Rückrufe Imagedesaster auch für Nobelmarken

Gestresste Autobesitzer, unfreiwillige Werkstattaufenthalte, milliardenschwere Kosten für Autobauer und Zulieferer und massive Imageschäden - Rückrufe stellen eine zunehmende Belastung der Beziehungen zwischen Käufern und Autobauern dar.

Allein in Deutschland sind im vergangenen Jahr 1,4 Millionen Autos und ihre Besitzer von Rückrufen betroffen gewesen, berichtet das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Weltweit dürften es eine zweistellige Millionenzahl gewesen sein.

Laut KBA stieg die Zahl der Rückrufe in Deutschland im Vorjahr um 41 Prozent. Und nach Expertenschätzung werden es noch mehr, denn die steigende Modell- und Variantenvielfalt erhöhe die Rückruf- Häufigkeit. "Als Regel kann gelten, je größer das Modellangebot eines Herstellers ist, umso größer die Rückrufzahl", meint das Prognose- Institut B&D-Forecast in Leverkusen.

Rückrufe sind keine Pannen

In der Analyse von B&D-Forecast liegt mit Mazda ein japanischer Hersteller mit elf Rückrufen in Deutschland im Zeitraum von Juni 2003 bis Juni 2005 an erster Stelle. In der Pannenstatistik des ADAC steht Mazda allerdings seit zwei Jahren auf Platz 1. Dies ist nur scheinbar ein Widerspruch - Pannen im automobilen Alltag und Rückrufe des Herstellers, um einen meist von den meisten Kunden noch gar nicht bemerkten Fehler auszubügeln, sind eben zwei paar Schuhe. Nach Mazda rangieren in der Rückrufliste übrigens BMW und Renault auf Platz zwei (jeweils neun), gefolgt von Mercedes-Benz (acht).

Der Automobilforscher Prof. Ferdinand Dudenhöffer ist der Meinung, dass Rückrufe zwar eine hohe negative Öffentlichkeitswirkung haben. "Aber über die Qualität der Fahrzeuge sind sie nur beschränkt aussagekräftig." Dies wird vielleicht auch daraus deutlich, dass etwa die russische Marke Lada im Untersuchungszeitraum von B&D Forecast keinen Rückruf hatte, die unbestrittenen Qualitätsweltmeister von Toyota aber deren fünf. Wie es in der Analyse heißt, sind es übrigens überwiegend mechanische Mängel (65 Prozent), die zu Rückrufen führen. Die vielgescholtenen Elektronik/Elektrik macht dagegen bislang "nur" ein Drittel der Rückrufe aus - Tendenz allerdings steigend.

Problem der Zulieferer

Weil zu über 80 Prozent Zulieferer-Teile betroffen sind, fordern Experten eine Verbesserung des Qualitätsmanagements der Hersteller. Dann könnten die deutschen Autobauer das Thema Qualität neu besetzen, weil die Japaner auch keine besseren Konzepte hätten, meint Dudenhöffer. Nachdem Mercedes-Benz im März eine Rückruf-Aktion für 1,3 Millionen Autos publik machte und zuvor schon mit BMW Opfer eines Dieselpumpenproblems des Zulieferers Bosch geworden war, machte sich der Konzern daran, die Prozesse im Qualitätsmanagement mit den Zulieferern zu verbessern. Denn ein Rückruf kostet viel Geld - bei Mercedes schätzt man einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Zählt man die Rückrufe zusammen, summieren sich die Beträge schnell auf Milliarden.

Mercedes-Image lädiert

Das Kraftfahrtbundesamt ist übrigens durchaus erfreut, dass die Autokonzerne das Zentrale Fahrzeugregister der Flensburger Behörde immer häufiger für ihren Rückrufaktionen nutzen. Dies sei eine effektive und wirksame Methode, erhebliche Mängel für die Verkehrssicherheit zu beseitigen. Die betroffenen Konzerne dürften das nicht ganz so positiv sehen. Denn der Imageschaden für sie ist oft gewaltig und hält noch an, wenn die Probleme schon beseitigt sind: Obwohl bei Mercedes hauptsächlich nur die E-Klasse betroffen war und Konzernchef Schrempp seit Februar immer wieder beteuert, dass die Fahrzeuge, die jetzt von den Bändern rollen, so gut wie nie zuvor seien, kommt das Thema immer wieder neu aufs Tapet. Noch schlimmer geht es italienischen Automarken wie Fiat oder Alfa Romeo. Deren dramatische Qualitätsmängel aus den 70er und 80er Jahren hängen ihnen noch heute wie ein Klotz am Bein.

Frank Heidmann/DPA

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