Wladimir Putin hat momentan anderes zu tun, als sich für Freundschaftsspiele im Fußball zu interessieren - erst recht wenn sie auf einer Insel weit entfernt im Mittelmeer stattfinden. Und doch könnte es sein, dass der russische Premier in der Krisenzeit kurz mal seine Fühler nach Zypern ausgestreckt hat. Dort treffen am Mittwochabend ausgerechnet die Ukraine und die USA zum Freundschaftsspiel aufeinander. Zur Vorbereitung auf die WM in Brasilien. Das Spiel wurde verlegt, stand mehrfach vor der Absage, erst Dienstagfrüh bestätigte der ukrainische Fußballverband: Es wird gespielt.
Die Spieler selbst hatten sich dafür eingesetzt und unter anderem mit Videos zur friedlichen Einheit aufgerufen. Anatolij Tymoschtschuk, der bis zum Sommer noch in München spielte, die Champions League gewann und mittlerweile für den russischen Spitzenclub Zenit St. Petersburg aufläuft, veröffentlichte ein Video, in dem er eine diplomatische Botschaft überbrachte: "Die Ukrainer sollten sich unterstützen. Seid klug und lasst euch nicht von der Provokation aus der Ruhe bringen", sagte Tymoschtschuk, "vereint Euch für die Ukraine, für die Liebe zur Ukraine. Russen und Ukrainer sind brüderliche Nationen. Unter Brüdern darf es keinen Krieg geben. Es gibt eine Kraft die stärker ist als die der Waffen. Und das ist die Liebe."
"Kann vom Fußball die Rede sein?"
Wegen der politschen Lage war das Freundschaftsspiel bereits in der vergangenen Woche nach Zypern verlegt worden. Doch bis zuletzt war unklar, ob die Ukraine antritt. Noch Montagabend hatte der Präsident des ukrainischen Fußballverbandes, Anatoli Konkow, in einem Fernsehinterview gesagt: "Kann vom Fußball überhaupt die Rede sein, wenn wir nicht einmal unsere Landesmeisterschaft austragen können?" In der ukrainischen Liga hatten zuletzt fünf Profis den Verein Chornomorets Odessa verlassen, weil "die Familien der Spieler um ihre Sicherheit besorgt" waren.
Konkow teilte später offiziell mit, dass das Freundschaftsspiel gegen die USA stattfinde. Der Präsident bestätigte die Botschaft von Tymoschtschuk: "Es wurde beschlossen, das geplante Länderspiel mit der Mannschaft des Landes, das sich für den Schutz unserer nationalen Interessen und der territorialen Integrität eingesetzt hat, durchzuführen. Dieser Beschluss ist äußerst wichtig bei der Förderung des nationalen Elans des ukrainischen Volkes. Außerdem wird dies die Möglichkeit bieten, unser Land zusammenzuschließen."
Sportlicher Wert nur für die USA
Das Spiel selbst hat eigentlich nur für die USA einen sportlichen Stellenwert. Die Mannschaft von Jürgen Klinsmann trifft bei der WM in Brasilien in der Gruppe G auch auf die deutsche Mannschaft und benötigt das Vorbereitungsspiel zur Kaderfindung. Klinsmann plant die WM-Vorbereitung akribisch, er absolvierte mit seiner Mannschaft auf dem Weg nach Zypern sogar noch ein Kurz-Trainingslager. Dementsprechend hielt er sich mit Kommentaren zur politischen Lage zurück und hatte vor allem die sportliche Situation im Blick: "Dieses Spiel ist eine große Gelegenheit für die Spieler, uns zu zeigen, dass sie gierig und hungrig darauf sind, auf den WM-Zug aufzuspringen", sagte er. Tymoschtschuk und sein Team fahren nicht zur WM. Ihnen geht es also einzig um die Liebe zur Ukraine.
