Ukraine-Krieg Er gehört zu Putins engstem Kreis: Oligarch Melnitschenko wettert gegen die Beschlagnahmung seiner 600-Millionen-Dollar-Jacht

Die Yacht SY A von Andrei Igorewitsch Melnitschenko
Seit dem 11. März 2022 in Italien beschlagnahmt: Die weltgrößte Segeljacht "SY A" von Andrei Igorewitsch Melnitschenko.
© rtn, peter wuest / Picture Alliance
Nun ist es passiert: Nachdem die EU Andrei Igorewitsch Melnitschenko auf die Sanktionsliste genommen hat, beschlagnahmten italienische Behörden am Freitagabend seine Segeljacht "A" im Hafen von Triest. Der Sprecher des Milliardärs wandte sich an den stern: "Wir glauben, dass der gesunde Menschenverstand sich durchsetzen wird."

600 Millionen US-Dollar – so viel zahlte der russische Geschäftsmann Andrei Igorewitsch Melnitschenko der Nobiskrug-Werft für den Bau seiner Segeljacht "A" (IMO 1012141). Ende 2021 steuerte das gigantische Schiff in den Hafen von Triest – es standen umfangreiche Wartungsarbeiten in Italien an. Das wurde dem Eigner zum Verhängnis. Denn im Laufe dieser Woche nahm die Europäische Union Melnitschenko auf die Liste sanktionierter Oligarchen auf. Die Konsequenz: Die "A" ist ab sofort beschlagnahmt.

Bereits Anfang März veröffentlichte der stern die erste Version einer Liste von Oligarchen-Jachten, die auf den Weltmeeren unterwegs waren – denn die russische Elite ist bekannt dafür, ihren Wohlstand durch den Besitz von Schiffen zu zeigen. Auch damals tauchten die beiden Jachten Melnitschenkos, die "SY A" und die "MY A" in besagter Liste auf. Die Reaktion: Ein Sprecher des Milliardärs nahm mehrfach Kontakt zum stern auf, um die Reputation seines Mandanten zu schützen.

"Keine politischen Verbindungen in Russland"

Damals hieß es: "Mein Mandant hat nichts mit den tragischen Ereignissen in der Ukraine zu tun und ist sogar ethnisch ukrainisch. Er unterliegt keinen Sanktionen und hat keine politischen Verbindungen in Russland. Es ist unfair und ungenau, ihn in diese Geschichte hineinzuziehen, da seine Familie seit über 14 Jahren nicht mehr in Russland lebt und sein Hauptunternehmen, EuroChem, seit über 10 Jahren in der Schweiz ansässig ist."

Der stern beharrte auf dem Verbleib der Jachten in der Liste, da Melnitschenko sein Geld nicht nur mit Düngemitteln verdient, sondern auch als Inhaber des größten russischen Kohleförderers SUEK. Es erschien unrealistisch, ohne die Gunst der russischen Regierung einen infrastrukturell derart wichtigen Konzern besitzen zu können. Die EU muss dies ähnlich beurteilt haben.

Die EU-Kommission hatte Mitte der Woche zahlreiche neue Sanktionen verhängt – davon betroffen sind auch 14 Oligarchen, unter ihnen auch Melnitschenko. In der Begründung heißt es, dass diese Personen in Wirtschaftszweigen tätig sind, "die eine wesentliche Einnahmequelle für die Russische Föderation darstellen – insbesondere in der Metallindustrie, der Landwirtschaft, der Pharmaindustrie, der Telekommunikation und der Digitalwirtschaft". Sanktionen gelten auch für Familienangehörige. 

Statement von Andrei Melnitschenko

Nach Beschlagnahmung der "SY A" meldete sich der Sprecher Melnitschenkos erneut beim stern. Nachfolgend lesen Sie die Stellungnahme im Namen des Milliardärs übersetzt in Gänze.

"Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, Andrei Melnitschenko auf die EU-Sanktionsliste zu setzen. Es ist absurd und unsinnig, eine Parallele zwischen der Teilnahme an einem Treffen durch die Mitgliedschaft in einem Wirtschaftsrat, wie es Dutzende von Geschäftsleuten aus Russland und Europa in der Vergangenheit getan haben, und der Untergrabung oder Bedrohung eines Landes zu ziehen.

Segelyacht A von Andrei Melnitschenko
Name der Jacht: Segeljacht A (IMO: 1012141)
Geschätzter Preis: 600 Millionen US-Dollar
Zuletzt gesehen: Beschlagnahmt in Triest (Daten abgerufen am 12. März 2022)
Eigner: Andrei Melnitschenko
Verdient sein Geld mit: Düngemittel (Eurochem), Energie (SUEK)
© Gtresonline/ / Picture Alliance
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Wir werden diese unbegründeten und ungerechtfertigten Sanktionen anfechten und glauben, dass die Rechtsstaatlichkeit und der gesunde Menschenverstand sich durchsetzen werden. Andrey Melnichenko ist ein internationaler Selfmade-Geschäftsmann, Unternehmer und Investor in die Bildung von Kindern.

Er hat keinen Bezug zu den tragischen Ereignissen in der Ukraine. Er hat keine politischen Bindungen. Er hat erfolgreiche internationale Unternehmen gegründet: Die EuroChem Group ist ein weltweit führender Düngemittelhersteller, der seit über zehn Jahren in der Schweiz und in Europa tätig ist und einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit leistet, während SUEK ein führender Kohleproduzent ist, der eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung zugänglicher Energie für die Entwicklungsländer spielt.

Beide Unternehmen beschäftigen weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter. Beide Unternehmen befinden sich zu 100 % in Privatbesitz und sind mit keiner Regierung verbunden. Sie leisten in Dutzenden von Ländern erhebliche Steuerbeiträge und investieren beträchtliche Summen in die Gemeinden, in denen sie tätig sind.

Um sicherzustellen, dass EuroChem und SUEK weiterhin Millionen von Menschen auf der ganzen Welt mit Nährstoffen für die Landwirtschaft und Zugang zu erschwinglicher Energie versorgen können, ist Andrei Melnitschenko mit Wirkung vom 9. März 2022 als Vorstandsmitglied und nicht geschäftsführender Direktor beider Unternehmen zurückgetreten und hat sich als Begünstigter zurückgezogen."

Gänzlich andere Sicht bei der EU

Dass Melnitschenko keinerlei Verbindungen zur russischen Regierung hat, sieht man derweil bei der EU ganz anders. So heißt es in der Begründung der Sanktionen gegen ihn, dass er zum einflussreichsten Kreis russischer Geschäftsmänner gehöre, die enge Beziehungen zum Kreml pflegen. "Melnitschenko ist in den Wirtschaftssektor involviert und sorgt für beachtliche Einnahmen der russischen Regierung", heißt es weiter in der Begründung. Zudem habe er sich gemeinsam mit 36 weiteren Geschäftsmännern am 24. Februar, dem Tag des Angriffs von Russland auf die Ukraine, mit Wladimir Putin und anderen Regierungsvertretern getroffen. Inhalt des Treffens sei eine Debatte über das Verhalten bei westlichen Sanktionen gewesen. "Die Tatsache, dass Melnitschenko zu dem Treffen eingeladen wurde, belegt, dass er ein Mitglied des engsten Kreises von Wladimir Putin ist und dass er das russische Vorgehen in der Ukraine unterstützt", heißt es in der offiziellen Erklärung der EU.

Zweite Jacht in Sicherheit

Um seine zweite Mega-Jacht, die "MY A" (IMO 1009340) muss sich Andrei Melnitschenko derzeit nicht sorgen. Sie schippert durch die Atolle der Malediven, wo momentan keine Sanktionen gegen Oligarchen greifen. Alleine ist das Schiff dort nicht: In den vergangenen Wochen steuerten immer mehr Jachten russischer Geschäftsleute die Malediven an. Einen Überblick erhalten Sie hier.

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