Wenn er und sein Team sich mit hart recherchierten Fakten und messerscharfen Pointen ein Thema vorknöpfen, zittern die beteiligten Unternehmen, Influencer und Politiker. Wer nun an Jan Böhmermann und sein "ZDF Magazine Royal" denkt, liegt natürlich durchaus richtig. Dasselbe stimmt aber auch für das Vorbild aus den USA. In "Last Week Tonight" nimmt sich dort or John Oliver schon seit 2014 den zahlreichen Problemen der US-Gesellschaft an. Und hat am Sonntag wohl sein Meisterwerk vollbracht.
Das eigentliche Thema des Abends ist gleichzeitig gruselig und dröge: die Datensammelei im Internet. Dass Apps und Webseiten Unmengen von Daten über uns sammeln, ist den meisten Menschen im Hinterkopf bewusst, wirklich befassen will man sich dabei eher nicht. Doch Moderator John Oliver dürften mit ihrer witzig aufbereiteten Recherche sein Publikum ziemlich sicher wachgerüttelt haben - und noch mehr die politische Elite in Washington DC.
Ein Umschlag voller Geheimnisse
Für die hatten sich Oliver und sein Team nämlich etwas besonderes einfallen lassen. Nachdem man ausführlich gezeigt hatte, in welchem Ausmaß unser Leben von Unternehmen überwacht wird und wie einfach es ist, die daraus gesammelten und frei gehandelten Daten einer Person zuzuordnen, stellte sich die Frage: Sollte man das auch mal mit den Politikern machen, die sich weigern, diesen Handel zu regulieren?
"Bei der Recherche bemerkten wir schnell, was für Unmengen an Unfug man mit frei verfügbaren Daten anfangen könnte. Man könnte etwa gezielt Kongress-Abgeordnete herausfiltern, in dem nach Männern ab 40 in einem Fünfmeilen-Radius um das Kapitol sucht"", grinst Oliver in die Kamera. "Man könnte dann spezielle Anzeigen schalten, um sie zum Klicken zu bewegen. Und so noch mehr Daten zu sammeln, um sie am Ende auch Personen zuordnen zu können", erklärt er den theoretischen Ansatz.
"Sage ich jetzt, dass wir das machen würden und die Geheimnisse etwa in einem Umschlag sammeln würden?", stellt Oliver nun seine vom Publikum geliebten rhetorischen Fragen - um dann die niederschmetternde Antwort zu geben: "Es tut mir leid Sie enttäuschen zu müssen - das werden wir nicht tun." Das enttäuschte Seufzen des Publikums kippt allerdings schnell, als er seine Irreführung mit einem "Warum sollten wir, wenn wir es längst getan haben" feixend auflöst. Und einen dicken Umschlag mit den Politiker-Daten hervorholt.
Gruselig einfache Recherche
"Ich muss zugeben: Das Ganze war scheiß-gruselig", gibt Oliver zu. Tatsächlich sei es dem Team gelungen, mit sehr geringen Kosten durch das Klicken auf die Links die Daten von Hunderten von Personen zu sammeln. Inklusive solchen, die schon durch die IP-Adresse klar als Mitarbeiter des Kapitols erkennbar waren. Aber auch andere seien klar als Politiker und ihre Mitarbeiter identifizierbar gewesen.

Diese Personen dürften nun nervös werden, vermutet der Moderator. Schließlich sei es seinem Team gelungen, die intimsten Daten über sie herauszufinden. "Wenn Sie sich nun fragen: Wie kann das legal sein? Ich denke wie Sie, dass es das nicht sein sollte", erläutert er seine Motivation. Und wendete sich direkt an die Politiker. "Sollten Sie ein Gesetzgeber sein und nun Panik haben, ob ich Ihre Daten in meinem Umschlag habe und was ich damit anstellen könnte .. Dann sollten Sie diese Angst dazu nutzen, um sicherzustellen, dass ich damit genau gar nichts tun kann", erpresst er sie unverhohlen zu einer Gesetzesänderungen.
Hoher Handlungsbedarf
Die dürften in den USA allerdings auch noch dringender nötig sein als hierzulande. Während die EU mit der DSGVO das ungebremste Sammeln von Daten zumindest schwieriger gemacht hat, ist das Internet in der Heimat der großen Techkonzerne in Bezug auf die Privatsphäre immer noch quasi rechtsfreier Raum.
Das Ausmaß hatte Oliver in der Sendung ausführlich herausgearbeitet. Ein Mann musste demnach erfahren, dass ein Büro-Handel über ihn nicht nur wusste, dass seine Tochter verstorben war. Sondern sogar die detaillierteTodesursache in ihren Akten stehen hatte. Weil es keinerlei Einschränkungen beim Handel solcher Informationen gibt, werden sie zudem nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Stalkern, Betrügern und sogar den Ordnungskräften aufgekauft. "Und schon braucht man keinen Durchsuchungsbefehl", erklärt Oliver sichtlich entgeistert.
Ob die Recherche die Politik umstimmen kann, wird sich zeigen. Einen Präzedenzfall gäbe es aber, erklärt die Sendung. In den Achtziger Jahren hatte sich ein Journalist die Kundenakte eines Politikers bei einem Videoverleih besorgt - und so die Politik in Aufruhr gebracht. Aus Angst, sich mit den angesehenen Filmen blamieren zu können, wurde sehr bald ein Gesetz zum Schutz der Daten auf den Weg gebracht. So eins wünsche er sich nun auch für das Internet, erinnert Oliver am Ende mit dem Umschlag wedelnd. "Bis dahin: Schlafen Sie gut."
Quelle: Last Week Tonight