FUSSBALL Pagelsdorf: Ein Sündenbock für 4,1 Millionen

Der Hamburger SV hat sich mit Ex-Trainer Frank Pagelsdorf einen teuren Sündenbock zugelegt. Der 43-jährige Fußball-Lehrer nimmt gut 4,1 Millionen Mark mit in die Arbeitslosigkeit.

Der Hamburger SV hat sich mit Trainer Frank Pagelsdorf einen teuren Sündenbock zugelegt. Der 43-Jährige Fußball-Lehrer nimmt gut 4,1 Millionen Mark (rund 2 Millionen Euro) mit in die Arbeitslosigkeit. »Der Trainer wird mit sofortiger Wirkung beurlaubt«, sagte Aufsichtsratschef Udo Bandow nach einer turbulenten Krisensitzung des Bundesliga-Clubs am Montagabend. »Dem Vorstand ist dieser Schritt menschlich sehr schwer gefallen«, sagte Club-Chef Werner Hackmann. Einen Nachfolger für den HSV-Coach präsentierte der Verein zunächst nicht. Sportchef Holger Hieronymus soll den Tabellen-Zwölften auf das Nord-Derby am Samstag gegen Werder Bremen vorbereiten. »Er ist für die Aufstellung und Konzeption verantwortlich«, sagte Hackmann, der noch einen Partner für Hieronymus sucht.

»Ich muss die Entscheidung akzeptieren«

Seine Reaktion auf die Entlassung? - Gegenüber dem Internet- Anbieter Sport1.de erklärte Pagelsdorf: »Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, denn ich dachte, was ich in Hamburg aufgebaut habe, wollte ich auch zu Ende führen. Aber ich muss die Entscheidung akzeptieren«. Nach dem legendären Ernst Happel war Pagelsdorf dienstältester HSV-Coach.

Vereinsführung machte miserable Figur

Familienvater Pagelsdorf, der im Sommer 1997 zum HSV kam, ist momentan sogar dabei, sich in der Hansestadt ein Haus zu bauen. Sein millionenschwere Abfindung war vereinbart worden, als er seinen Vertrag im vergangenen April auf Drängen der Club-Führung bis 2004 verlängerte. Pagelsdorf hatte den HSV schließlich bis in die Champions League geführt. Doch dem Höhenflug auf der europäischen Bühne im vergangenen Jahr folgte der Absturz in der Bundesliga. Auch der Start in die neue Saison wurde trotz großer Ziele gründlich verpatzt. Allerdings machte dabei auch die Vereinsführung mit Hackmann an der Spitze keine gute Figur. Mit der Entlassung soll nun wieder die Ruhe um die gescholtenen Hanseaten einkehren.

Spekulationen um einen Nachfolger

Als Nachfolger werden Manchesters Kevin Keegan, der Grazer Ivica Osim, der Basler Christian Gross und DFB-Trainer Horst Hrubesch gehandelt. »Ich habe nicht mit dem HSV gesprochen. Das ist Blödsinn«, sagte Osim, der als Favorit auf den Trainerposten beim Bundesliga-Dino gehandelt wird. Der Bosnier stellte vor der Pagelsdorf-Entlassung aber auch fest: »Die Bundesliga würde mich reizen«. Osim, von 1986 bis 1992 Nationaltrainer in Jugoslawien, sitzt seit 1994 in Graz auf der Bank, wurde in der Alpenrepublik zwei Mal Meister und hat noch einen Dreijahresvertrag. »Im Fußball«, sagte er, »ist nichts unmöglich«.

Keine Trainer-Diskussion? Von wegen!

Die Nichtigkeit von Verträgen demonstrierte am Montag sein vielleicht neuer Arbeitgeber: Bandow hatte die Aufsichtsräte auf Wunsch des Vorstands überraschend zusammengetrommelt. Schließlich hatte der Vorstandsvorsitzende Hackmann noch am Samstag nach dem 3:3 gegen Borussia Mönchengladbach ohne Wenn und Aber erklärt, dass Pagelsdorf auch gegen Bremen auf der Bank sitzen werde. »Es gibt keine Trainer-Diskussion«, hieß es von HSV-Sportdirektor Holger Hieronymus.

Rückkehr zur alten Stärke

Nach der ersten Trainer-Entlassung der Saison und der 259. in der Bundesliga-Geschichte hofft der HSV auf die Wende und die Rückkehr zur alten Stärke. In den ersten sechs Saisonspielen hatte die mit großen Ambitionen gestartete Mannschaft lediglich einen Sieg geschafft. Drei Mal verspielte das Team in den Schlusssekunden wichtige Punkte. All das und noch viel mehr wurde Pagelsdorf in die Schuhe geschoben - und zum beruflichen Verhängnis.

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