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Radsport-Skandal Uniklinik Freiburg feuert Doping-Ärzte

Die Universität Freiburg zieht Konsequenzen aus den Doping-Geständnissen der Teamärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich und trennt sich mit sofortiger Wirkung von den beiden Medizinern. Jetzt steht T-Mobile-Sportdirektor Rolf Aldag im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die Universität Freiburg zieht Konsequenzen aus den Doping-Geständnissen der Teamärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich und trennt sich mit sofortiger Wirkung von den beiden Medizinern. Das gab die Hochschule am Donnerstag bekannt. Zudem wird die Universität die Freiburger Sportmedizin mit ihren gesamten Aktivitäten während der vergangenen 20 Jahre auf den Prüfstand stellen.

Als weitere Konsequenz aus den Doping- Geständnissen im Radsport stoppt die Universitätsklinik Freiburg die medizinische Begleitung im Spitzensport. "Bis zur Aufklärung beschließt der Vorstand, die Betreuung aller Hochleistungssportler ab sofort einzustellen", sagte der Rektor der Freiburger Albert-Ludwigs- Universität, Wolfgang Jäger. Die Betreuung umfasst etwa 1.500 Leistungssportler aus acht Sportarten, wie ein Sprecher ergänzte. Die medizinische Versorgung von rund 6.000 anderen Patienten in diesem Bereich werde aber fortgeführt.

Heinrich und Schmid hatten am Mittwochabend eingeräumt, als Mannschaftsärzte Doping-Praktiken des Telekom-Radsportteams in den 90er Jahren unterstützt zu haben. Beide sollen "unverzüglich" von der Untersuchungskommission der Uni vorgeladen werden.

Nach den jüngsten Doping-Geständnissen der Teamärzte sowie früherer Telekom-Profis erhält die Pressekonferenz von T-Mobile eine besondere Brisanz. In Bonn will sich der Radrennstall am (heutigen) Donnerstag zu seiner Zukunft äußern. Neben Teammanager Bob Stapleton und Kommunikationschef Christian Frommert wird mit besonderer Spannung auch Sportdirektor Rolf Aldag erwartet. Laut Stapletons Ankündigung in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" will sich Aldag zu seiner Vergangenheit im Team Telekom äußern. Die Fortsetzung des Engagements der Deutschen Telekom im Radsport gilt nach den Geständnissen ihrer Ex-Profis Bert Dietz und Christian Henn keineswegs mehr als sicher.

"Momente der Schwäche"

Stapleton kündigte in der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) ein Doping-Geständnis des früheren Telekom-Profis Aldag an. Er wisse, dass sich Aldag "schon in den vergangenen zwei Wochen mit dem Gedanken getragen hat, sich zu offenbaren. Er wollte es tun und hat nach einem Weg gesucht, sich umfassend und nachvollziehbar zu äußern", sagte Stapleton. "Ich glaube, dass Rolf heute sehr engagiert ist und sehr zu dem steht, was wir jetzt tun. Es hat eben auch bei ihm Momente der Schwäche gegeben, und jetzt müssen wir versuchen, dass wir da rauskommen und mit ihm weitermachen können", antwortete Stapleton auf die Frage, ob er enttäuscht sei, dass Aldag ihm gegenüber "das Doping-Geständnis nicht viel früher gemacht hat".

Dennoch will der Teamchef an seinem Sportdirektor festhalten: "Meine Absicht ist es, mit Rolf weiter zu arbeiten." Aldag gehörte 1997 bei der Tour de France zur Telekom-Mannschaft mit dem siegreichen und mittlerweile ebenfalls unter Doping-Verdacht stehenden Jan Ullrich.

Ohne T-Mobile gibt das Team auf

In dieser Woche hatten die früheren Telekom-Radprofis Bert Dietz und Christian Henn systematisches Doping gestanden. Stapleton sagte, dass er im Falle eines Ausstieges von Sponsor T-Mobile die Mannschaft aufgeben würde. "Ich werde das Team nur mit T-Mobile weiter führen. Es gibt keinen anderen Partner mit so einer Geschichte und Dominanz in diesem Sport."

Inzwischen hatte auch der frühere Radprofi Udo Bölts ein Doping-Geständnis abgelegt. "Ja, ich muss diese Vorwürfe bestätigen. Auch ich habe EPO probiert und meine Erfahrungen damit gemacht", sagte der heutige Gerolsteiner-Sportdirektor am Mittwoch im SWR. Er habe 1996 damit angefangen, um nach schlechten Ergebnissen im Vorjahr und der fraglichen Vertragsverlängerung in der Tour-de-France-Mannschaft dabei zu sein. Auch Wachstumshormone habe er 1996 probiert. Bölts versicherte, dass ihm die Freiburger Sportärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich nie verbotene Mittel verabreicht hätten.

"Niemals ohne Wissen der Sportler"

Die Doping-Enthüllungen um das Team Telekom hatten am Mittwochabend mit den Geständnissen der Mediziner Schmid und Heinreich noch mehr an Dramatik gewonnen. "Ich räume ein, in den 90er Jahren das Doping einzelner Radprofis unterstützt zu haben", sagte Schmid. Ausdrücklich stellte Schmid klar, "dass das Nachfolgeteam T-Mobile nicht betroffen" sei. "Ich habe den Radsportlern auf Anforderung Dopingsubstanzen, insbesondere EPO, zugänglich gemacht", gab Schmid zu. Er habe Dopingmittel aber "niemals einem Sportler ohne dessen Wissen oder gar gegen seinen Willen" verabreicht. Schmid erwägt, seine Tätigkeit als Sportarzt der Universitätsklinik Freiburg zu beenden.

Sein Freiburger Kollege Lothar Heinrich räumte in einer siebenzeiligen Mitteilung ebenfalls ein, "in meiner Funktion als Sportmediziner an Doping von Radsportlern mitgewirkt zu haben". Beide bedauerten ihre "Verfehlungen". Schmid: "Ich hätte als Arzt nie so handeln dürfen". Heinrich will aktiv dazu beitragen, "das Doping in der Zukunft wirksam bekämpft werden kann".

"Ein Auspacken Ullrichs gibt es nicht"

Alles beim Alten hingegen bei Jan Ullrich: Dessen Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel sieht keinen Grund für eine Doping-Beichte des Tour-de-France-Siegers von 1997 und früheren Stars des Radrennstalls T- Mobile. "Ein Auspacken bei Jan Ullrich gibt es in diesem Sinne nicht", sagte Diestel am Donnerstag dem ZDF-"Morgenmagazin". "Ullrich brauchte bei seinem großen Talent nicht zu dopen." Der in Rostock geborene Ullrich war in den 90er Jahren Kapitän der Telekom-Mannschaft.

Der heute 33 Jahre alte Ullrich steht im Verdacht, in den Doping- Skandal um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes verwickelt zu sein. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Ullrich war von der Tour de France im vergangenen Jahr ausgeschlossen worden und von seinem damaligen Arbeitgeber, dem T-Mobile-Team, fristlos gekündigt worden. Ullrich bestreitet, jemals illegale Mittel zur Leistungssteigerung genommen zu haben.

Auch Landis bestreitet Doping

Im Unterschied zu mehreren deutschen Radrennfahrern bestreitet der amerikanische Profi Floyd Landis weiter jede Doping-Schuld. Zum Abschluss einer neuntägigen Anhörung in Kalifornien stellten die Anwälte des Sportlers die Glaubwürdigkeit der Tests in Frage, die auch bei dem Tour-de-France-Sieger des vergangenen Jahres Doping nachgewiesen haben. Hingegen bekräftigte die Anti-Doping-Behörde der USA ihre Auffassung, dass Landis seine Leistung mit synthetischem Testosteron künstlich erhöht habe. Landis war nach der 17. Etappe der Tour de France 2006 positiv getestet worden, nachdem er auf einer der schwersten Alpen-Strecken einen Einbruch vom Vortag wett gemacht und sich vom elften auf den dritten Rang gekämpft hatte. Die Entscheidung liegt jetzt bei drei Schlichtern, die voraussichtlich erst in mehr als einem Monat zu einem Schluss kommen werden.

DPA/AP AP DPA

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