AUTO Späher im Heck

Wenn es rückwärts geht, ist der neue Nissan primera immer auf Sendung. Eine Fernsehkamera überträgt live auf den Cockpit-Bildschirm, was hinten los ist.

Wenn es rückwärts geht, ist der neue Nissan primera immer auf Sendung. Eine Fernsehkamera überträgt live auf den Cockpit-Bildschirm, was hinten los ist.

Mal ganz machomäßig: Das ist das ideale Auto für ... Sie wissen schon. Für jene, die rückwärts nicht ohne Schrammen oder nicht unter drei Versuchen einparken können. Der neue Nissan Primera bietet nämlich ein drittes Auge - eine Rückfahrkamera, serienmäßig ab der zweiten von drei Ausstattungsvarianten. Dieses daumennagelgroße Ding, eingebaut über dem hinteren Nummernschild, hält dort Ausschau nach ansonsten nicht erkennbaren Hindernissen. Ganz ehrlich: Auch ungeübte Mannsbilder werden über dieses wachsame Helferlein erfreut sein. So was gibt¿s sonst nirgendwo. 20000 Kunden will Nissan ab März 2002 jedes Jahr in Deutschland erobern. 7000 mehr als mit dem Vorgängermodell. Ob der Primera prima ist, klärt der stern-Fahrbericht.

Glanz & Gloria: ungewöhnlich.

Hinten ein gestauchtes, leicht spitz zulaufendes Bootsheck, mittenmang eine kantige Gürtellinie, vorne eine wuchtige Schnauze. Gewagt, aber markant, weil keine glatt gestylte Einheitsware. Für Europa-Designchef Stéphane Schwarz war es wichtig, dass »die Silhouette des Autos nicht verschwimmt, wenn eine dünne Schneeschicht darauf liegt«. Unausgesprochen lässt er den Satz, dass dies bei einigen Konkurrenten der Fall ist. Richtig gelungen ist der Kombi mit seinem eleganten Rundheck - »lifestylig« nennen Marketingleute so was.

Gleiten & Geniessen: super.

Ob in der Limousine oder im Traveller, so heißt bei Nissan der Lastesel, man sitzt sehr gut, hinten wie vorne. Unebene Straßen meistert das straffe Fahrwerk gut. Und wenn man den neuen 2,2-Liter-Diesel mit 126 PS fährt, dann taucht schnell die Frage auf: Warum noch einen Benziner? Vom typischen Nagelgeräusch des Selbstzünders ist allenfalls noch beim Anlassen etwas zu hören. Ansonsten ist die Geräuschdämmung perfekt. Der Primera ist zwar keine Sänfte, jedoch eine entspannt zu fahrende, komfortable Familienkutsche. Ungewöhnlich ist die Anordnung der Instrumente. Sie sind, weil das angeblich für die Augen besser ist, in der Mitte des Armaturenbretts platziert.

Gas & Spass: hoch.

Etwas schwach auf der Brust ist der 1,8-Liter-Benziner mit 116 PS. Es gibt zwar auch einen Zweiliter-Benziner mit 140 PS, doch wer was für Kind und Kegel braucht, ist am besten mit dem Diesel-Kombi bedient. Bei dem geht die Post ab. Der Geradeauslauf ist untadelig. Durchzugsstark dampft er auch unangestrengt und zügig jeden Berg rauf. Enge Serpentinenstrecken meistert der Wagen sicher und souverän. Allenfalls ein leichtes Übersteuern (Schieben über die Hinterräder) ist zu spüren, wenn die Kurve mal zu schnell angegangen worden ist. Serie beim Diesel (und dem Zweiliter) ist ein Sechsganggetriebe. Wahlweise gibt es eine stufenlose Automatik. Wobei die sechs Gänge fast die bessere Empfehlung sind. Sie flutschen nicht nur exakt, sie sind auch passend abgestuft. Die Lenkung ist angenehm direkt, die Bremsen beißen herzhaft zu.

Drum & Dran: reichlich.

Schon in der Basisversion gibt¿s eine Klimaautomatik, eine Isofix-Kindersitzvorrichtung hinten und einen Bordcomputer, der auch Reichweite, Durchschnittstempo sowie Verbrauch berechnet. Variante zwei bietet neben der Rückfahrkamera zum Beispiel einen Regensensor zum automatischen Ein- und Ausschalten der Scheibenwischer, Sitzheizung vorne und einen Farbbildschirm. Im Topmodell gehören noch starke Xenon-Scheinwerfer sowie ein exzellentes DVD-Navigationssystem zur Serienausstattung. Doch leider gibt¿s im neuen Primera nicht die pfiffigen Schlaufen (für Schirme), Netze (für rumrollendes Gut) und Häkchen (für Einkaufstüten) wie im kleineren Almera.

Geld & Wert: gut.

Der Kunde bekommt schon beim Einstiegsmodell viel Auto. Auch das Sicherheitspaket (von ABS über Gurtstraffer bis hin zu Seitenairbags) ist auf der Höhe der Zeit. Ein kleines Manko ist allerdings, dass der Schleuderverhinderer ESP für den kleinen Benziner und den Diesel erst ab Sommer 2002 geliefert werden kann.

Fazit

Ein geglückter Wurf mit guter Verarbeitung, allerdings wenig Ausstrahlung. Da hilft auch der Gag mit der Kamera wenig.

Harald Kaiser

Von Harald Kaiser

Fotos: Hanns-Jörg Anders