Imagewandel Die Cebit zwischen den Stühlen

Neben dem Vorstandschef drängt sich eine Gruppe Computer-Kids: Die Cebit ist nicht mehr nur mehr Messe für Unternehmen und Unternehmer. Sie muss sich der zunehmenden Bedeutung der Unterhaltungselektronik beugen.

Wie sehr die weltgrößte Computermesse CeBIT nach 19 Jahren Eigenständigkeit zwischen den Stühlen sitzt, zeigte sich am Wochenende auf dem Messegelände mit all den High-Tech-Produkten besonders deutlich. Die Nobelkarossen des VIP-Service mit so manchem Vorstandschef quälten sich auf den Messe-Straßen vorbei an tausenden Computer-Kids - alle auf der Suche nach "coolen Handys" oder Computerspielen. 2004 räumte die CeBIT erstmals auch der Unterhaltungselektronik breiten Raum ein und reservierte riesige Stände für "Computer-Gedaddel". Die Zeiten, in denen etwa Microsoft verboten wurde, seine Spielekonsole in Hannover zu zeigen, liegen zwar erst einige Jahre zurück, scheinen aber längst vergessen.

Der Spagat der Computermesse gefällt nicht allen Ausstellern. Skeptisch ist etwa der Deutschland-Chef des weltgrößten Computerkonzerns IBM. Walter Raizner sagt: "Im Augenblick beklagen wir uns noch nicht." Die Branchen der IT-Industrie und der Consumer Electronic wüchsen natürlich zusammen. IBM wolle aber Informationstechnologie zeigen. Und er wird noch deutlicher: "Uns geht es nicht darum, wer das beste Spielzeug hat, sondern wer die beste IT-Unternehmenslösung bietet."

"Wir sind alle Teil einer Wertschöpfungskette"

Auf der anderen Seite stehen Firmen wie Sony oder Philips. Philips-Manager Gottfried Dutiné meint, noch vor Jahren hätten die verschiedenen Industriezweige auf der CeBIT keine Berührungspunkte gehabt. Heute ermögliche die Digitalisierung die Entwicklung von Produkten wie Foto-Handys oder Breitband-Fernseher, die keiner Branche mehr exakt zuzuordnen sind. "Heute sind verschiedene Branchen wie Telekom-Unternehmen, Inhalteanbieter oder Elektronik-Unternehmen alle Teil einer Wertschöpfungskette", sagte Dutiné.

Um den Veränderungen in der digitalisierten Welt Rechnung zu tragen, seien vermehrt Kooperationen nötig, sagt Dutiné. Und: Angesichts der tief greifenden Veränderungen habe die weltgrößte Computermesse weiter an Bedeutung gewonnen. "Die CeBIT war noch nie so wertvoll wie heute."

Für eine zukunftsfähige Cebit gibt es keine Alternative

Nach Ansicht des Branchenverbandes BITKOM vollzieht die CeBIT nur die Entwicklung des Marktes nach. "Die Grenze zwischen Business und Unterhaltungselektronik wird sich nicht mehr halten lassen - auch nicht auf der CeBIT", meint Sprecher Volker Müller. "In den nächsten Jahren wird es eine Vielzahl neuer Geräte geben, die am Arbeitsplatz, zu Haus oder im Auto eingesetzt werden." Angesichts des immer weiter voran schreitenden Zusammenwachsens gebe es auch für die CeBIT keine Alternative, "wenn wir uns nicht von der Zukunft abhängen wollen."

Das Zusammenwachsen der Medien der digitalen Welt spüren auch die Verbände. Bislang ist der mächtigste der BITKOM, der nur die Wirtschaftsseite vertritt - noch. Die Diskussion ist entbrannt - ausgerechnet bei der Vorstandssitzung auf der CeBIT. "Die Frage ist doch, in wie weit sich der BITKOM erweitern will in Richtung Unterhaltungselektronik", sagt Müller. Auf der anderen Seite gibt es die Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (gfu), den Trägerverband der Berliner Funkausstellung. Und dass die Inhalte beider Messen sich aufeinander zu bewegen, sehen auf der CeBIT viele.

Steuerung über die Eintrittspreise funktioniert noch

Die Deutsche Messe AG als Veranstalter sieht keinen gefährlichen Spagat, meint Vorstandsmitglied Ernst Raue. Aber es sei eben nicht mehr zu unterscheiden, ob ein Handy oder das Internet privat oder geschäftlich genutzt werde. Die Zielrichtung der CeBIT sei nach wie vor eindeutig die Geschäftswelt. Und in der Tat scheint das Konzept, die Besucher über die Eintrittspreise zu steuern, aufzugehen. Kaum ein jugendlicher Computerfreak zahlt werktags die 36 Euro an der Tageskasse. Er wartet auf die mit 17 Euro deutlich preiswerteren Karten am Wochenende. An den Werktagen sind die Geschäftsleute unter sich - fast jedenfalls.

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Hartwig von Saß, DPA

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