Es war wie immer und doch ganz anders: Der Hamburger SV verliert weiter und versprüht dennoch Zuversicht. Als die Krisen geschüttelten Hanseaten nach dem 1:3 (1:0) beim FC Arsenal am Mittwoch in der Heimat landeten war für Ärger und Enttäuschung über die fünfte Champions-League-Niederlage im Charterflieger kein Platz. Gleich nach der Ankunft in Fuhlsbüttel bat Thomas Doll seine Spieler zum Training, um die Aufmerksamkeit sofort wieder auf den Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga mit dem Klassiker gegen Bayern München am kommenden Samstag zu lenken. "Wir werden ein paar positive Dinge mitnehmen", sagte der Chefcoach.
Auch die Spieler schöpften nach dem couragierten Auftritt beim 13fachen englischen Meister neuen Mut. "Wenn wir immer so als Einheit spielen, dann ist das in Ordnung", sagte Abwehrspieler Bastian Reinhardt, der seinen Vorderleuten zwei Tage zuvor noch die Bundesligatauglichkeit abgesprochen hatte. "Das war eine klasse Leistung, die erste Halbzeit war das Beste, was ich beim HSV erlebt habe." Die Freude wich aber schließlich der bitteren Erkenntnis: "Wir werden für unsere Arbeit einfach nicht belohnt."
"Wieder zu wenig"
In der Tat hatte der Bundesliga-Vorletzte, dessen Serie des Grauens nunmehr bei nur einem Sieg in 21 Saisonspielen steht, unerwartet frech begonnen und mit dem Traumtor von Rafael van der Vaart die Engländer aus den Konzept gebracht. "Absteigen werden die nicht. Dafür sind die zu gut", meinte Arsenal-Torwart Jens Lehmann und leistete damit verbale Aufbauhilfe. "Normalerweise hätten sie ein Unentschieden verdient gehabt." Doch ein Patzer von HSV-Schlussmann Stefan Wächter leitete das erneute Unheil ein.
Doll lobte seine Mannen für deren taktische Disziplin in der ersten Halbzeit, beklagte aber fehlende Ordnung im zweiten Abschnitt. "Unterm Strich war es wieder zu wenig." Applaus gab es dagegen von Arsenal-Trainer Arsene Wenger. "Die haben sich geweigert, das Spiel zu verlieren", staunte der Franzose. "Ihre Leistung war sehr viel besser als in ihrer Liga. Sie waren richtig stark."
"Der hat ein dickes Fell"
Für Unmut sorgte bei den Hanseaten ein Bericht der Sportbild, die in großen Lettern das intern angeblich schon besprochene Aus für Doll verkündete. "Das interessiert mich nicht", sagte der Trainer barsch - Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer nannte den Text "beschämend" und "fast schon abartig". Unter Berufung auf HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann nannte die Bild-Zeitung (Mittwoch- Ausgabe) die finanziellen Modalitäten (900 000 Euro Abfindung bei Kündigung, 600 000 Euro bei Rücktritt) eines vorzeitigen Doll Abschieds.
Mit der Champions League hat der Trainer gezwungenermaßen abgeschlossen, es steht nur noch das bedeutungslose Abschiedsspiel gegen ZSKA Moskau an. Alle Kraft und Konzentration gehört nur noch der Bundesliga. Dass Doll mit seinem Team bislang in Europas Spitzenklasse keinen Stich bekommen hat, ärgert den 40-Jährigen dennoch. Reinhardt glaubt aber, sich nicht um das seelische Gleichgewicht des Trainers sorgen zu müssen. "Der hat ein dickes Fell, kann was wegstecken", meinte der Verteidiger und sieht keine Gefahr, dass Doll die Flinte ins Korn werfen könnte.
DPA/kbe