Matti Lieske ("Berliner Zeitung") betrachtet nach dem 0:1 gegen Bayern und dem Rückfall ins Mittelmaß die schlechte Ernte der Schalker, die viel gesät haben:
"Schalke ist mit seinen gigantischen Investitionen der vergangenen Jahre bei entsprechender Verschuldung ein beträchtliches Risiko eingegangen, und dass dem Präsidenten Josef Schnusenberg, einem der Architekten des gewagten Konstrukts, angesichts der sportlichen Situation die Panik im Nacken sitzt, ist logisch. Nur so ist zu erklären, wie ein Klubchef ausgerechnet vor zwei der wichtigsten Spiele der Saison eine moralzerfressende Trainerdebatte anzetteln kann. Ganz abgesehen davon, ob der von Schnusenberg gewünschte Coach mit internationalem Standing verpflichtet werden kann, ist die Frage, ob nicht eher eine entsprechende Mannschaft gebraucht wird. In dieser Form sind die Schalker bloß noch einer von sechs oder sieben Bewerbern um die vorderen Plätze."
Den Trost Ottmar Hitzfelds und Uli Hoeneß' für den Schalke-Trainer interpretiert Richard Leipold ("Frankfurter Allgemeine Zeitung") als Krokodilsträne:
"Zuspruch von den Bayern klingt für Schalker Ohren zumeist wie Beifall von der falschen Seite. Nach dem Schlusspfiff bekam Mirko Slomka ungewöhnlich viel Zuspruch aus München. Allerdings konnte er nicht wählerisch sein. Die Bayern waren die Einzigen, die ihm an diesem unwirtlichen Nachmittag Applaus spendeten. Mit der Freigebigkeit des Siegers schnürten die Münchner eine Art verbales Care-Paket für Slomka, der im eigenen Hause zuletzt heftige Kritik aus den oberen Etagen erfahren hatte und sogar öffentlich in Frage gestellt worden war. Das Ausmaß der verbalen Unterstützung für Slomka aus München lässt ahnen, wie schlecht es ihm geht. Mit gleichwertigen Gegnern suchen die Bayern oftmals lieber Streit."
Quelle
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Jörg Hanau ("Frankfurter Rundschau") schluckt:
"Wie schlimm es wirklich um die Schalker steht, wird erst dann deutlich, wenn selbst der Erzfeind Mitgefühl aufbringt."
Holger Pauler ("tageszeitung") kürt Franck Ribéry zum besten Spieler des Spiels:
"Gegen die spielerische Leichtigkeit des Bayern-Balletts sahen die Schalker Spieler aus wie ein verkatertes Thekenteam. Ribéry schaffte es, die komplette königsblaue Defensive in ihre Einzelteile zu zerlegen. Seine Mitspieler mussten nur auf die frei gewordenen Lücken warten. Lediglich den erfolgreichen Abschluss verweigerten sie, weswegen es bis zum Ende den Anschein hatte, das Spiel wäre auf der Kippe."
Christian Eichler ("Frankfurter Allgemeine Zeitung") zweifelt am Sinn von schnellen Trainerwechseln, ohne sich auf Slomkas Seite zu schlagen:
"Druckabbau durch Trainerrotation - eine immer noch nicht ausgestorbene Idee des 20. Jahrhunderts, die selten Nutzen stiftet. Erst recht nicht nach zwei Saisondritteln, wenn auf dem Nachfolgermarkt nur Entlassene sind. (…) Slomka hat es in die K.-o.-Runde der Champions League gebracht und damit womöglich den eigenen K. o. finanziert. Das dabei gewonnene Geld gibt dem Klub Spielraum für eine teure Entlassung. Quasi aus der Portokasse. Dabei braucht das Team vielleicht wirklich einen Neuen. Es stagniert, spielt ohne Esprit. Doch die Kunst des Trainerwechsels will gelernt sein: die höchste Hürde auf dem Weg zum Spitzenklub. Wie man beim Trainer-Timing kühl kalkuliert und nicht emotional reagiert, können sie sich bei den Bayern abschauen. Tun sie es nicht, droht die alte Schalker Rotation: vom Meister der Herzen zum Verlierer des Verstandes."
Claudio Catuogno ("Süddeutsche Zeitung") erkennt an Details, was sich bei Hertha zum Guten gedreht hat:
"Wenn Fabian Lustenberger den Platz betritt mit seinem blonden, verspielten Lockenschopf, sieht er aus wie der Musterschüler einer Celloklasse. Eine Zeit lang stand der junge Schweizer stellvertretend für die Malaise der neuen Hertha. Sie war jetzt nicht mehr cool, rau und böse, wie noch zu Zeiten der Tattoo-Connection um Ashkan Dejagah und die Boateng-Brüder. Sie war jetzt lieb und anständig, aber auch ein bisschen naiv. Sie war jetzt Blumenwiese statt Problembezirk. Gegen Duisburg grätschte Fabian Lustenberger wie ein Besessener, eigentlich rutschte er fast permanent auf dem Steiß über den nassen Rasen. Es gab mal eine Zeit, da waren Torschüsse per Außenrist bei der Hertha verboten - weil Marko Pantelic sich an diese Technik geklammert hatte wie ein verarmender Künstler, der immerzu das Gleiche zu Papier bringt, obwohl er seit Jahren kein Bild mehr verkauft. Nun trafen Raffael und Pantelic, per Außenrist, und man hielt das für eine neue Form der Genialität. Blumenwiese und Außenrist - keine schlechte Mischung."
Rainer Schäfer ("Spiegel Online") lässt von seinen Ansprüchen an Bundesliga-Fußball nicht ab:
"Rechtfertigt der Abstiegskampf einen unästhetischen Ergebnisfußball mit allen Maßnahmen, die attraktiven Fußball verhindern und die man inzwischen für überwunden glaubte? Die Bundesliga sollte eine Ästhetik-Kommission einsetzen, die Straftaten gegen den modernen Fußball gnadenlos ahndet, wie die Reanimation des ausgestorbenen Liberos. Überhaupt: Braucht die Bundesliga Clubs wie Bielefeld und Duisburg? Wenn, dann als komödiantisches Element, als die Bühnen, auf der die besten Provinzdramen inszeniert werden, die einen Teil der deutschen Fußballkultur ausmachen. Sportliche Gründe wären es momentan jedenfalls nicht, warum man ihnen den Klassenerhalt wünschen sollte. Eines kann man nur wiederholen: Wer mit Libero spielt, ist schon abgestiegen."