Wer in China etwas auf sich hält, sitzt hinten - hinten rechts. Ins Steuer greift auf den überfüllten Straßen in den Innenstädten von Peking oder Shanghai ein Chauffeur. Was in den USA oder Europa allenfalls für Vorstände und das absolute Topmanagement Realität gilt, ist in China schon ein paar Klassen darunter an der Tagesordnung. Kein Wunder, dass nicht nur die automobile Topliga mit Audi A8, Mercedes S-Klasse, Jaguar XJ oder BMW 7er ausschließlich mit langem Radstand unterwegs ist, sondern auch die Oberklasse darunter mit A6, E-Klasse oder 5er. Weil die Nachfrage immer größer wird, gibt es einen Downsizingtrend der chinesischen Art und es werden längst auch Mittelklassemodelle wie VW Passat, BMW 3er und Audi A4 mit verlängertem Radstand angeboten. So wird die Fahrt ins Büro, die im täglichen Endlos-Stau mehrere Stunden dauern kann, überhaupt nur erträglich.
Nachdem die internationale Konkurrenz vorgelegt hat, hat nun auch Mercedes seine noch junge C-Klasse als Langversion mit acht Zentimetern mehr Radstand auf den chinesischen Markt gebracht. Wie es sich in China gehört aus lokaler Produktion im Mega-Werk im Süden von Peking, wo unter anderem auch GLK, E-Klasse und ab Januar auch der GLA vom Band laufen. Von außen ist die verlängerte C-Klasse abgesehen vom Zusatzbuchstaben am Heckdeckel erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Innen sieht das ganz anders aus, denn wer die Fondtür öffnet, blickt auf ein deutlich gewachsenes Platzangebot in der zweiten Reihe. Erst einmal Platz genommen, können die Beine locker übereinander geschlagen werden, denn der Beifahrersitz ist elektrisch zumeist ungenutzt nach vorne gefahren worden. Im Fond genießt der Chauffierte eine verlängerte Sitzfläche, sowie Komfortkopfstützen, mit denen sich ein automobiles Nickerchen geradezu aufdrängt. So üppig die Beinfreiheit auch dimensioniert ist, so wenig Platz gibt es für den Kopf, denn mit über 1,80 Metern Größe heißt es insbesondere mit dem optionalen Panoramadach Abstriche bei der Frisurengestaltung machen.
Auf Wunsch gibt es im Mercedes C 260 L Rollos oder abgedunkelte Scheiben rundherum für die nötige Privatsphäre sowie eine getrennte Klimaregelung, Panoramadach und eine Sitzheizung. Serienmäßig ist ab der 260-L-Variante das große Comand-Navigationssystem sowie eine WLan-Funkwabe, sodass im Fond mit Computer oder Tablet-PC gearbeitet werden kann. Ein kurzer Film nach einem langen Arbeitstag: kein Problem. Aufgrund der bisweilen schlechten Straßen abseits der vielspurigen Cityautobahnen macht sich das Komfortfahrwerk der ausgedehnten C-Klasse angenehm bemerkbar. Die Luftfederung wird erst ab 2015 verfügbar sein, wenn die größeren Sechszylindermodelle C 350 L und C 450 L ebenso nachgereicht werden wie die Basisvariante des C 180ers. Erwartete Volumenmodelle dürften jedoch der Mercedes C 200 L und der C 260 L sein, wobei der größere dem europäischen C 250 entspricht. Angetrieben von einem aufgeladenen Zweiliter-Vierzylinder muss es für die Fahrt ins oder aus dem Büro kaum mehr als die hier verfügbaren 155 kW / 211 PS und 350 Nm maximales Drehmoment sein. Die 241 km/h Höchstgeschwindigkeit lassen sich auf Chinas Straßen selbst dann nicht ausfahren, wenn diese einmal leer sein sollten. Der Normverbrauch: 6,7 Liter Super.
Der Basispreis für den 184 PS starken Mercedes C 200 L liegt bei 369.000 RMB (rund 48.000 Euro); der C 260er kostet mit langem Radstand mindestens 479.000 RMB (63.000 Euro). Da vor Ort produziert wird, sind die strammen Preise aufgrund der fehlenden Strafsteuern jedoch günstiger als die der kurzen Importversionen. Ein Export der langen C-Klasse nach Europa ist ausgeschlossen. Wer hier mehr Platz benötigt, muss sich hier mit den größeren Versionen der E- und S-Klasse behelfen. Dort gibt es auch weitere Luxusdetails wie klimatisierte Rücksitze oder eine Rücksitz-Bildschirmsystem, das der chinesischen C-Klasse mit langem Radstand vorenthalten bleibt.