Technik Keine Kompromisse, hohe Preise: Warum kaum noch Top-Smartphones unter 1000 Euro zu haben sind

Samsung Galaxy S23
Premium-Smartphones unter 1000 Euro werden zur Seltenheit – vom Samsung Galaxy S23 liegt nur eine Modellvariante unter dieser Grenze.
© Samsung
Mit dem Samsung Galaxy S23 hat der südkoreanische Großkonzern sein neues Flaggschiff vorgestellt. Die Preise sind nochmals deutlich gestiegen. Im Interview mit dem stern erklärt Jan Schüssler, Leiter Produktmanagent bei Samsung, woran das liegt – und wen es überhaupt stört.

Herr Schüssler, lassen Sie uns direkt über das Offensichtliche reden: Preise für High-End-Smartphones kennen in letzter Zeit kaum noch eine Grenze nach oben. Woran liegt das?

Jan Schüssler: Das liegt leider an der Marktsituation. Komponenten und Lieferketten sind teurer geworden, während die Ansprüche der Kunden aber natürlich nicht sinken. Alleine Seecontainer kosten mittlerweile ein Vielfaches von dem, was wir vor wenigen Jahren noch bezahlt haben. Bei Geräten, wo wir keine Abstriche machen wollen, führt das eben zu den Preiserhöhungen. Trotzdem ist uns der Einstieg unter 1000 Euro gelungen.

Der liegt bei 949 Euro – das stimmt. Allerdings handelt es sich dabei um das Gerät mit dem geringsten Speicherplatz, nämlich das einzige mit 128 Gigabyte. Das Gerät mit doppeltem Speicher kostet 1009 Euro – warum nicht 10 Euro weniger und weg mit dem Einstiegsmodell?

999 Euro sind weniger als 1000 – rechnerisch korrekt. Aber ein bisschen weiter weg vom vierstelligen Betrag wollten wir dann doch sein. Jemand, der 999 Euro ausgibt, hat diese Preishürde gedanklich ohnehin schon genommen, da können wir dann mehr Ausstattung anbieten, ohne auf den letzten Cent zu kalkulieren.

Frauen bevorzugen Premium-Smartphones

Merkt Samsung, dass die Zahlungsbereitschaft der Kunden gestiegen ist oder den Kurs zumindest in unveränderter Zahl mitgeht?

Tatsächlich steigt die Zahlungsbereitschaft sogar leicht – und zwar unabhängig von der Einkommensklasse. Wer ein Premium-Smartphone kaufen will, setzt sich in der Regel keine festen Grenzen. Das erleben wir eher im mittelpreisigen Segment oder bei den Einsteigergeräten. 

Wer kauft Samsungs Top-Geräte denn typischerweise?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen, zumal wir einen erheblichen Wandel erleben. Im Ultra-Bereich verzeichnen wir über 50 Prozent weibliche Kunden – wer hätte das gedacht. 

Hat das mit vorausschauenden Käufen zu tun?

Mag sein, die Haltezeit für teure Smartphones ist deutlich länger geworden. Deshalb bieten wir auch vier Jahre Android-Updates und fünf Jahre Sicherheits-Updates. Denn wir sehen, dass viele Menschen die Geräte heute länger behalten – und dann bei neuen Smartphones eben tiefer in die Tasche greifen, weil man das Gerät dann eben jeden Tag über einen langen Zeitraum nutzt – und es natürlich auch sehr viele Aufgaben erfüllen muss.

Weiß Samsung denn, was den Kunden besonders wichtig ist? Also – womit muss eine neue Generation überzeugen, damit sie ankommt?  

Die Kamera ist ohne Zweifel das wichtigste Kaufargument für ein Smartphone. Das hat einen einfachen Grund: Die Leistung ist am einfachsten zu bewerten. Ich mache ein Foto, schaue es mir an und kann einschätzen, ob das besonders gut oder eher schlecht ist. Deswegen lassen sich Top-Smartphones mit einer sehr guten Kamera leichter vermarkten, als wenn man nur über die Prozessoren geht. Die wenigsten Menschen brauchen die Mehrleistung, die von Jahr zu Jahr in den Geräten landet, im Alltag. Bei Fotos ist das anders – da freut man sich immer noch über herausragende Ergebnisse und ist dann froh, das entsprechende Gerät gekauft zu haben – man hat etwas messbares in der Hand, dass gleichzeitig für viele Nutzer eine wichtige Bedeutung hat.

Und was ist mit der alten Marschrichtung schneller, dünner, leichter?

Ich glaube, da haben wir bei vielen Dingen einfach die optimale Situation erreicht. Wenn man die Geräte heute in eine bestimmte Richtung baut, büßt man an anderer Stelle liebgewonnene Eigenschaften ein. Macht man ein Smartphone dünner, wird es instabiler, macht man die Rückseite bündig mit den Kameras, wird es zu dick. Baut man dann noch größere Akkus ein, wirkt es erst einmal grundlos schwerer – was sich dahinter verbirgt, spielt beim ersten Eindruck keine Rolle. Und was die Kameras angeht: Das mag bei einem nackten Gerät unschön wirken, aber mehr als 60 Prozent aller Smartphones landen ohnehin in einem Cover.

Ist der Exynos tot?

Wir haben eben über den Prozessor gesprochen. Wer aufgepasst hat, dem fällt auf, dass Samsung in der S-Klasse keinen hauseigenen Chip mehr verbaut, sondern wieder auf einen Zulieferer setzt. Ist der Exynos tot?

Der Exynos Prozessor findet weiterhin sein Zuhause in anderen Modellen – auch in der Zukunft. Wir nutzen ihn zum Beispiel in der A-Serie. Die S-Serie setzt nun wieder weltweit auf den Qualcomm – das hat unterschiedliche, teils natürlich wirtschaftliche Gründe. Samsung hat bereits im vergangenen Jahr bekannt gegeben, dass es eine engere Zusammenarbeit mit Qualcomm geben wird. Teil dieser intensivierten Zusammenarbeit ist auch, dass Qualcomm CPUs in unseren neuen Modellen der Galaxy S-Serie zum Einsatz kommen.

Man hört, dass das aber nur eine Übergangslösung ist, und Samsung eigentlich an eigenen Chips arbeitet, die spätestens in zwei Jahren wieder übernehmen sollen. Wie ist da der Stand?

Genaue Details kann ich dazu nicht rausgeben – aber ja, wir entwickeln Exynos weiter und schauen, wo er in Zukunft einen Platz findet. Es gibt auch Gerüchte, und ich gebe hier nur Gerüchte wieder, dass Samsung an einer ganz neuen Generation Chips arbeitet. Wenn man sich unseren Konzern im Ganzen anschaut, entdeckt man Samsung Semiconductor ja recht schnell. Deren Aufgabe ist es am Ende, uns, also die Samsung Electronics, als Kunden zu gewinnen. Das geht nur, wenn die Chips aus dem eigenen Hause die Konkurrenz ausstechen – beim Kunden zählt Leistung, nicht der Name.

Sollte das auch mit Investitionsbereitschaft von Samsung zu tun haben – sieht das Unternehmen das Potential vielleicht nicht mehr bei herkömmlichen Smartphones und forscht lieber in die klapp- und faltbare Richtung?

Das Segment der faltbaren Smartphones wächst rasant und Samsung ist mit weitem Abstand führend in diesem Bereich. Da jedoch unsere Kunden verschiedene Ansprüche haben, entwickelt Samsung auch die nicht faltbaren Smartphones stetig weiter und sorgt dafür, dass sie leistungsfähiger und gleichzeitig energieeffizienter werden.

Nochmal zurück zu dem S23. Welches soll ich denn nun nehmen?

In erster Linie würde ich zunächst auf den Formfaktor schauen. Soll es ein möglichst kompaktes Gerät sein? Dann kommt eigentlich nur das S23 in Frage. Darf es etwas größer sein, soll aber nicht den finanziellen Rahmen sprengen, gibt’s das Plus. Wenn das Maximum an Performance und Funktionen gewünscht ist – oder aber man ein Smartphone mit Stift möchte – dann kann es nur das Ultra sein.

Und den Stift wollen die Leute wirklich?

Seit unseren Modellen der Galaxy Note-Serie haben wir eine große Fanbase, die auf den S Pen nicht verzichten möchte. Für diese Kunden ist das S23 Ultra das perfekte Modell.

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