Stefan Effenberg exklusiv "Keine Strafe für Jens Lehmann!"

Es war eine der Szenen des Bundesliga-Wochenendes: Jens Lehmanns Infight mit Dortmunds Subotic. stern.de-Kolumnist Stefan Effenberg hat in Sachen Lehmann seine ganz eigene Sicht der Dinge. Effe rechnet auch mit den Bayern-Versagern ab.

Oh ha, das geht ja gut los für meine Bayern: Die 1:2-Niederlage in Mainz hat schonungslos aufgedeckt, woran es derzeit hapert in München: Es ist vor allem eine Frage der richtigen Einstellung. Die geht den Jungs derzeit total ab. Die arbeiten einfach nicht mehr auf dem Platz, sie laufen auch nicht. Da kann der neue Trainer Louis van Gaal noch so sehr taktisch hin und her verschieben, wenn die Grundtugenden nicht vorhanden sind, kann man keine Spiele gewinnen. Das hört sich immer so billig und nach Phrasenschwein an, ist aber so.

Zur Person: Stefan Effenberg

Stefan Effenberg, geboren am 2. August 1968 in Hamburg, war einer der besten Mittelfeldspieler der Welt und eine der großen Reizfiguren des deutschen Fußballs. In der Bundesliga bestritt er 370 Spiele für Borussia Mönchengladbach, Bayern München und den VfL Wolfsburg. Von 1992 bis 1994 spielte Effenberg in Italien für den AC Florenz. Mit Gladbach gewann der "Tiger" 1995 den DFB-Pokal, seine erfolgreichste Zeit hatte er allerdings beim FC Bayern. Mit dem Rekordmeister gewann Effenberg als Kapitän drei deutsche Meisterschaften, DFB-Pokal und 2001 die Champions Legaue und den Weltpokal. Effenberg lebt in Miami, USA, und arbeitet als Champions-League-Experte für den TV-Bezahlsender "Sky".

Eines möchte ich dem Trainer aber doch vorwerfen: Ivica Olic gehört für mich eindeutig in die erste Elf. Auch wenn ich mich vielleicht wiederhole. Der Kroate ist, anders als Gomez und Klose, bereits voll im Rhythmus. Er ist giftig und erinnert mich in seiner Spielweise immer so ein bisschen an meinen alten Kumpel "Brazzo" Salihamidzic. Spieler von diesem Schlag tun jeder Mannschaft gut - zumal in so einer kritischen Situation, in der die Bayern jetzt stecken.

Noch schnell ein Wort zu Michael Rensing: Jetzt zeigt sich, dass die Verantwortlichen es vor der Saison verpasst haben, einen Torwart der Extraklasse zu verpflichten. Rensing ist ein Guter, keine Frage. Aber in München muss immer der beste Keeper des Landes zwischen den Pfosten stehen. Neuer, Enke, Wiese, einer aus diesem Trio hätte es zwingend sein müssen. Selbst wenn man dafür die Schatulle hätte richtig aufmachen müssen.

Bei den Bayern muss in dieser Woche Tacheles gesprochen werden - auf dem Trainingsplatz. Die Spieler müssen auch mal untereinander mit den Köpfen zusammenstoßen und sich die Meinung geigen. Nur so schafft man ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie müssen jetzt härter arbeiten als zuvor, damit sich das Mia-san-mia-Gefühl möglichst schnell wieder einstellt. Der Willen muss da sein, den Konkurrenten mit guten Leistungen in Zukunft die Münder zu stopfen. So wie es früher immer der Fall war. Im Moment sehe ich die Bayern aber davon entfernter denn je. Eigentlich unglaublich, dass man die Jungs in dieser frühen Phase der Saison schon bei der Ehre packen muss.

Weg von den Bayern, hin zu Jens Lehmann: Ich sehe seine Aktion gegen Dortmunds Subotic wirklich nicht so dramatisch wie alle anderen. Falls er für seinen Schubser jetzt auch noch gesperrt wird, fände ich das falsch. Ein Torwart muss sich schützen, gerade im Fünfmeterraum. Klar, wenn es unfair wird, wenn es ein echter Ellenbogencheck gewesen wäre, dann müsste er vom DFB dafür bestraft werden. Aber so nicht!

Als Keeper brauchst du eine Art positive Aggressivität. Die strahlt Lehmann aus, genauso wie ich sie früher auf dem Platz in meinem Repertoire hatte. Jens Lehmann gehört für mich immer noch zu den besten Torhütern der Liga. Er ist in der Lage, ein Team wachzurütteln und Zeichen zu setzen. Und um den Bogen zurück zu den Bayern zu spannen: In der jetzigen Situation wäre er genau der Richtige. So einen wie Jens Lehmann bräuchten sie jetzt in München.

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