Russland-Sanktionen Oligarch Fridman klagt über "Hausarrest" in Londoner 70-Millionen-Villa

Die Milliarden von Michail Fridman sind derzeit eingefroren
Die Milliarden von Michail Fridman sind derzeit eingefroren
© Pavel Golovkin/ / Picture Alliance
Milliardär Michail Fridman sieht den Ukraine-Krieg kritisch, landete aber trotzdem auf der Sanktionsliste. Der in London lebende Oligarch berichtete nun, wie er persönlich unter den Sanktionen leidet und warum er sie für falsch hält.

Für den russischen Multimilliardär Michail Fridman hat sich das Leben durch die gegen ihn verhängten Sanktionen drastisch geändert. Der in London lebende Geschäftsmann ist vom Führungsposten seiner Investmentfirma LetterOne zurückgetreten, seine Konten sind eingefroren, Reisen in Länder der EU sind derzeit nicht möglich.

Die umgerechnet elf Milliarden Euro, die Fridman laut Forbes besitzt, helfen ihm gerade nicht viel. "Die Behörden in Großbritannien müssen mir einen bestimmten Betrag zuweisen, damit ich Taxis nehmen und Lebensmittel kaufen kann", sagte Fridman der spanischen Zeitung "El Pais". Das sei aber ein sehr begrenzter Betrag, wenn man sich die Lebenshaltungskosten in London ansehe. "Ich weiß immer noch nicht, ob er ausreicht, um ein normales Leben ohne Exzesse zu führen. Ich kann nicht einmal jemanden in ein Restaurant einladen. Ich muss zu Hause essen und stehe praktisch unter Hausarrest." Der Agentur Bloomberg hatte Fridman vor einigen Tagen gesagt, er dürfe wohl maximal 2500 Pfund (rund 3000 Euro) im Monat ausgeben. 

Viktorianische Villa in London

Immerhin ist es ein ziemlich goldener Käfig, in dem Fridman derzeit festsitzt. 2016 hat Fridman für seine Familie das Athlone House erworben, ein herrschaftliches viktorianisches Anwesen im Norden Londons. 65 Millionen Pfund soll er dafür gezahlt haben (nach aktuellem Umrechnungskurs 77 Millionen Euro). Ob er den aufwendig restaurierten Familiensitz behalten könne, wisse er noch nicht, sagte Fridman laut "El Pais". "Es ist unklar, ob ich weiter in London leben kann oder ob ich gezwungen bin, zu gehen, was ich derzeit nicht kann und aus vielen Gründen auch nicht will."

Fridman stammt aus einer jüdischen Familie, ist im ukrainischen Lwiw geboren und aufgewachsen, bevor er nach Moskau ging, um unternehmerisch Karriere zu machen. Mit der Alfa-Group baute er in den 90er Jahren einen der größten privaten Industrie- und Finanzkonzerne Russlands auf. Bis heute leitet er die Geschicke des Konzerns, zu dem mit der Alfa-Bank auch eine der größten russischen Privatbanken gehört. 2013 gründete er zudem die Investmentfirma LetterOne, die offiziell in Luxemburg sitzt.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine war Fridman der erste bekannte Oligarch, der sich zumindest vorsichtig kritisch über den Krieg geäußert hat. Trotzdem landete er kurz darauf auf den Sanktionslisten der EU und Großbritanniens. Der 57-Jährige zählt laut EU "zu den wichtigsten russischen Financiers und Unterstützern des inneren Kreises von Putin". Dessen älteste Tochter Maria habe sogar ein Wohltätigkeitsprojekt der Alfa-Bank geleitet, Putin habe im Gegenzug Investitionspläne der Bank im Ausland politisch unterstützt. Die britische Regierung führt ihn auf ihrer Sanktionsliste als Kreml-freundlichen Oligarchen. 

Fridman kritisiert Sanktionen

Fridman hat hingegen wie sein langjähriger Geschäftspartner Pjotr Awen politische Nähe zum Kreml wiederholt bestritten. Beide sehen sich zu Unrecht sanktioniert und wollen dagegen vorgehen. "Es gibt keinen Oligarchen-Club. Wir sind alle unterschiedliche Personen", sagte Fridman "El Pais". "Wir waren ausschließlich auf das Business konzentriert und wollten nie nahe an die Macht." Es sei allein darum gegangen, eine konstruktive Beziehung zur Obrigkeit zu haben, sagt er über seinen enormen wirtschaftlichen Erfolg, der ohne Wohlwollen des Kreml wohl nicht möglich gewesen wäre.

Fridman sagt, es sei "idiotisch" zu glauben, dass die Oligarchen Putin zum Beenden des Krieges drängen könnten. Die Sanktionen gegen einzelne Unternehmer würden nur dazu führen, dass diese gezwungen seien mangels Alternativen nach Russland zurückzugehen. "Die Dinge werden für den Westen nicht besser, wenn er viele brillante und interessante Unternehmer dazu zwingt, nach Russland zu gehen, anstatt sie stärker zu integrieren und zu versuchen, sie dazu zu bringen, Stellung zu beziehen, auch wenn es offensichtlich ist, dass die Privatwirtschaft keinerlei Einfluss auf Putin hat."

Deepfake-Videos als Propagandawaffe im Krieg
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Achtung, diese manipulierten Videos von Putin und Selenskyj sind Kriegspropaganda

Fridman selbst hat seinen Lebensmittelpunkt schon lange nicht mehr in Russland, wie er bitter bemerkt. "Ich bin seit acht Jahren in London, ich habe Milliarden von Dollar in Großbritannien und anderen europäischen Ländern investiert, und die Reaktion darauf ist, dass sie mir alles wegnehmen und mich rauswerfen."

bak