"Grenadier" – ein Name wie das Stiefelknallen beim Militär. Viele Autos tragen heute nichtssagende Namenskürzel, doch beim Ineos Grenadier weiß man sofort, was einen erwartet: Ein harter Geländewagen, nach altem Schrot und Korn. Der Grenadier versteht sich als einziger würdiger Erbe des legendären Defenders. Der offizielle Nachfolger kann dann nur als Vanilla-Vehikel mit rustikaler Optik bestehen (Lesen Sie hierzu: "Land Rover Defender – Neugeburt einer Legende"). Noch rustikaler geht es nur in reinen Militärfahrzeugen zu.
Seit einem Jahr wird jeder, der sich nur entfernt für Offroader interessiert, von Ineos im Netz mit Informationen über den Grenadier gestalkt. Nun ist klar, dass der Grenadier gebaut wird, und zwar in Lothringen. Das war alles andere als selbstverständlich, aber der Bau des unzeitgemäßen Autos ist das Herzensprojekt eines exzentrischen Briten. Spätestens seit seinem Einstieg in BPs Petro-Chemiesparte 2005 gilt Jim Ratcliffe als einer der reichsten Briten überhaupt. Der Legende nach soll er den BP-Deal über neun Milliarden Pfund schlammbespritzt auf einer Mountainbike-Tour in Schottland besiegelt haben.
Der wahre Defender
Es muss Ratcliffe gefuchst haben, als das Ende des klassischen Defenders verkündet wurde. Seitdem plant er den echten Nachfolger – natürlich gegen den Willen von Landrover. Der "Ineos Grenadier" wird in der ehemaligen Smart-Fabrik im lothringischen Hambach gebaut. Der Deal kam nach einem langen Verhandlungspoker zum Ende. Damit sagt der Grenadier "Bye, bye" zu Bridgend im britischen South Wales, besonders pikant: Ratcliffe war und ist bekennender Brexiter und baut den Grenadier jetzt in EU-Europa. So ist er den Märkten näher, aber das ist nicht der einzige Grund. "Hambach war eine einzigartige Gelegenheit für uns, die wir uns einfach nicht entgehen lassen konnten: eine moderne Automobilfertigungsanlage mit einer Belegschaft auf Spitzenniveau zu übernehmen", so der Ineos-Chef.
Hinzu kommt, dass Hambach im Herzen der Autoindustrie liegt. So fällt es leichter, Fachkräfte anzuwerben. Die 1300 Beschäftigten haben den Konditionen des neuen Eigentümers zugestimmt. Im Gegenzug gibt es eine Job-Garantie bis Januar 2026. Ratcliffe ist also vom Erfolg des Grenadiers überzeugt, denn sonst wird das ein teurer Ausflug auf den Kontinent.
Emissionsfreies Urgestein
Der Namen Grenadier setzt noch einen auf den Namen Defender rauf und spielt auf den Pub an, in dem Ratcliffe die erste Skizze des Geländewagens anfertigt. Die Motoren kommen von BMW und die Technik unter anderem von Magna. Schon Ende 2021 wird der Grenadier auf die Straßen rollen.
Langfristig soll der Grenadier in eine emissionsfreie Zukunft rollen. Ineos kooperiert mit Hyundai. Es ist anzunehmen, dass der Autobauer-Neuling so Zugang zur Wasserstoff-Technologie der Koreaner bekomm. Ein Ineos Grenadier mit Wasserstoffantrieb ist mehr als wahrscheinlich. Und passt: Ineos ist Europas größter Betreiber von Elektrolyse-Anlagen, die erneuerbare Energien nutzen, um Wasserstoff herzustellen. Der Konzern produziert neben den Elektrolyse-Anlagen jährlich weitere 300.000 Tonnen Wasserstoff, die quasi als Abfallprodukt in den Chemiebetrieben abfallen.
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