antonio Rüdiger wackeln im DFB-Dress. Flick lud Spieler ein und wieder aus, nach welchen Kriterien, das war oftmals schwer nachzuvollziehen. Selbst die Mini-Vorbereitungszeit vor der WM nutzte Flick lieber dazu, dies und das auszuprobieren, anstatt eine Kernmannschaft einspielen zu lassen. So ging es munter weiter, mit dem Resultat, dass auch am Samstag gegen Japan ein Team hoch veranlagter Profis rat- und ideenlos auf dem Rasen stand."
"Rhein-Zeitung" in Koblenz: "Der DFB-Auswahl unter Flick fehlten Struktur und Hackordnung. Eine TV-Doku über die verheerenden WM-Tage offenbart, dass in Katar jeder machte, was er wollte. Mittendrin ein völlig hilfloser Hansi Flick. Der als Bundestrainer vor der Partie gegen Frankreich endlich erlöst wurde. Beim Vizeweltmeister spielen Ausnahmekönner wie Kylian Mbappé und Antoine Griezmann. Bei diesen Namen kann einem Angst und bange werden um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Aber das ist ja mittlerweile auch schon der Fall, wenn es gegen Japan geht. Egal, wie der deutsche Trainer nun heißt."
"Augsburger Allgemeine": "Die Trennung ist folgerichtig. Der 58-Jährige schaffte es während seiner Amtszeit nicht, dem Team eine Struktur, eine funktionierende Hierarchie zu geben, und scheiterte immer wieder an denselben Problemen. Sein Team wirkte mit jedem Spiel orientierungsloser, ideenloser, fahriger. Der DFB hat sich das Treiben zu lange angesehen, hielt nach dem peinlichen WM-Aus an ihm fest. Nun muss, neun Monate vor dem Start der Europameisterschaft im eigenen Land, ein Neustart im Eiltempo gelingen."
Das könnten Flicks Nachfolger sein

"Südwest Presse" in Ulm: "Die Nationalelf benötigt einen Neuanfang. Dringend. Am besten mit Jürgen Klopp. Ein charismatischer Coach, der Ideen vermitteln kann, Spieler und Fans mitzureißen weiß. Vor der EM im kommenden Jahr dürfte Klopp jedoch leider nicht zu haben sein. Er steht beim FC Liverpool unter Vertrag – und im Wort."
"Freie Presse" in Chemnitz: "Gesucht sind neue Ideen, möglicherweise auch einfach nur frischer Wind. Jürgen Klopp, Wunschkandidat einer ganzen Fußballnation, ist derzeit nicht verfügbar. Andere, denen man den Job zutrauen kann, ebenfalls nicht. So landet man ziemlich schnell bei Nagelsmann. Der ist von seinen letzten Engagements bei reichen Clubs hohe Gehälter gewöhnt, es bleibt abzuwarten, ob die Angebote des nicht ganz so wohlhabenden Verbandes ihn überzeugen können."