Erst im Sommer 2021 übten mal wieder einige Ökonomen scharfe Kritik an Deutschlands Rentensystem. In einem Papier dröselte der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums genau auf, welche alarmierenden Probleme sich abzeichnen. Die Experten prophezeien "schockartig steigende Finanzierungsprobleme" auf die staatliche Rentenkasse zukommen. Die Rente mit 63, die Begrenzung der Rentenbeiträge auf maximal 20 Prozent und die 2018 eingeführte Garantie des Rentenniveaus bei 48 Prozent des Durchschnittslohns würden schwer auf der Kasse lasten.
Das Grundproblem: Zu viele Rentner wollen Geld aus der Kasse, immer weniger Junge füllen diese auf. Die Differenz zahlt der Gesetzgeber aus Steuermitteln - und muss dafür immer tiefer in die Tasche greifen. Im Jahr 2020 kamen auf 100 Beitragszahler rund 57 Rentner. Im Jahr 2030 dürften es 67 Rentner sein, im Jahr 2050 in etwa 77 Rentner, so das IW Köln. Um das zu finanzieren, müssen Arbeitnehmer entweder deutlich länger arbeiten. Oder deutlich weniger Geld aus der Kasse bekommen. Die FDP wünscht sich einen Aktien-Rente, 30 Milliarden Euro sollen an der Börse eingesetzt werden, um aus dem "Zu wenig" ein "Reicht für alle" zu zaubern. Geht das schief, haben wir ein Problem.
Die Rente macht den Deutschen Sorgen. Privat vorsorgen muss man, eigentlich. Aber eine im Oktober 2021 veröffentlichte Studie des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und der IG Metall zeigt, dass im vergangenen Jahrzehnt das Interesse der 17- bis 27-Jährigen am privaten Rentensparen abgenommen hat. 2010 haben noch 55 Prozent der jungen Menschen gespart, 2019 sind es noch 48 Prozent.
Renten-Ranking: Island auf Platz 1
Die wackelige Finanzierung der staatlichen Rente und die Unsicherheit der zukünftigen Finanzierung bringen Deutschland in einem internationalen Vergleich aller Rentensysteme, dem "Mercer CFA Institute Global Pension Index", nur Platz 14 von 43 ein. Gut gefiel den Experten der Untersuchung, dass "unser Rentensystem in den Bereichen Angemessenheit und Integrität sehr stabil ist und wir uns in den letzten Jahren kontinuierlich verbessern konnten", so Mercer-Deutschland-Chef Norman Dreger. Bei der "Ausfinanzierung" aber gebe es "Nachholbedarf", auch die betriebliche Altersvorsorge müsse weiter gestärkt werden. Eine weitere Empfehlung: "Erhöhung der Mindestrente für einkommensschwache Rentner:innen".
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Allerdings ist Deutschland mit seinem Renten-Problem nicht allein. Staaten wie Österreich, Spanien oder Italien erkaufen sich die heutige Angemessenheit der Rentenhöhe mit der Zukunftsfähigkeit der Finanzierung. Dass ohne radikale Eingriffe oder Reformen die Renten auch für zukünftige Senioren so hoch ausfallen, ist kaum möglich.
Auf Platz 1 des Ranking landet Island. Dahinter folgen die Niederlande und Dänemark. Was machen diese europäischen Staaten besser?
Das Säulen-Modell von Island
In Island gibt es zwei Säulen der staatlichen Rente. Zum einen gibt es die Altersrente: Dafür müssen Rentenbezieher mindestens 67 Jahre alt sein und zwischen dem 16. und 66. Lebensjahr mindestens drei Jahre in Island gemeldet gewesen sein. Wer mindestens 40 Jahre auf der Insel gelebt hat, bekommt die Altersrente in voller Höhe, wer auf weniger Jahre kommt, erhält weniger. Für jedes Kind, das unter 18 Jahren alt ist, kann eine Kinderrente von der Sozialversicherungsanstalt gezahlt werden. Von dort können auch weitere Zulage kommen, beispielsweise zur Haushaltsunterstützung. Bevor Geld ausgezahlt wird, gibt es eine Einkommensprüfung. Erzielt der Rentner oder die Rentnerin weitere Einkünfte oder Geld aus Vermietung, wird die Rente reduziert. Übersteigen diese Sondereinnahmen die Rente, wird diese ganz eingestellt.
Für die Arbeitsrente können alle Arbeitnehmer und Selbstständigen ab dem 66. Geburtstag einen Antrag stellen, wenn sie durch einen obligatorischen, betrieblichen Arbeitsrentenfonds versichert waren. Hier gibt es keinerlei Mindestversicherungszeit. Einzahlungen nehmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam vor.
Als dritte Möglichkeit können freiwillige Beiträge in staatlich ausgewählte und genehmigte Rentenprodukte eingezahlt werden. Damit können auch diejenigen, die weniger Ahnung von Finanz- und Anlageprodukten haben, aber ihre Rente aufbessern möchten, an dieser Vorsorgesäule teilhaben.
So hoch fällt die Rente aus
Eine Übersicht aus dem Jahr 2012 beziffert die Höhe der Altersrente (oder auch Grundrente) auf maximal 393.300 Isländische Kronen, umgerechnet gut 2600 Euro. Die Zulage, also die Sozialrente, belief sich bei der Übersicht auf umgerechnet rund 8200 Euro jährlich für Alleinstehende. Entzogen werden diese Zulagen, wenn das jährliche Erwerbseinkommen knapp 3200 Euro, 797 Euro Betriebsrente und 655 Euro Kapitalerträgen im Jahr übersteigt.
Vergleichen mit Deutschland lassen sich diese Zahlen nur bedingt, denn die Kosten-Struktur unterscheidet sich sehr. So ist das Gesundheitssystem auf der Insel kostenlos, auch für Energie zahlen die Menschen durch die vorhandene Erdwärme wenig. Die Kosten für die Lebenshaltung allerdings liegen rund 50 Prozent höher als in Deutschland.
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