Der Traum vom vierten Stern auf dem Trikot ist geplatzt. Deutschland verliert mit 0:1 im WM-Halbfinale gegen Spanien und kann nur noch, wie 2006 im eigenen Land, Dritter werden. Besonders Spieler wie Per Mertesacker, Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger wirkten am Mittwochabend nach dem Abpfiff niedergeschlagen. Die Tatsache, dass es wie 2006 und bei der EM 2008 trotz starkem Turnier wieder nicht zu einem Titel gereicht hat, ist für die erfahrenen Spieler in der jungen DFB-Elf frustrierend.
Mit oder ohne Ballack - Spanien hätte gewonnen
Hätte ein Kapitän Michael Ballack die Niederlage gegen den Europameister verhindern können? Betrachtet man die vier Mannschaften des Halbfinals, bestechen alle durch ein starkes Kollektiv - den Unterschied machen aber halt doch die Einzelkönner aus. Nur sind sie nicht so egozentrisch wie ein Christiano Ronaldo. Bei Spanien ist es David Villa, der wenig Chancen braucht, um ein Tor zu erzielen. Uruguay ist dank Diego Forlán so weit gekommen, der sowohl aus dem Spiel als auch bei Standardsituationen brandgefährlich ist. Bei den Holländern sorgten die Superstars Arjen Robben und Wesely Sneijder für den Finaleinzug.
Ein gut funktionierendes Team braucht also immer den Einen, der am Ende den Unterschied ausmacht. Durch den Ausfall von Michael Ballack fehlte Deutschland dieser Topstar. Ein Nachteil. Ballack ist in besten Tagen nicht nur Organisator und Einfädler, sondern dank seiner Freistoß- und Kopfballstärke im Gegensatz zu Bastian Schweinsteiger auch Vollstrecker. Allerdings nutzten andere Spieler die Gunst der Stunde, um die Führungslücke zu schließen - vor allem Schweinsteiger. Der Motor des deutschen Spiels wirkte nicht nur spritzig, sondern zeigte eine hervorragende Spielintelligenz. Erstes sah man bei Ballack, auch altersbedingt, beim FC Chelsea immer seltener. Gegen Spanien fehlten zwar auch Schweinsteiger die zündenden Ideen, um die Ballsicherheit der Spanier zu unterbinden und die Abwehr in Verlegenheit zu bringen. Aber so erging es auch Ballack im EM-Finale von 2008. Es gab diesmal wenig Standardsituationen, in denen Ballack einen Freistoß hätte verwandeln können und mehr Schnelligkeit in das Spiel der Deutschen hätte der Neu-Leverkusener auch nicht mit einbringen können.
Nächstes Ziel: EM 2012
Die englische Presse sah den Erfolg für das deutsche Team gar in der Verletzung Ballacks. Im Vergleich zur englischen Nationalmannschaft, so die Briten, habe die deutsche Mannschaft durch den Ausfall des Kapitäns, die Möglichkeit gehabt, als Team zu agieren und aus der Not eine Tugend zu machen. Sicherlich waren die Engländer von den "Three Lions" mit den erfahrenen Stars Steven Gerrrard, Frank Lampard und Wayne Rooney bei der WM maßlos enttäuscht, was die Objektivität beeinträchtigen mag. Die englische Presse bewundert jedoch den Teamgeist und das "für den anderen kämpfen" bei der deutschen Nationalmannschaft. Eine Einstellung, die ohne den Leader Ballack forciert wurde.
Nun hätte man gegen Spanien mit Michael Ballack fehlende Erfahrung wett machen können. Die individuelle Klasse und Effektivität der "Selección", die bei dieser WM in sechs Spielen nur sieben Tore schoss, damit aber fünf Siege errreichte, hätte auch ohne ihn für einen Erfolg des Europameisters gesorgt. Ballack wird für die EM-Qualifikation, die September mit einem Auswärtsspiel in Belgien startet, ins Team zurückkehren – höchstwahrscheinlich als Kapitän. Es gilt dann, mit ihm als Führungsfigur das Unternehmen "Europameister" anzugehen. Dafür braucht Fußball-Deutschland den 33-jährigen. Gegen die Spanier in Durban jedoch hätte auch er keinen Unterschied gemacht.
P.S.: Hätte Michael Ballack die Niederlage gegen Spanien abwenden können? Diskutieren Sie das Thema auf Fankurve 2010, der Facebook-Fußballfanseite von stern.de.