Die Segeljacht "A" ist ein Phänomen. Das gigantische Schiff misst 143 Meter Länge, durch die drei riesigen Masten ist das Schiff über 100 Meter hoch. Bis zur Fertigstellung von Jeff Bezos' Jacht in Rotterdam hält die "A" den Titel der weltgrößten Segeljacht – auch wenn sie genau genommen eine "segelunterstützte Motorjacht" ist. Ihr Bau soll mehr als eine halbe Milliarde Euro gekostet haben und das Innere des Schiffes gleicht einem Luxushotel der obersten Kategorie. Auf dem Schiff gibt es Platz für 20 Gäste und 54 Crew-Mitglieder. Ein Highlight soll eine große Unterwasser-Beobachtungs-Station am unteren Ende des Kiels sein.
Größter Auftrag der Firmengeschichte – kurz danach Insolvenz
Und alles begann in Deutschland, genauer bei German Naval Yards in Kiel, wo die deutsche Nobiskrug-Werft das Schiff baute. Für das Rendsburger Unternehmen war die "A" der größte Auftrag in über 100 Jahren Firmengeschichte. 2012 erfolgte die Kiellegung des gigantischen Schiffes, Ende September 2015 die erste Testfahrt. Ihr Eigner, der russische Multimilliardär Andrei Melnitschenko, erhielt die Jacht nach einer kurzen Streitigkeit über ausstehende Zahlungen im Mai 2017.
2021 beantragte die Nobiskrug-Werft die Insolvenz und wurde von der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft übernommen, im März 2022 kam die Segeljacht "A" im italienischen Triest aufgrund von Sanktionen gegen ihren russischen Eigner an die Kette – und liegt dort noch heute.
Mindestens drei Millionen Euro von Bund und Ländern
Ein Bericht von "T-Online" wirft nun neues Licht auf den Bau der riesigen Jacht. Denn es heißt, dass durch ein Förderprogramm des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle offenbar mindestens drei Millionen Euro Steuergelder in den Bau des Schiffes flossen.
Dabei ging es allerdings weniger darum, dem russischen Milliardär Geld zu schenken, sondern generell um den Erhalt von Arbeitsplätzen und technischem Know-How an deutschen Standorten. Das Bundesamt teilte dem stern auf Anfrage mit: "Das Förderprogramm 'Innovativer Schiffbau sichert wettbewerbsfähige Arbeitsplätze' hat das die Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Wirtschaft in Deutschland zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, werden ausschließlich an Werften (!) Innovationsförderungen im Wege der Anteilfinanzierung von Projektförderungen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt."
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Mutmaßlicher Eigner: Wiktor Medwedtschuk
Geschätzter Wert: 200 Millionen US-Dollar
Status des Schiffes: Die Jacht wurde im März von kroatischen Behörden beschlagnahmt. Sie liegt seither in Okrug Gornji, nahe der Stadt Trogir. Sie soll Wiktor Medwedtschuk gehören, dem ehemaligen Vorsitzenden der ukrainischen, prorussischen Partei OPZH. Im April 2022 wurde er vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst festgenommen, die Anklage lautet Hochverrat.
Konkrete Finanzierungen und Anträge teilte das Amt nicht mit, erklärte jedoch den Sinn der Fördergelder etwas genauer. Es heißt: "Durch das Programm erhalten deutsche Werften Anreize, innovative sowie damit verbundene, riskante Bauvorhaben bei Handelsschiffen, Offshore-Strukturen und Verfahrensinnovationen umzusetzen. Hiermit soll der deutsche Schiffbau gestärkt, Wissen gebunden und entsprechend wettbewerbsfähige Arbeitsplätze gesichert werden." Im Falle der Nobiskrug-Werft gelang das offensichtlich nicht auf lange Sicht.
8,6 Millionen Euro bestätigt, wohl ohne Rückzahlung
Wie "T-Online" berichtet, habe die Nobiskrug-Werft nach Eingang des Auftrags für die "SY A" Mittel aus diesem Förderprojekt beantragt – und "mindestens vier Raten" mit dem Betreff "White Pearl" in Höhe von "deutlich mehr als drei Millionen Euro" erhalten. "White Pearl" war der Arbeitstitel, unter dem die Jacht unter größter Geheimhaltung in Kiel gebaut wurde.
In den Datenbanken der EU-Kommission findet sich lediglich eine Zusammenfassung der gezahlten Fördermittel. Im Oktober 2016 gewährte das Bundesamt der Werft demnach 8,6 Millionen Euro aus der Staatskasse. Wie diese intern aufgeteilt worden sind, ist nicht bekannt.
Eine Anfrage des stern bei Nobiskrug und German Naval Yards blieb unbeantwortet. Nobiskrug äußerte sich gar nicht, German Naval Yards schrieb nur: "Hierzu können wir leider keine Auskunft geben. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an die Nobiskrug GmbH." Ziel der Anfrage war es auch, herauszufinden, ob die Mittel an Bund und Länder bei Verkauf der Jacht zurückgeflossen sind. Eine Antwort steht aus, doch die Definition der Fördergelder als "nicht rückzahlbare Zuschüsse" lässt eigene Schlüsse zu.