Auf dem Papier scheint die Sache klar zu sein: Da ist Segas "Beijing 2008" vorn mit seinen 38 vom IOC abgesegneten Disziplinen, mit seinen offiziellen Rekorden und den Original-Austragungsstätten. "Summer Athletics" wartet hingegen mit einem Fantasiestadion, mitunter Fantasieweiten, einem affigen Maskottchen und einem Dutzend Wettbewerbe weniger auf. Die schlechte Nachricht also ist: Wer Kajak fahren, diverse Turnübungen am Boden, Barren oder an den Ringen vollführen oder gar mit der Schnellfeuer-Pistole auf Medaillenjagd gehen möchte, wird hier nicht glücklich. Die gute Nachricht ist jedoch: Man muss kein Judo, Tischtennis oder Skeetschießen ertragen, die sich bei "Beijing 2008" als äußerst öde Veranstaltungen erwiesen. Und: Mit den 4x100-Meter-Staffeln im Sprint und beim Schwimmen gibt es tatsächlich Disizplinen, die Sega nicht berücksichtigte.
Das Gros der Sportarten ist jedoch deckungsgleich. Hier wie da gibt es die üblichen Leichtathletik-Verdächtigen, das Turmspringen, das Radbahn-Fahren, die Schwimm-Events und das Bogenschießen. Entscheidend ist jedoch die Umsetzung. "Beijing 2008" legte mit einer ausgefuchsten Steuerung vor, die sich nur in den wenigsten Disiziplinen auf stupides Tastenhämmern oder Analogstick-Rütteln beschränkte und immer ein wenig anders funktionierte. "Summer Athletics" versucht Ähnliches. So wollen beim Hochsprung im Takt des Anlaufs die richtigen Tasten gedrückt werden, und die Haltung in der Luft muss stimmen. Beim Delfin-Schwimmen ist nur durch synchrones Kreisen der Analogsticks an Edelmetall zu denken. Beim Turmspringen müssen je nach Figur und Schwierigkeitsgrad vorgegebene Bewegungsmuster nachgeahmt werden.
Dennoch werden bei den meisten Events Hornhaut und Controller-Festigkeit über Gebühr beansprucht. Denn Rhythmus ist hier nur Silber, Rütteln dagegen Gold. So filigran eine Übung auch beginnen mag - am Ende läuft's meist auf ein übles Malträtieren des rechten Analogsticks hinaus, der so schnell wie möglich hin- und her bewegt werden will, um ordentlich Power aufzubauen. Damit lässt sich dann auch ein mieser Abwurfwinkel oder schlechtes Timing problemlos kaschieren.
Überhaupt ist "Summer Athletics" um einiges leichter ausgefallen als "Beijing 2008". Selbst auf hohem Schwierigkeitsgrad deklassiert man hier die Konkurrenz in manchen Disziplinen überdeutlich. 95 Meter beim Speerwerfen? Kein Problem. Auch mit den Regularien nimmt man's nicht sonderlich eng. Nach einem erfolgreichen Versuch tritt der Kugelstoßer gerne mal vor den Ring, was das Ganze eigentlich ungültig machen würde ...
Spannender gestaltet sich da schon der Karriere-Modus, bei dem ein selbst gestalteter Amateur-Sportler langsam zum Spitzenathlet aufgebaut wird. Nach jeder Disziplin darf trainiert werden, um Attribute wie Geschwindigkeit, Technik oder Kraft zu steigern. Dann klappt's auch mit dem Platz auf dem Treppchen.
Summer Athletics
Hersteller/Vertrieb | 49Games/dtp |
Genre | Sport |
Plattform | PS2, PC, Wii, Xbox 360 |
Preis | ca. 40 Euro |
Altersfreigabe | o.A. |
Apropos: Die Siegesfeiern in "Summer Athletics" sind an Tristess kaum zu überbieten. Eine Kamerafahrt über das Stadion, ein Close-Up der Sportler, ein kaum wahrnehmbares Feuerwerk - das war's. Grafischer Tiefpunkt einer ohnehin nicht sonderlich glanzvollen Veranstaltung, die "Beijing 2008" zu keiner Zeit das Wasser reichen kann. Zu grell und detailarm wirkt das Geschehen, zu hüftsteif wurden die Akteure animiert. So reicht's am Ende nur für Silber - trotz des günstigeren Preises und der leichten Zugänglichkeit.