Die Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes hat den Plan einer Amnestie für Steuerflüchtlinge gekippt.
Vorschlag gestrichen
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte am Dienstag in Wiesbaden, ein solches Vorhaben sei im Papier der Hartz-Kommission nicht mehr enthalten. Nach Eichels Worten will die Regierung an der bisherigen Praxis nichts ändern, sondern stattdessen auf eine bereits geplante europaweite Regelung setzen. Aus Kreisen der Kommission hieß es, man habe den Vorschlag des Vorsitzenden Peter Hartz gestrichen, weil es nicht Aufgabe des Gremiums sei, steuerpolitische Vorschläge zu machen. Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms schlug vor, eine Abschlagsteuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge zu erheben. Nur so könne verhindert werden, dass Steuerflüchtlinge ihr Kapital im Ausland anlegten, ohne Steuern auf die Erträge zu entrichten.
EU-Informationsaustausch
Eichel plädierte erneut dafür, anstelle einer Amnestie eine Harmonisierung der Besteuerung von Kapitalerträgen anzustreben. Ende des Jahres werde sich die Europäische Union (EU) auf einen Informationsaustausch einigen. Dieser werde voraussichtlich 2003 oder 2004 in Kraft treten.
Verzögerung
In dem Informationsaustausch sollen die Banken in den EU-Ländern verpflichtet werden, Zinserträge von Ausländern im jeweiligen Heimatland zu melden. Belgien, Luxemburg und Österreich können in einer Übergangzeit von sieben Jahren auf den Informationsaustausch verzichten und stattdessen eine Quellensteuer erheben, deren Ertrag mit dem Land des Anlegers zu teilen ist. Es gibt jedoch derzeit Probleme bei der Umsetzung, weil die Zinsrichtlinie noch mit so genannten Drittstaaten wie der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, San Marino und den USA abgestimmt werden muss. Ursprünglich sollte die Regelung bereits Ende des laufenden Jahres in Kraft treten. Nach Ansicht des Bundesverbandes der deutschen Banken (BdB) wird der Plan das deutsche Problem bei der Zinsbesteuerung jedoch nicht lösen, weil die ausländischen Banken sehr leicht neue Anlagemodelle finden könnten, die nicht der Meldepflicht unterworfen sind.
Hartz ohne Amnestie
Der Bericht der Hartz-Kommission soll am Freitag vorgestellt werden. Das Gremium hatte am vergangenen Freitag seine Beratungen abgeschlossen. »In der letzten Sitzung ist darüber in die Richtung diskutiert worden, dass es nicht Aufgabe der Kommission ist, entsprechende Vorschläge zu machen«, hieß es in Kommissionskreisen. Es sei darauf verwiesen worden, dass der Vorschlag einer Straffreiheit Bestandteil eines Konzepts von Hartz gewesen sei, das noch vor der ersten Beratung in der Gesamtkommission vorige Woche bekannt geworden war.
Kommando zurück
Unter Bezug auf das Konzept hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Wochenende gesagt, er ziehe eine Amnestie für Steuerflüchtlinge unter bestimmten Bedingungen in Betracht und damit vor allem Eichel in Erklärungsnöte gebracht, der eine Amnestie stets scharf abgelehnt hatte. Am Montag hatte Schröder dann seine Aussagen stark relativiert.
Selbstanzeige hilft Sündern
Nach geltendem Recht können Steuersünder einer Strafverfolgung entgehen, wenn sie sich selbst anzeigen. Jedoch müssen sie die hinterzogenen Steuern plus Zinsen nachzahlen. Zudem ist nach der Selbstanzeige für das Finanzamt klar, dass es mit einem potenziellen Steuersünder zu tun hat. Es hat das Recht, Steuererklärungen zu prüfen, die bis zu zehn Jahre vor dem Hinterziehungszeitraum liegen.
»Attraktive Brücke«
Solms kritisierte die geltende Regel als zu kompliziert, um für Steuerflüchtlinge attraktiv zu sein. Er schlug deshalb ein vereinfachtes Selbstanzeigeverfahren vor, bei dem pauschal 20 bis 25 Prozent von dem im Ausland angelegten Kapital einmalig als Strafe gezahlt werden müssten. Alternativ sei eine Anlage in eine mit zwei Prozent verzinste Staatsanleihe mit achtjähriger Laufzeit möglich: »Entscheidend ist, dass eine attraktive Brücke gebaut wird«, sagte er.
Eine Billion Schwarzgeld?
Die Höhe des im Ausland angelegten Schwarzgeldes ist unklar. Schätzungen reichen von 100 Milliarden bis hin zu einer Billion Euro. Die Steuerflüchtlinge versuchen mit einer Anlage im Ausland zumeist, den hohen deutschen Steuersätzen auf Kapitalerträge zu entkommen. Für Zinserträge gilt in Deutschland der individuelle Einkommenssteuersatz. Das sind bis zu 48,5 Prozent.