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China-Autos in Peking Die bunte Qual der Wahl

Die Peking Motor Show ist das große Heimspiel der China-Hersteller. Geely, BYD, Dongfeng und Co. präsentieren freche Kopien ebenso wie solide Limousinen, stilsichere SUVs und monströse Studien. Manchmal heißt es aber auch: Schade, schon kaputt!

Auf dem chinesischen Automarkt tummeln sich derzeit 476 Modelle. In diesem Jahr kommen 82 neue hinzu, so viele wie noch nie. 52 davon stammen von einheimischen Herstellern. Die meisten Neuheiten sind kleine bis kompakte Limousinen sowie SUV, die in China in allen Variationen immer populärer werden.

Dongfeng zum Beispiel zeigt ein hochbeiniges SUV mit kompakten Abmessungen, Youngman Lotus den schnittigen T5 mit langer Motorhaube und schmalen Scheinwerfern. Der Pick-Up Wingle 5 von Great Wall erinnert von vorn ein wenig an den VW Amarok. Der V5 von Brilliance ist eine freche Kopie des BMW X1 – aber Brilliance ist bekanntlich BMWs Joint-Venture-Partner in China, da könnte man das Design auch als Beweis freundschaftlicher Zusammenarbeit interpretieren.

Bei den Limousinen tummeln sich ebenfalls diverse Neuheiten. BYD ("Build your dreams") zeigt die neue Generation des kompakten F3. BAIC zeigt den C70G sowie als Designstudie den riesigen C90L. Zu den Elektroautos der Messe zählt der Winzling Dongfeng E30L, der ganz offensichtlich vom Smart inspiriert ist. Zusammen mit Daimler hat BYD die neue Elektroauto-Marke Denza aus der Taufe gehoben und zeigt in Peking das erste Ergebnis. Der blaue Stromer mit gegenläufig öffnenden Türen soll in seiner Serienversion 2013 auf den Markt kommen. Man sei mit den Plänen für Denza "voll auf Kurs", betont Daimlers China-Chef Ulrich Walker - dabei sind BYDs magere Hybrid-Verkaufszahlen und Verzögerungen bei der Auslieferung des Stromers E6 fast schon ein Running Gag in China.

Einer der wenigen Sportwagen aus chinesischer Produktion steht bei JAC im Rampenlicht. Das Heyue SC Coupé sieht von hinten mit seinen teils frei stehenden zylinderförmigen Rückleuchten ein bisschen nach Ferrari aus und könnte 2014 in Serie gehen. Wenig sportlich dürften allerdings die Fahrleistungen sein, unter der Haube werkelt ein gewöhnlicher 2,4 Liter großer Benzinmotor mit nicht gerade rekordverdächtigen 162 PS.

So schillernd und bunt das Angebot der rein chinesischen Autobauer auch ist, gegen die Übermacht der Riesen Volkswagen oder GM inklusive deren Joint-Ventures mit einheimischen Firmen kommen sie nicht an. Die Marke VW hat 15% Marktanteil, gefolgt von Nissan (6%), Toyota (5,8%) und Buick (5,6%). Hersteller wie Chery (4,5%), Geely (3,7%) und BYD (3,6%) landen weit abgeschlagen und haben im Vergleich zu VW oder GM auch eine deutlich höhere Überproduktion. Der einst erfolgreiche BYD F3 ist aus den Top Ten der Verkaufscharts auf den 16. Platz abgerutscht. Das meistverkaufte China-Auto ist derzeit der Voleex C30 von Great Wall.

Die einheimischen Marken profitierten davon, dass die Regierung in Krisenzeiten Kaufanreize für kleine Fahrzeuge setzte. Zurzeit wachsen aber vor allem die Luxusmarken und ganz besonders deutsche Hersteller. "Die Wartezeiten für einen VW Tiguan oder Audi Q3 sind so lang, dass die Kunden bis zu 10 Prozent über Listenpreis bezahlen, um ihr Auto schneller zu bekommen", berichtet Yu Bo vom Marktforschungsunternehmen Jato Dynamics. Das Kleinwagen-Segment dagegen darbt vor sich hin und verlor im ersten Quartal 2012 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 10%, bei den Minis waren es sogar minus 30%.

Bei allen Problemen lassen sich die Chinesen nicht von der Lust am Experimentieren abhalten. Die Studien in Peking sind sehenswert – und sei es manchmal auch nur wegen der puren Freude daran, dass es diese Autos nicht in Deutschland gibt. Der Crossover MG Icon zum Beispiel sieht aus, als habe ihn der Designer mit einem Mini Coupé als Vorbild im Fieberwahn entworfen. Ebenfalls arg pompös kommt der Great Wall Haval E mit seiner Flügeltüren daher. Die Geschmäcker sind freilich verschieden. Im bekannten Autoblog "Car News China" aus Peking zum Beispiel wird gerade der MG Icon begeistert aufgenommen.Die Verarbeitung der China-Autos schwankt von Marke zu Marke enorm. In einen Roewe, MG oder Great Wall – dieser Hersteller will künftig sogar Autos wie den Haval nach Deutschland exportieren – kann man sich durchaus hineinsetzen, ohne nach kurzer Zeit von Kunststoff-Ausdünstungen oder Gerbstoffen benebelt zu sein.

Es hat aber immer noch einen guten Grund, warum bei manchen der ausgestellten Autos die Türen verschlossen sind. Bei der Hummer-Kopie HUV EQ 2050M3D von Dongfeng sind sie es nicht, und so wird das taff wirkende Geländeurviech zur peinlichen Vorstellung. Viele Plastikteile wurden nicht einmal vernünftig entgratet, ein Teil der Türinnenverkleidung zerbröckelt buchstäblich in der Hand. Unter der Haube sind viele China-Autos ohnehin weit von westlichen Standards entfernt. Direkteinspritzung und Turboaufladung werden in Peking noch als Novitäten beworben.

Press-Inform pressinform

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