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Mobilität in Städten Die lautlose Gefahr: Der Boom der E-Scooter rollt nach Deutschland

E-Scooter
Der Pressesprecher der Stadtwerke Bamberg, Jan Giersberg, fährt mit einem Elektro-Scooter des US-amerikanischen E-Scooter-Sharing Anbieters "Bird". Bamberg wird die erste Stadt in Deutschland sein, in der E-Scooter auf die Straßen kommen sollen. 
© Nicolas Armer/ / Picture Alliance
Sie sind schnell, lautlos und gelten in vielen Städten als Revolution: E-Scooter sind das große neue Ding auf den Straßen. Jetzt kommen sie auch nach Deutschland - während in anderen Ländern die Regeln nach Todesfällen verschärft werden.

Es geht um die "letzte Meile", also das Stück zwischen U-Bahn-Station und Arbeitsplatz oder Bushaltestelle und der Haustür. Offenbar ist die Menschheit für diese Entfernungen nicht geschaffen - anders lässt sich der Hype der neuen E-Scooter kaum erklären. In vielen Städten rund um den Globus erobern die kleinen Flitzer die Straßen und Bürgersteige. 20 Stundenkilometer schafft man mit ihnen. Nach Gebrauch lassen sie sich platzsparend verstauen. Super praktisch also. Doch die Roller haben ihre Tücken.

In Deutschland wurde jüngst eine Zulassung der "Fahrzeugklasse der Elektrokleinstfahrzeuge" auf den Weg gebracht. Noch 2019 könnten die Flitzer also ganz legal über Deutschlands Straßen zischen. Natürlich unter gewissen Auflagen: Die Roller dürfen zwischen 12 und 20 km/h schnell sein und müssen auf dem Radweg genutzt werden.Gibt es keine Radwege, darf man auch auf die Straße ausweichen. Sind die Roller langsamer, dürfen sie auch auf den Fußweg. Außerorts dürfen die Scooter auf dem Radweg genutzt werden. Gibt es den nicht, dann tut es auch die Straße. Unterm Strich kann man zusammenfassen: Langsame Geräte dürfen quasi überall fahren, schnellere eigentlich auch. Und somit ist die Verwirrung perfekt.

Auto gegen Fahrrad gegen Roller gegen Fußgänger

Klar ist: Mit dem Go für die Roller kommt ein neuer Verkehrsteilnehmer auf die Straßen - und somit in die Hackordnung. Radfahrer müssen sich mit ihnen auf dem Radweg arrangieren, Fußgänger müssen ihnen aus dem Weg gehen. Und für Autofahrer kommen kleine, wendige und verflucht schnelle Flitzer dazu, die sie bei einbrechender Dunkelheit noch besser übersehen können als Radler.

Die Hoffnung in die kleinen Geschosse ist schon vor dem Zulassungsstart überzogen. Denn wer glaubt, dass Autofahrer in der Stadt sich von ihrem Vehikel trennen, müssen enttäuscht werden. Die Roller werden eher mal auf dem Arbeitsweg eingesetzt, wenn man eh die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt. Wer weniger Autoverkehr in den Städten will, muss den Nahverkehr brutal ausbauen und verbessern. Da sind Roller ein Baustein im Promillebereich.

Allerdings gibt der Erfolg den Flitzern recht. Weltweit rollern sie durch die Metropolen. Singapur,  San Francisco,  Paris - die Liste der Städte, die von Scootern erobert werden, ist lang. Doch es gibt eine zweite Liste - nämlich die, mit den Städten, die sich vom Scooter-Hype schon wieder verabschieden. 

In Spanien werden die Regeln verschärft

So verschärfen Spaniens Städte die Regularien für die Roller nach etlichen Unfällen. Bei einem Zusammenstoß wurde eine 90-jährige Frau tödlich verletzt. Nun greift Madrid durch. Die Roller dürfen nicht mehr auf Gehwegen, vielen Straßen und der Busspur benutzt werden. Nur noch Fahrradwege und einige Tempo-30-Zonen sind zulässig. Städte wie Barcelona und Valencia haben bereits strengere Regeln eingeführt. 

Auch in den USA sieht man den Boom nicht unkritisch. Denn dort werden die Roller häufiger geliehen als direkt gekauft - und so fahren viele Menschen den Scooter ohne Helm. Eine gefährliche Idee, schließlich brettern die Flitzer mit bis zu 20 km/h über die Straße. Vor allem Fußgänger sind gefährdet. "Bei einer Kollision mit 20 km/h kann es Schwerverletzte geben", sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der deutschen Versicherer, zum "Tagesspiegel". Eine Untersuchung einer Verbraucherschutzorganisation aus den USA, die 100 Kliniken, sowie Polizeireviere und weitere Einrichtungen befragt hat, zeigt: Innerhalb von rund 18 Monaten kam es zu zahlreichen Unfällen. Allerdings ist die Nutzung der Roller in den USA quasi überhaupt nicht reguliert.

Ohne Versicherung geht es also nicht. Was Experten in Deutschland allerdings Kopfzerbrechen bereitet, ist die Altersfreigabe dieser Rolle: Schon Zwölfjährige dürfen die 12-km/h-Scooter nutzen, ab 14 Jahre sind sogar die 20-km/h-Flitzer drin.

Doch in dem Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stehen noch mehr Punkte, die dem Unfallforscher Brockmann nicht gefallen. Auch E-Skateboards, Hoverboards und One-Wheeler (die ohne Lenkstange auskommen) sollen demnach bald auf Deutschlands Fußwegen unterwegs sein dürfen. "Solche Spielzeuge taugen gar nicht für den Straßenverkehr", sagt Brockmann. 

E-Scooter überrollen Car-Sharing

Nichtsdestotrotz: Die Deutschen scheinen heiß auf diese neuen Geräte. Schon jetzt kann man sich bei vielen Sharing-Scooter-Firmen registrieren und anmelden. Kommt das "Go" aus dem Bundesrat, dann flitzen die Roller bald los.Die Anmeldezahlen zumindest scheinen die Erwartungen zu übertreffen. "Wir werden eine wahnsinnige Dichte an Fahrzeugen haben. Die Kickscooter hätten meiner Ansicht nach durchaus das Potenzial, an einigen Stellen der Stadt zu Chaos zu führen", sagt Gunnar Froh, der als Gründer von "Wunder Mobility" Software für verschiedene Sharing-Konzepte anbietet, zur "Welt". So umfasse die Flotte des Car-Sharinganbieters Car2Go in Hamburg rund 900 Fahrzeuge. Laut Froh würden in der zweiten Jahreshälfte in Hamburg bis zu 15.000 Scooter fahren.

Quellen: Welt; Tagesspiegel; ADAC  

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