Mit bilateralen Treffen hat in der japanischen Stadt Toyako der Gipfel der acht wichtigsten Industriestaaten der Welt begonnen. Bereits kurz nach ihrer Ankunft traf Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem gastgebenden japanischen Ministerpräsident Yasuo Fukuda zu einem 30-minütigen Gespräch zusammen. Aus Delegationskreisen verlautete anschließend, die Kanzlerin habe sich verhalten optimistisch über die Klimapolitik geäußert. "Ein Fortschritt erscheint möglich", wurde die Kanzlerin zitiert.
US-Präsident George W. Bush traf erstmals den neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew. Über den Inhalt des Meinungsaustauschs wurde zunächst nichts bekannt. Bush sei sehr interessiert daran, die politischen Prioritäten des Nachfolgers von Wladimir Putin zur Stärkung des Rechtsstaates in Russland kennenzulernen, wurde der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe, in US-Medien zitiert.
Im Mittelpunkt des ersten Gipfeltages steht die Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten USA, Kanada, Frankreich, Italien, Großbritannien, Deutschland, Japan und Russland mit ihren Kollegen aus sieben afrikanischen Ländern. Auf dem Programm stehen die Komplexe Ernährung, Klima, Nahost und Entwicklung. Die Weltgemeinschaft hat im Kampf gegen den Klimawandel bislang keine großen Fortschritte erzielt, die Preise für Nahrungsmittel schießen durch die Decke, die internationalen Finanzmärkte sind wegen der Rekord-Ölpreise in schweren Turbulenzen - reichlich Diskussionsstoff für die Gruppe der sogenannten mächtigsten Industrienationen der Welt. In diesem Jahr hat turnusgemäß Japan den G8-Vorsitz. 2007 war es Deutschland (Heiligendamm), 2009 richtet Italien den Gipfel in La Maddalena auf Sardinien aus.
Doch was genau steht hinter den einzelnen Themenkomplexen? Warum sind sie den Staatschefs so wichtig? Hier lesen Sie, was von dem Treffen der wichtigsten Industrienationen zu erwarten ist.
Lebensmittelpreise
Schon die Bevölkerungen des vergleichsweise reichen Westens spüren den starken Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Ungleich härter trifft es die Armen der Welt in Südasien, Afrika, Lateinamerika, der Karibik und dem Nahen Osten. Die jahrelang stabilen Preise für Reis, Mais und Weizen sind explodiert. Nach Angaben der Weltbank stiegen sie in den vergangenen Jahren um bis zu 181 Prozent. Schwere Unruhen waren die Folge, in Haiti, Kamerun, Mauretanien, dem Senegal und der Elfenbeinküste starben hunderte Menschen.
Gründe für den Preisanstieg: das Bevölkerungswachstum, der steigende Wohlstand vieler Asiaten mit veränderten Essgewohnheiten, Spekulationen an den Rohstoffmärkten und ein wachsender Anbauflächenbedarf für sogenannte Energiepflanzen (Biosprit). Jeden Tag hungern weltweit 850 Millionen Menschen.
Klima/Energie
Der Komplex Klima und Energie ist untrennbar mit den Themen Ernährung und Energie verknüpft. Die G8 haben vereinbart, mindestens eine Halbierung der globalen CO₂-Emissionen bis 2050 "ernsthaft zu prüfen". Bei diesem Prozess sollten die Schwellenländer einbezogen werden. 2007 wurde in Heiligendamm festgelegt, die Klimaziele unter Leitung des UN-Klimasekretariats umzusetzen. Es ist nicht zu erwarten, dass in Toyako konkrete Schritte im Kampf gegen den Klimawandel vereinbart werden. Erwartet wird, dass das in Heiligendamm Erreichte fortgeschrieben und bekräftigt wird.
Weltwirtschaft/ Finanzmärkte
Die Ölpreise springen von Rekord zu Rekord - und schüren die Sorge um die Weltwirtschaft. Der drastische Anstieg schlägt auf die Finanzmärkte durch, die durch die US- Immobilienkrise eh schon heiß gelaufen sind. Der Einfluss von Spekulanten auf den Ölpreis rückt mehr und mehr in den Fokus. Sorgen vor einer globalen Rezession werden laut.
Am Montag gab der Preis für ein Barrel (159 Liter) Rohöl mit 143,50 Dollar leicht nach und notierte etwas unter seinem Rekordhoch vom Freitag. Hintergrund waren Hoffnungen auf eine Entspannung im Atomstreit mit dem zweitgrößten Produzenten der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec), dem Iran.
Nahost/ Iran
Diese zwei Krisenherde haben hohe Aktualität. Dem Vernehmen nach gibt es zu Nahost möglicherweise auch eine einzelne Erklärung der G8 (ebenso wie zum Thema Energiepreise). Im Gazastreifen hatten Israel und die radikale Palästinenserorganisation Hamas zuletzt auf ägyptische Bemühungen hin einen Waffenstillstand vereinbart. Außerdem bot Israel dem Libanon direkte Friedensverhandlungen an. Beides weckte Hoffnungen auf ein Tauwetter.
Beim Thema Iran ist nicht damit zu rechnen, dass der scheidende US- Präsident George W. Bush den Druck im Atomstreit lockern wird. G8- Gastgeber Japan hatte sich erst zuletzt wieder für eine Lösung durch Dialog ausgesprochen, darauf dringt auch die EU.
Afrika/ Entwicklung
Dieses Thema wird auch in Japan breiten Raum einnehmen. Schon 2005 hatten sich die G8 im schottischen Gleneagles darauf verpflichtet, die Entwicklungshilfe für Afrika bis 2010 zu verdoppeln. Daraus wird allerdings nichts werden, glaubt man dem "Africa Progress Panel" unter Führung des ehemaligen UN- Generalsekretärs Kofi Annan: Laut dem Mitte Juni vorgelegten Bericht fehlen zur Erfüllung der Versprechungen noch 40 Milliarden Dollar, zudem seien viele der gegebenen Hilfszusagen noch ungewiss. Mindestens die zahlreichen Nichtregierungs-Organisationen (NGO) werden in Japan die Regierenden fragen, in welchem Verhältnis Versprechen und eingelöste Zusagen an Afrika stehen.
Sonstiges
Gewissermaßen zum Standard der G8-Gipfel gehören die Themen Nicht-Verbreitung von Atomwaffen und Bekämpfung des internationalen Terrorismus.