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Eilantrag erfolgreich Claudia Pechstein darf beim Weltcup starten

Die wegen auffälliger Blutwerte gesperrte Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein erhält eine letzte Chance, sich für die Olympischen Spiele in Vancouver zu qualifizieren. Dank der Entscheidung eines Zivilgerichts darf sie am Freitag beim Weltcup in Salt Lake City starten.

Erfolg im Eilverfahren, neue Hoffnung für Claudia Pechstein: Trotz Sperre darf die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin am Freitag beim Weltcup in Salt Lake City über 3000 Meter starten. Das Schweizer Bundesgericht gab am Dienstag schon nach 24 Stunden einem Eilantrag ihrer Anwälte statt. "Das ist für mich ein kleiner Sieg. Es ist super zu wissen, dass sich das Training der vergangenen Wochen gelohnt hat und ich jetzt die Möglichkeit bekomme, mich für Olympia zu qualifizieren", erklärte Pechstein.

Während ihre Anwälte trotz des Teilerfolgs davor warnten, Rückschlüsse auf ein Urteil im anstehenden Hauptsache-Verfahren vor dem höchsten Schweizer Gericht zu ziehen, meinte der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper: "Für uns gilt, solange es nicht aufgehoben wurde, das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes als höchstem Sportgericht." Bei dem Beschluss des Schweizer Bundesgerichts handle es sich um eine "vorläufige Entscheidung, die rein formal begründet" sei. Das DOSB-Präsidium kommt am 17. Dezember und 22. Januar zu seinen Nominierungssitzungen für die Olympischen Winterspiele in Vancouver zusammen.

"Ich habe meinen Anwalt erst mal gefragt, ob er das ernst meint", berichtete Pechstein am Abend in weißer Bluse und dunkler Hose bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz im Arosa-Hotel Bad Saarow unweit ihres Heimatortes Diensdorf-Radlow. Die überraschende Botschaft hatte sie am Morgen auf der Fahrt zum Training erreicht.

Gedämpfte Freude im Pechstein-Lager


Bei aller gedämpften Freude blieb sie aber realistisch. "Ich werde jetzt nicht euphorisch und mache Luftsprünge", sagte die 37-Jährige, die an diesem Mittwoch den Flug nach Übersee antreten wird. "Ich nehme meinen Privatjet und fliege sofort", meinte sie scherzhaft angesichts der Kürze der Zeit. 307 Tage nach ihrem bislang letzten Start kann sie in Salt Lake City an der Stätte ihrer große Siege von 2002 die einzig noch verbliebene Chance auf die sechste Olympia- Teilnahme nutzen. Am 1. Juli war sie wegen auffälliger Blutwerte vom Eislauf-Weltverband ISU gesperrt worden; diese Sperre hatte der Internationale Sportgerichtshof CAS am 25. November bestätigt.

Pechstein-Advokat Simon Bergmann warnte gleichfalls vor zu großer Euphorie. "Das Urteil eines staatlichen Gerichts ist auch für den Eislauf-Weltverband ISU bindend. Aber das ist nur ein kleiner Etappen-Schritt", sagte er. "Ob sie wirklich an den Olympischen Spielen teilnimmt und ihre Sperre aufgehoben werden kann, wird erst im Hauptsache-Verfahren geklärt."

Pechstein erhält auf der schnellen Olympia-Bahn aufgrund ihrer guten Vorjahres-Ergebnisse im Weltcup eine Wildcard für die A-Gruppe über 3000 Meter. Noch völlig offen ist, ob sie auch über 1500 Meter und im Team-Lauf antreten kann. "Es ist meine letzte Chance und diese will ich auch nutzen", gab sich Pechstein kämpferisch. "Zweifellos ist es eine riesige psychische Belastung für sie. Zehn Monate hat sie keinen Wettkampf bestritten. Aber ich hoffe, sie kann auf Platz acht laufen und sich das Ticket sichern", sagte ihr Manager Ralf Grengel.

Entscheidung im Sinne des Fair-Play


DOSB-Präsident Thomas Bach hofft nun auf eine schnelle Lösung. "Wir respektieren die Einstweilige Verfügung und hoffen auf eine baldige, endgültige Entscheidung", sagte er. "Das war eine Entscheidung im Sinne des Fairplay. Was das für Claudias Olympia- Nominierung und ihre sportliche Zukunft bedeutet, darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren", meinte Gerd Heinze, der Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG).

Mit dem Einspruch im Hauptverfahren hat die Bestätigung des Eilantrags nur bedingt zu tun. "Wenn sie im Hauptsacheverfahren chancenlos wäre, hätte das Schweizer Bundesgericht den Antrag sofort abgelehnt", sagte Grengel. Bergmann wies auf die Komplexität des Hauptverfahrens hin. "Der angenommene Eilantrag ist hierfür kein Fingerzeig. Das Schweizer Bundesgericht ist die erste wirklich unabhängige Instanz. Aber dort werden die Dinge auch nur ganz eingeschränkt betrachtet: Nur schwere Verfahrensfehler oder beispielsweise die Verletzung der Menschenrechte werden überprüft. Das ist ein Riesen-Nachteil für den Athleten", betonte er.

CAS-Generalsekretär Matthieu Reeb nahm die Entscheidung des Bundesgerichts zur Kenntnis und will erst einmal abwarten, bis er die Gründe für Pechsteins Einspruch kennt. Erst danach werde der CAS sich äußern, kündigte er an. CAS-Richter Dirk-Reiner Martens sieht schon jetzt kaum Chancen für einen Pechstein-Erfolg im Hauptverfahren. "Das Gesetz in der Schweiz listet genau die Fälle auf, in denen Schiedsurteile noch zu revidieren sind. Und dies sind nur ganz gravierende verfahrensrechtliche Dinge", erklärte er. Pechsteins Züricher Anwalt Lucien Walloni, der langjährige Erfahrungen mit dem Schweizer Bundesgericht gesammelt hat, sprach ebenfalls von "einer extrem hohen Messlatte", die das Zivilgericht anlege.

Eingereicht wird der offizielle Einspruch gegen das CAS-Urteil erst im neuen Jahr. Zwar hat jede Seite nach dem Richterspruch vom 25. November nur 30 Tage Zeit zur Formulierung eines Widerspruchs, doch wegen der Gerichtspause über Weihnachten bleibt der Pechstein- Seite ein wenig mehr Zeit.

Frank Thomas/DPA DPA

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