Um sich von der Konkurrenz abzusetzen, müssen Streamingdienste ihre Nutzer*innen mit immer neuen Formaten überraschen. Netflix, mit 193 Millionen zahlenden Kund*innen weltweit die Nummer eins, bringt pro Monat mittlerweile ein Dutzend Eigenproduktionen an den Start. Auf diese Weise wird der Film- und Serienkatalog stetig größer.
Doch die hohe Schlagzahl hat ihren Preis: Alle Serien buhlen um das schmale Zeitbudget der Menschen, schließlich verbringen diese maximal wenige Stunden pro Tag, wenn nicht gar pro Woche vor dem Fernseher. Und da liegt es in der Natur der Sache, dass am Ende nicht alle die gleichen Abrufzahlen erreichen können.
"Glow" wird bei Netflix abgesetzt
Nun traf es die beliebte Dramedy-Serie "Glow". In der Serie geht es um die fiktionalisierte Geschichte der ersten weiblichen Wrestlingtruppe GLOW (Gorgeous Ladies of Wrestling) im Amerika der 1980er. Die erste Staffel startete im Juni 2017 und war ein Überraschungs-Hit. Im September 2019 wurde die Serie um eine vierte - und letzte - Staffel verlängert.
Doch den Abschluss werden die Fans nie zu sehen bekommen. Netflix hat die Serie mit sofortiger Wirkung abgesetzt. Der Grund dafür soll die Corona-Pandemie sein: "Covid hat reale Menschen getötet. Es ist eine nationale Tragödie und diese sollte unser Fokus sein. Covid hat zudem dafür gesorgt, dass unsere Show beendet wurde. Netflix hat beschlossen, die Dreharbeiten zur letzten Staffel von 'Glow' abzubrechen", heißt es in einem Statement der beiden Serienschöpferinnen Liz Flahive und Carly Mensch gegenüber der US-Seite "Deadline".
Die Dreharbeiten liefen dem Bericht zufolge gerade drei Wochen, als die Coronavirus-Pandemie die USA traf. Seitdem pausierten die Arbeiten an der Serie.
Netflix will die Kosten drücken
Fans stößt zunehmend auf, dass Netflix Serien immer früher absetzt und die Geschichten nicht zu Ende erzählen lässt. So wurden auch die Serien "The Santa Clarita Diet", "The Society" und "Spinning Out" beendet, obwohl diese mit Cliffhangern endeten.
Das plötzliche Aus der Show sorgt für Frust in den sozialen Netzwerken: "Bringt Glow zurück, ihr Monster", versucht ein Twitter-Nutzer mit wenig taktvollen Worten den Konzern zum Umdenken zu bewegen. Die US-amerikanische Kultur-Journalistin Kristi Turnquist schreibt: "Netflix setzt Glow ab, das sowohl eine grandiose als auch frustrierend unterschätzte Show ist, die mit einem dynamischen Ensemble besetzt ist und großartig geschrieben wurde. Schlecht gemacht, Netflix. Schlecht gemacht."
Für den Konzern steht jedoch offensichtlich nicht die Kunst im Mittelpunkt, sondern die Wirtschaftlichkeit. Um den Erfolg einer Serie einzuschätzen, stützt sich das Unternehmen auf drei Parameter: Gemessen wird die Zahl der Haushalte, die eine Serie überhaupt anfangen (Starters, also Beginner), die sie ganz zu Ende schauen (Completers, Beender) und die Gesamtzahl der allgemeinen Zuschauer*innen. Netflix betrachtet dabei die Werte sieben Tage nach dem Start einer neuen Staffel, nach 28 Tagen wird nochmal ein Blick auf die Zahlen geworfen. Sprich: Wurde die Staffel in dieser Zeit zu selten zu Ende gebracht, sieht es für eine Fortsetzung schlecht aus.
Das mag radikal klingen, ist aus Sicht von Netflix aber nachvollziehbar. Denn weil immer mehr Unternehmen im Streamingmarkt mitmischen - neben Netflix sind auch Amazon, Apple, Disney und Sky große Player -, ziehen die Preise für Exklusiv-Produktionen deutlich an. Trotz der großen Zahl an Abonnent*innen verdient Netflix bislang jedoch kein Geld. Der Konzern setzt also lieber den Rotstift an, statt noch länger rote Zahlen zu schreiben.
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