Am Ende musste alles ganz schnell gehen, sogar der Bundestrainer spielte mit. Spät am Montagabend bat Per Mertesacker bei Joachim Löw um einen freien Tag für Verhandlungen mit Arsenal in London - und Deutschlands wichtigster Fußball-Lehrer willigte ein und stellte den Verteidiger von Werder Bremen in einer äußerst ungewöhnlichen Aktion für 24 Stunden frei, obwohl die Nationalmannschaft sich gerade auf das Länderspiel gegen Österreich vorbereitet.
"Er hat mich informiert, dass da ein Angebot vorliegt", berichtete Löw am Dienstag. "Ich erwarte, dass er heute Abend wieder da ist." Das Entgegenkommen des Coaches drei Tage vor dem Match in Gelsenkirchen dürfte sich der 26 Jahre alte Verteidiger durch seine Verdienste in bisher 75 Einsätzen für die DFB-Auswahl verdient haben.
Auch Arsenal und Bundesligist Werder bestätigten Verhandlungen, wollten sich aber nicht zu Details äußern. "Wir befinden uns in Gesprächen", sagte Werder-Mediendirektor Tino Polster. Mertesacker ist nach Polsters Angaben derzeit in London. Eile ist notwendig, denn am Mittwoch endet die Transferfrist.
Die Werder-Profis scheinen sich mit dem Abschied bereits abgefunden zu haben. "Ich bin traurig", gab sein langjähriger Defensiv-Partner Naldo zu: "Ich habe vier Jahre mit ihm gespielt, aber Arsenal ist eine Topmannschaft." Sebastian Prödl sagte: "Wir sind alle überrascht, dass es so schnell geht. Sportlich und auch menschlich ist es ein großer Verlust."
Werder Bremen: viel Geld, aber schwaches Team
Mertesacker muss in London noch eine medizinische Untersuchung absolvieren, bevor der Wechsel perfekt gemacht werden kann. Der Vertrag des 26 Jahre alte Abwehrspielers in Bremen gilt noch bis 2012, doch Werder kann nur bei einem vorherigen Wechsel eine Ablöse kassieren. Bei Arsenal soll der 1,98 Meter große Abwehrspieler einen Vertrag bis 2015 erhalten und fast fünf Millionen Euro verdienen.
Geht der spektakuläre Transfer wie erwartet über die Bühne, würde Werder erneut viel Geld einnehmen, aber sein Team schwächen. Geschätzte zehn Millionen Euro dürfte der klamme Bundesligist für den kaum mehr erwarteten Wechsel des Kapitäns kassieren. "Es ist verständlich, dass Werder noch Geld verdienen möchte", sagte Stürmer Markus Rosenberg, schränkte indes ein: "Es ist immer schwierig, wenn man einen Spieler am vierten Spieltag verliert."
Nachdem zuletzt Diego und Mesut Özil für viele Millionen den Club verlassen hatten, würden die Bremer wieder einmal einen der wichtigsten Spieler ziehen lassen. 2009 war der brasilianische Ballzauberer für mehr als 25 Millionen Euro zu Turin gewechselt, ein Jahr später ging Özil für rund 15 Millionen zu Real Madrid. Lange Zeit hatte Werder solche schwerwiegenden Verluste immer wieder kompensieren können, doch die jüngste Saison war nach dem Verlust von Özil eine der schwächsten und schwierigsten der jüngeren Vereinsgeschichte.
Mertesacker: fit zur neuen Spielzeit
Arsenal reagierte mit dem Mertesacker-Angebot auch auf die peinliche 2:8-Klatsche gegen den Lokalrivalen Manchester United. Geld in der Kasse hat der Verein aus London vor allem durch die Verkäufe von Cesc Fabregas zum FC Barcelona und von Samir Nasri zu Manchester City. Arsenal gab am Dienstag außerdem Verteidiger Armand Traore an Aufsteiger Queens Park Rangers ab.
In der Nationalmannschaft hatte Mertesacker wegen Fersen-Problemen zuletzt pausiert und die Saison-Vorbereitung bei Werder fast komplett verpasst. Pünktlich zum Start der neuen Spielzeit war der 2006 aus Hannover gekommene Verteidiger jedoch fit, überzeugte in den bisherigen Einsätzen und lief als neuer Kapitän auf.
Ob Mertesacker gegen Österreich spielt, ließ Löw noch offen. "Per hat bei der Nationalmannschaft immer seine Leistung gebracht", sagte der Bundestrainer: "Aber auch in der Innenverteidigung ist die Situation entstanden, dass junge Spieler nachkommen."