Verfahren Rückschlag für Trittin im Pfand-Streit

Bestätigung oder Schlappe für Umweltminister Trittin? Die Vorschriften für die Verpackung bestimmter Mineralwässer werden als Verstoß gegen die Regeln des EU-Binnenmarktes eingetuft, ebenso wie die Koppelung der Pfandpflicht an die Mehrwegquote.

Deutschland hat im Streit mit der EU-Kommission über seine Pfand- und Verpackungsvorschriften einen Rückschlag vor dem Europäischen Gerichtshof erlitten. Der EU-Generalanwalt empfahl dem Gerichtshof am Donnerstag in Luxemburg, die Vorschriften für die Verpackung bestimmter Mineralwässer als Verstoß gegen Regeln des EU-Binnenmarktes einzustufen. Deutliche Kritik übte er auch an der Regelung, dass sich die Pfandpflicht an der Höhe der Mehrwegquote orientiert. Falls der Europäischen Gerichtshof (EuGH) der Empfehlung des Generalanwalts folgen sollte, könnte dies nach Einschätzung von EU-Experten die Position der EU-Kommission im Streit um Dosenpfand stärken. In den weitaus meisten Fällen folgt der EuGH den Empfehlungen der Generalanwälte, er kann aber auch davon abweichen.

Trittin sah sich bestätigt

Umweltminister Jürgen Trittin erklärte dagegen, er sehe durch die Empfehlung des Anwalts das Dosenpfand bestätigt. Die Kritik an der Mehrwegquotenregelung untermauere zudem die von ihm geforderte Novelle der Verpackungsverordnung, die der unionsgeführte Bundesrat blockiere. Der Einzelhandel sprach dagegen von einem neuerlichen Schlag gegen das Dosenpfand.

Nach Einschätzung des Generalanwalts hat Deutschland gegen EU-Recht verstoßen, da es an der Quelle abzufüllendes Mineralwasser in die Vorschriften über das Pfand einbezogen hat. Für diese Mineralwässer gebe es einen besonders hohen Aufwand für Mehrweg, weil die leeren Flaschen über große Entfernungen zur Quelle transportiert werden müssten. Dies treffe ausländische Hersteller besonders hart, weshalb sie stärker als deutsche Hersteller Einweg verwendeten, erklärte der Anwalt.

Grenzwert bleibt strittig

Deutliche Kritik übte er auch daran, dass das Pfand nur greift, wenn der Anteil der Mehrwegverpackungen unter eine bestimmte Quote gesunken ist. Deutschland habe ihn nicht überzeugt, dass dies zum Schutz der Umwelt nötig sei. Unklar sei auch, warum der Grenzwert gerade 72 Prozent betragen müsse. "Es ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen verstoßen hat." Das Dosenpfand insgesamt wurde jedoch nicht in Frage gestellt. Die EU-Kommission hatte Deutschland bereits vor zwei Wochen zu Änderungen am Dosenpfand aufgefordert und andernfalls mit einer Klage vor dem EuGH gedroht. Deutschland hat noch bis Ende Juni Zeit, darauf zu reagieren.

Trittin erklärte, die Kritik des Generalanwalts bestärke ihn in der Forderung nach einer Novelle der Verpackungsverordnung. Er forderte zugleich den Bundesrat zu einer konstruktiven Haltung auf: "Die Kritik des Generalanwalts wird hinfällig, wenn der Bundesrat der von der Bundesregierung beschlossenen Novelle zustimmt." Mit der Novelle würde die Mehrwegquote als Auslöser der Pfandpflicht abgeschafft. Bislang gilt die Pfandpflicht für Bier, Mineralwasser und Limonaden. Trittin will die Verpackungsverordnung vereinfachen und das Pfand mit einigen Ausnahmen auf alle Getränke in Einwegpackungen ausweiten.

Handel verlangt Aussetzung der Regel

Der Sprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus Pellengahr, forderte Trittin auf, das Dosenpfand auszusetzen. "Die Empfehlung liegt auf der Linie der EU-Kommission und bestätigt unsere Kritik am Dosenpfand. Wenn die Richter dem Anwalt folgen, hat im Herbst die letzte Stunde für das Dosenpfand geschlagen."

DPA

PRODUKTE & TIPPS