Allein wegen des personellen Notstands in der Abwehr rückt in dem Mainzer Manuel Friedrich ein WM-Zuschauer ins Team, von dem am Samstag (20.45 Uhr/ARD) gegen die kampfstarken Iren sowie vier Tage später in San Marino ein Sechs-Punkte-Start in die Qualifikation erwartet wird. "Die EM beginnt für uns schon mit dem Spiel gegen Irland", sagte Löw, der bei seiner Pflichtspiel-Premiere als Chefcoach "großes Vertrauen" in seine durch die WM "reifer gewordene Mannschaft" setzt.
"Ich bin mir sicher, dass wir mit der richtigen Anspannung und Einstellung in die Partie gehen werden", meinte der 46-Jährige. Ein Selbstläufer werde der eingeplante Auftaktsieg aber nicht, warnte einen Tag nach Kapitän Michael Ballack auch Jens Lehmann, der als Torhüter des FC Arsenal fast alle irischen Spieler aus der englischen Premier League kennt. "Wenn einer damit rechnet, dass es ein leichtes Spiel wird, vertut er sich", sagte Lehmann am Freitag.
Auch Löw äußerte Respekt vor den Iren, die nach der jüngsten 0:4- Klatsche im Freundschaftsspiel gegen die Niederlande auch ihre Ehre wiederherstellen wollen. "Die Iren stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie werden den Kampf annehmen - von der ersten Sekunde an", kommentierte Löw. Irlands Nationaltrainer Steve Staunton kann im Gegensatz zu der Holland-Blamage wieder auf Leistungsträger wie Torhüter Shay Given und die Offensiv-Akteure Damien Duff oder Robbie Keane zurückgreifen. Keane hatte beim letzten Vergleich beider Teams bei der WM 2002 in letzter Minute das 1:1-Ausgleichstor erzielt. Von Torhüter Lehmann bis zu Sturmführer Miroslav Klose hoffen alle deutschen Spieler darauf, dass im mit 53 198 Zuschauern wiederum ausverkauften Daimler-Stadion wie bei der Schweinsteiger-Gala beim 3:1 gegen Portugal am 8. Juli im Spiel um Platz 3 noch einmal WM- Stimmung aufkommen wird. "Ich würde gerne versuchen, so lange wie möglich auf der WM-Euphorie weiter zu schwimmen", bemerkte Lehmann.
Vertrauen in Podolski
Bauchschmerzen bereitet allein die Defensive, auch wenn sich die Situation laut Löw insofern "entspannt" habe, dass auch Arne Friedrich nach seinem Magen-Darm-Infekt wieder voll belastbar ist. Damit steht der Länderspiel-Premiere mit dem "doppelten Friedrich" in der Innenverteidigung nichts mehr im Wege. Löw weiß allerdings, dass sich Arne und Manuel Friedrich "noch finden müssen". Am Freitag setzte er mit den Abwehrspielern extra noch eine Videositzung an. Lehmann äußerte sich gelassen zur neuen Viererkette mit Philipp Lahm, dem Friedrich-Duo und Marcell Jansen. "Wir hatten das Abwehrproblem auch vor der WM. Die Nation war beunruhigt. Aber mit Arne, Philipp und Marcell haben wir drei Spieler in der Abwehr, die das schon bei der WM sehr gut gespielt haben. Und Manuel Friedrich kennt das System vom Verein her", beruhigte der Torhüter.
Löw will zudem Michael Ballack und Torsten Frings besonders in die Pflicht nehmen. "Das Mittelfeld ist ein Stück weit mitverantwortlich dafür, möglichst viel Bälle wegzuhalten von den irischen Stürmern." In erster Linie jedoch soll Kapitän Ballack die deutsche Offensive ankurbeln und gemeinsam mit der Flügelzange Schneider/Schweinsteiger die Spitzen in Szene setzen. Neben WM-Torschützenkönig Klose vertraut Löw dabei im Angriff weiterhin auf Lukas Podolski, auch wenn der 21- Jährige beim FC Bayern München kaum zum Zuge kommt. "Lukas hat im Training einen dynamischen Eindruck hinterlassen. Er verfügt über Qualitäten, die wenige haben. Seine Stärken werden wir brauchen."
Ballack warnt vor Underdogs
Das Duo Klose/Podolski, auf dessen Konto acht der letzten zwölf Länderspiel-Tore gehen, soll mit weiteren Treffern dafür sorgen, dass der Übergang in den Qualifikations-Alltag positiv verläuft. Denn selbst Löw erinnerte an die Probleme der Vergangenheit. "Die letzten zwei EM-Turniere 2000 und 2004 waren nicht ganz so erfolgreich. Auch in der Quali hatte man sich schon schwer getan", sagte er. 2002 waren Ballack, Klose, Frings & Co. als Vize-Weltmeister ebenfalls mit großem Optimismus in die Qualifikation gestartet und quälten sich nach beschämenden Siegen wie dem 2:1 gegen die Färöer Inseln oder einem blamablen 0:0 in Island mehr schlecht als recht zur letzten EM-Endrunde in Portugal. Wegen dieser Erfahrungen warnte Ballack vor den kommenden Aufgaben gegen San Marino oder Zypern. "Ich weiß es eher als der eine oder andere junge Spieler, was auf uns zukommt. Das sind Spiele, in denen man nicht viel gewinnen kann."
DPA/kbe