Studien auf der IAA Abgespacte Stromer

Studien mit Elektro- und Hybridantrieb beschwören die ferne Zukunft und sehen dabei aus, als wollten sie das All erobern. Am überzeugendsten bekommt der "alte" Smart den Spagat zwischen Vision und Alltag hin.

Eigentlich sollte das Zeitalter der Stromautos schon morgen beginnen. Von den Stromstudien wirken etliche allerdings noch wie gut gemeinte Versuche, nur wenige haben eine Reife erreicht, der bereits in die Richtung der Serienfertigung weist. So fehlt es nicht an Belegen für die vielbeschworene Aufbruchstimmung, aber am Nachweis einer bezahlbaren Alltagstauglichkeit, die den Kunden überzeugen könnte.

Das Design der emissionsfrei fahrenden E-Autos wirkt häufig seltsam unentschlossen. Man spürt die Unsicherheit der Karosserieschneider geradezu. Manche Studie soll nicht allein den Stromantrieb beherbergen, sondern muss auch alle anderen Designerträume erdulden. Das Ergebnis sind Fahrzeuge aus einem Science-Fiction-Film. Wer mit so futuristischen Entwürfen aufwartet, verschreckt die Kunden. Bleiben die Designer aber bei konventionellen Formen, dann werden sie jene Kunden nicht gewinnen, die sich als Avantgardisten profilieren wollen. Und solange das Stromauto eine sehr kostspielige Alternative zum Benziner ist, sollte es zur Belohnung für den Käufer auch äußerlich etwas Besonderes ausstrahlen.

Einen Ausweg aus dem Dilemma bieten die Studien im Kabinenroller-Design an. Sie sind konsequent als Spaßfahrzeuge entwickelt. Ob der Umwelt allerdings wirklich mit einer Gattung wilder City-Hornissen gedient ist, die von Trendsettern als Drittfahrzeug angeschafft werden, ist eine andere Frage. Erstaunlich gut schafft der Smart den Sprung in die Zukunft. Die Studie Forvision ist ganz Vision und bleibt dabei Smart. Ausgerechnet der "alte" Smart scheint wie geschaffen für den Elektroantrieb.

Mercedes startet Neuanfang in der Kompaktklasse

Die Aufgabe für die neuen B-Klasse ist prosaischer: Mit einem Gewaltstreich soll sie den VW Touran entthronen. Die B-Klasse soll aus einer Zwischen- und Verlegenheitsgröße heraus wachsen und zum künftigen Maß der Dinge im Segment der kompakten Vans werden. Die Vernunft-Alternative zur Limousine und zum Kombi trägt das dickste Heck, das man sich ausmalen kann. Die Frontpartie kann direkt neben dem Antlitz eines Mercedes SLS bestehen. Weil die B-Klasse fast alles können soll, demonstrieren etliche Versionen ihre Möglichkeiten. Lackiert im Taxi-Elfenbein wirkt das Gefährt wie der legitime Erbe der Londoner Mietdroschken.

Concept A-Class heißt die Studie eines schnittigen Nachfolgers der gegenwärtigen A-Klasse. Sie belegt, dass Mercedes den Sonderweg in der Kompaktklasse, den man vor 16 Jahren mit der hochbeinigen A-Klasse eingeschritten hat, abbricht. Jüngere Kunden soll die nächste A-Klasse gewinnen. Die frische Optik gefällt, aber es stimmt nachdenklich, dass Mercedes jetzt den Pfad geht, den BMW schon seit Jahren mit 1er beschreitet. Ältere Kunden werden beim Mercedeshändler verärgert feststellen, dass sie offenbar mitsamt dem Fahrzeug ausrangiert werden sollen.

Gigant VW nimmt weiter Fahrt auf

Wie man die Konkurrenz an die Wand fährt, zeigt der VW-Konzern. Die neuen Modelle von VW, Audi, Skoda und Seat, die technischen Verbesserungen des Konzerns, in Verbindung mit einem durchgehend schlüssigen Design treiben den Dampfer VW weiter an, damit er die Welt erobern kann. Zum VW-Universum gehören so gegensätzliche Autos wie der VW Up und der neue Porsche 911 Carrera. Beide setzten Maßstäbe in ihrem Bereich. Der Up ist der kleinste von VW und er hat das Zeug zum Größten. Von Angesicht zu Angesicht wirkt er besser als auf den Fotos. Man möchte sich beim ersten Anblick auf den Fahrersitz werfen und sofort durch Frankfurt wieseln. Der neue 911 ist ein Ereignis: Nicht nur für Porsche, sondern für die gesamte Sportwagenwelt. Mit ihm wird klar, dass verantwortungsbewusste Renner heutzutage so mit den Ressourcen umgehen können, dass sie eine Zukunft haben.

Der Zukunft sollen auch die neuen Alternativkonzepte von BMW entgegenfahren. Das i3 Concept setzt im Design beispielhaft den fließenden Strom in Form um, und es behält trotz futuristischem Auftritt die nötige Nähe zur Formensprache von BMW. Gleichzeitig flott und markentreu sind ebenfalls Opel Ampera und der Ford Evos Concept. Technoid und alltagstauglich wird der Ampera der Marke zu neuem Leben verhelfen und er hat das Zeug dazu, wieder Kunden zu finden, die stolz darauf sind, einen Opel zu fahren. Auch hier ist der Preis gewöhnungsbedürftig. Doch wenn Opel darauf pocht, das alltagstauglichste Stromfahrzeug anzubieten, muss die Konkurrenz schweigen.

Die SUVs dominieren

Für eine echte Überraschung haben die Italiener gesorgt. Dass Maserati irgendwann ein SUV mit der Technik des Jeep Grand Cherokee herausbringen würde, war zwar bekannt, aber der protzige Maserati Kubang legte in Frankfurt nun einen Frühstart hin. Die Mischung aus BMW X6 und Porsche Cayenne, verfeinert durch italienisches Design und Maserati-Motoren, dürfte 2013 auf die Straße rollen. Überhaupt kann die IAA 2011 auch SUV-Messe genannt werden. Dem Kubang gegenüber steht der Jeep Cherokee SRT8. Das 470 PS starke, mit massiven Schwellern bestückte Ungetüm ist mit 255 Km/h der schnellste Jeep aller Zeiten.

Deutlich bescheidener und zukunftsfähiger ist der Mazda CX-5. Die Weltpremiere der Japaner bringt weniger auf die Waage als ein VW Tiguan und verbraucht mit Dieselmotor im Schnitt weniger als fünf Liter pro 100 Kilometer. Der Mazda ist nicht nur ein formal gelungener SUV: Intelligenter Leichtbau und motorische Gründlichkeit sorgen für Zukunftsfähigkeit ohne aufgesetzten Futurismus. Schon im nächsten Frühjahr kommt der CX-5 auf den deutschen Markt.

Wagen für den Alltag

Dass Ford nicht nur aus Zukunftsvisionen und alternativen Antrieben besteht, demonstriert neben dem für eine Serienproduktion untauglichen Flügeltüren-Coupe Evos der neue Focus ST. Von ihm gibt es neben der Schrägheckvariante auch den Turnier in der erstaunlich seriös auftretenden Muskelversion. Fiat hat seinen Panda mit einem gut bemessenen Wachstumsschub aus dem Kindergarten abgemeldet. Der rustikale Billig-Charme des Ur-Pandas ist wie weggeblasen. Minimalismus war gestern, der neue Panda überzeugt bei der ersten Sitzprobe sogar hinten mit einer guten Kopffreiheit. Wer mehr Platz für Kind und Kegel benötigt, sollte einen Blick auf den Hyundai i40 Kombi werfen. Eine Nummer kleiner können es die Koreaner ebenfalls, der Golf-Gegner i30 feiert in Frankfurt Weltpremiere. Routinearbeiten erledigen die meisten der japanischen Marken: Honda mit dem bulligeren Civic in der Neuausgabe und Toyota mit diversen Novitäten.

Kra/MID/PressInform