Vor jeder Saison herrscht in der DEL an der Wechselbörse Hochkonjunktur. Zahlreiche Spieler suchen bei einem neuen Verein ihr Glück. Doch wer findet das tatsächlich? Wir ziehen eine erste Bilanz und haben sowohl positive wie auch negative Beispiele gefunden.
Scott King (34, Hannover Scorpions): Wandervogel im Glück
Der kanadische Mittelstürmer ist der neue Dreh- und Angelpunkt in Hannovers Offensivspiel. Mit acht Treffern und neun Vorlagen führt King die mannschaftsinterne Scorerliste an. Nur Berlins Neuzugang Barry Tallackson hat mehr Saisontreffer auf dem Konto als der DEL-Veteran. Kaum ein Profi war in Deutschlands höchster Spielklasse in den vergangenen Jahren so erfolgreich wie der Sohn des einstigen Freezers- und Adler-Trainers Dave King. Mittlerweile läuft der Wandervogel (Iserlohn, Krefeld, Augsburg, Nürnberg, Mannheim) in seiner zehnte DEL-Saison auf und verbuchte in 506 Spielen rekordverdächtige 443 Scorerpunkte (160 Tore, 283 Vorlagen).
An die letzte Saison hat King keine guten Erinnerungen. Mit den Adlern schied er bereits im Viertelfinale der Playoffs aus, spielte im System von Trainer Harold Kreis nur eine untergeordnete Rolle. Die Statistik sprach Bände: Mit 22 Scorerpunkten hat King die schlechteste Hauptrunde seiner DEL-Karriere hinter sich. Diesen Wert hat er schon nach 17 Spielen im Scorpions-Dress fast erreicht. Einziges Manko: Nach zwei Pleiten in Folge sind die Niedersachsen auf den drittletzten Rang abgerutscht. Persönlich läuft es für King dennoch rund.
Jame Pollock (32, Nürnberg Ice Tigers): Rückkehrer ohne Fortune
Wie King war auch Pollock einer von Mannheims "Versagern" der letzten Spielzeit. Trotz Mega-Gehalts bot der Kanadier bei den Adlern eine schwache Vorstellung nach der anderen. Die logische Konsequenz war der Wechsel im Sommer. Doch in Nürnberg knüpft der Verteidiger nahtlos an seine dürftige Vorsaison an. Als Kopf der schwächsten Abwehr der Liga (fast dreieinhalb Gegentreffer pro Partie) präsentiert er sich träge und fehleranfällig. Seine einst gefürchteten Offensivqualitäten ruft Pollock nur selten ab, das Powerplay der Ice Tigers ist trotz oder womöglich wegen des Blueliners das zweitschlechteste der Liga (nur knapp jedes achte Powerplay führt zum Torerfolg).
Die Nürnberger Anhänger hatten ihren Rückkehrer noch gänzlich anders in Erinnerung. 2007 führte Pollock die Ice Tigers (zusammen mit King) ins DEL-Finale und hatte maßgeblichen Anteil am Vizetitel der Franken. Mit 22 Saisontoren stellte er den Rekord für die meisten Treffer eines Verteidigers ein und wurde als neuer Superstar gefeiert. Vier Jahren später ist vom einstigen Ausnahmespieler nicht mehr viel übrig geblieben. Dass Pollock und mit ihm die Ice Tigers in dieser Saison noch einmal die Kurve kriegen, scheint undenkbar.
Alexander Weiß (24, Kölner Haie): Neuer Club neues Vertrauen
Nach 313 DEL-Spielen und acht Jahren im Dress der Eisbären Berlin stand für den Stürmer im Sommer der erste Tapetenwechsel seiner Karriere an. Die Kölner Haie holten den trotz seines jungen Alters schon reichlich DEL-erfahrenen Nationalspieler an den Rhein und erhofften sich die Rückkehr zu alten Torjägerqualitäten. Bisher traf Weiß in 16 Saisonspielen zwar erst dreimal, dennoch schenkt sein ehemaliger Nationalcoach Uwe Krupp dem Youngster viel Vertrauen und greift auch in Überzahl immer wieder auf ihn zurück.
In Berlin war dies zuletzt anders. Das Verhältnis von Weiß zu Eisbären-Trainer Don Jackson schien dauerhaft gestört. Der Coach forderte mit vehementer Regelmäßigkeit auch öffentlich mehr Leistung von Weiß, gab ihm zugleich aber immer weniger Gelegenheit sich auszuzeichnen. Nach zwei starken Jahren 2008 und 2009 mit insgesamt 30 Toren baute Weiß immer weiter ab. Trotz seiner vier Meistertitel mit den Eisbären wagte der frustrierte Weiß den Sprung nach Köln, wo dank des Vertrauens seines neuen Trainers die Formkurve wieder nach oben zeigt.
Bruno St. Jacques (31, Straubing Tigers): Absturz in den Keller
Wie aus dem Umfeld des ERC Ingolstadt kolportiert wird, hatte der Transfer des Top-Verteidigers nach Straubing in erster Linie private und kaum sportliche Gründe. Obwohl der Kanadier mit NHL-Erfahrung (67 Spiele) im dritten Jahr beim ERC etwas von seiner Klasse der ersten beiden Spielzeiten vermissen ließ, gaben die Querelen abseits des Eises schlussendlich den Ausschlag für einen Wechsel zum bayerischen Konkurrenten.
Für den Verteidiger lief der Club-Tausch bisher alles andere als rosig. Kleinere Verletzungen und ein fortwährender Fitnessrückstand machen St. Jacques zu schaffen, der bisher erst zehn Saisonspiele (zwei Vorlagen) absolvierte und in den letzten Partien als überzähliger Ausländer von Trainer Dan Ratushny auf die Tribüne befördert wurde. Bezeichnend seine Plus-Minus-Statistik: In Ingolstadt war die noch immer positiv, in Straubing schon nach zehn Einsätzen bei minus acht Negativwert der Mannschaft. Während sein Ex-Verein ganz vorne mitspielt, stecken die Straubinger trotz vier Heimsiegen in Folge im Tabellenkeller fest. Immerhin: Eigentlich kann es für den Kanadier nur bergauf gehen.
Francois Methot (33, Krefeld Pinguine): Neuanfang mit Pech
Nach fünf Jahren im Dress der Adler musste der Mittelstürmer im Sommer seinen Hut in Mannheim nehmen, wo er 2007 die deutsche Meisterschaft feierte. Der radikale Schnitt beim Rekordmeister machte diesmal auch nicht vor einem verdienten Profi wie Methot halt. Die Pinguine nutzten die Gunst der Stunde und angelten sich den Kanadier, dessen Verpflichtung bei den Fans Begeisterung hervorrief. Den Vorschusslorbeeren wurde Methot in den ersten elf Saisonspielen (vier Tore, sechs Vorlagen) prompt gerecht. Die Medien titelten immer wieder mit dem neuen "Star der Pinguine.
Ein Haarriss im Fuß stoppte den Höhenflug. Seit drei Wochen muss Trainer Rick Adduono auf Methot verzichten, doch ein Comeback steht kurz bevor. Die Rückkehr einer ihrer verletzten Top-Stars (Kapitän Vasiljevs fällt seit dem Saisonstart aus) könnte den zehntplatzierten Pinguinen wieder Auftrieb geben. Die Hoffnung ist groß, dass Methot dann da anknüpft, wo er Mitte Oktober aufgehört hat. Die Vergangenheit gibt allen Grund dazu. In seinen sieben Jahren in der DEL markierte Methot 329 Punkte (110 Tore) in 380 Spielen und war fünfmal Top-Scorer seines Teams (Augsburg, Mannheim).
Derek Hahn (33, ERC Ingolstadt): Volltreffer ins Glück
Der Ingolstädter Höhenflug trägt auch den Namen des Neuzugangs aus Straubing. Der Mittelstürmer traf bereits sechsmal und legte seinen Mitspielern ebenso oft ein Tor auf. Wie die meisten Ingolstädter Neuzugänge passt Hahn perfekt ins Konstrukt von Trainer Rich Chernomaz, der den flinken Kanadier schon in seinen ersten drei DEL-Jahren bei den Frankfurt Lions trainierte. Sein Coach hält große Stücke auf Hahn, den er damals aus der unterklassigen CHL (Nordamerika) in die DEL holte.
Nach dem Insolvenzaus der Frankfurter verschlug es Hahn im zurückliegenden Jahr nach Straubing. Dort hat der Spielmacher nie sein Glück gefunden. Als er im Laufe der Saison wegen des ausbleibenden Erfolgs mit einem Wechsel kokettierte, brachte er die Straubinger Fans gegen sich auf. Seine Leistungen auf dem Eis stimmten zu dem Zeitpunkt nur selten, Hahn wirkte lust- und ideenlos. Dennoch lotste ihn Chernomaz nach Ingolstadt, wo er nunmehr seine Klasse wieder unter Beweis stellt. Derzeit sind beide Seiten, Club und Spieler, glücklich über diesen Transfer.
Auch bei diesen Spielern ist der Neuanfang geglückt: Christian Chartier (30, Augsburger Panther aus Ingolstadt), Daniel Sparre (27, Straubing Tigers aus Köln), Michel Periard (31, ERC Ingolstadt aus Mannheim), Matt Hussey (31, Straubing Tigers aus Ingolstadt)
Auch bei diesen Spielern ist der Neuanfang missglückt: Tobias Draxinger (26, Augsburger Panther aus Ingolstadt), Shane Joseph (30, Nürnberg Ice Tigers aus Iserlohn), Sven Butenschön (35, Nürnberg Ice Tigers aus Mannheim), Stephan Wilhelm (28, Hannover Scorpions aus Straubing)
Daniel Pietzker