Tödlich, fast unsichtbar und ferngesteuert – seit Ende September 2022 setzt die Ukraine Drohnenboote ein. Mit ihrem geschlossenen Deck erinnern diese Boote an ein U-Boot, doch handelt es sich nicht um ein echtes Tauchboot. Konstruktion und Steuerung eines Boots, das komplett tauchen kann, wären sehr aufwendig. Die Ukraine nutzt Drohnen-Boote, die nur wenig aus dem Wasser herausragen und so nur einen geringen Radarschatten bietet. Das ist keine Erfindung, derartige Konstruktionen werden als "Narco-Sub" zum Drogenschmuggel verwendet.
Alles deutet darauf hin, dass die Krimbrücke von so einem Gefährt angegriffen wurde. Die Schäden zeigen keinen Einschlag einer Missile, das beschädigte Segment der Fahrbahn wurde von einer Explosion nach oben gehoben. Die Explosion erfolgte unterhalb der Brücke, vermutlich durch ein ferngesteuertes Sprengboot.
Sprengboote – eine Idee der Antike
Die Idee eines Sprengbootes ist nicht neu. Das ist ein Boot, das dazu gebaut wird, ein gegnerisches Schiff zu rammen und dabei einen Sprengsatz zur Explosion zu bringen. Schon in der Antike hat man sogenannte Brander eingesetzt. Kleine Boote, die Kurs auf die feindliche Flotte nahmen und vor dem Zusammenstoß in Brand gesetzt wurden. Die Notbesatzung ging von Bord, nachdem das Feuer gelegt wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurden Sprengboote und bemannte Torpedos von Italien und Deutschland eingesetzt. Heute baut der Iran vergleichbare Drohnen-Boote.
Beim ersten Einsatz gelang der Ukraine ein Überraschungserfolg, die Boote konnten in den Hafen von Sewastopol eindringen.
Zwei Kriegsschiffe, die Fregatte Admiral Makarov und das Minensuchboot Ivan Golubets, wurden beschädigt. Danach wurden die Erfolge spärlicher, denn die Russen legten Sperren vor ihre Ankerplätze. Militärisch ist die Bedrohung durch die Wasser-Drohnen wichtig, sie zwingt die Russen zur Vorsicht und limitiert den Einsatz ihrer Marine.
Bisher nur kleine Boote bekannt
Im September strandete ein Modell in der Nähe des russischen Marinestützpunktes in Sewastopol. Für den Einsatz gegen die Brücke dürfte ein größeres Boot verwendet worden sein. Um die Brücke oberhalb des Wasserspiegels anzuheben, muss eine große Sprenglast transportiert werden. Die bisherigen Marine-Drohnen waren nur 5,5 Meter lang und wurden vom Motor eines Jetskis angetrieben. Diese Boote wiegen nur etwa eine Tonne, damit hätte man die Brücke nicht beschädigen können.
Doch das Prinzip der Drohnen bleibt das gleiche, auch wenn die Größe variiert. Die Boote werden von einem Motor angetrieben, der innerhalb des Rumpfes angebracht ist. An einem kleinen Mast befinden sich mehrere Kameras und die Antenne. Diese Drohnen-Boote werden ferngesteuert. Läuft die Verbindung Starlink, kann die Entfernung zwischen Boot und Operator beliebig groß sein. Die Reichweite wird dann nur vom Treibstoff begrenzt.
Schwer zu entdecken
Da die Boote kaum aus dem Wasser ragen, sind sie mit einem Radar nur schwer aufzuspüren. Vor allem dann, wenn die Aufbauten mit Materialien überzogen sind, die die Radarstrahlen schlucken. Auch die Geräusche des Motors können reduziert werden, wenn Wasserströmungen bei der Annäherung ausgenutzt werden. Eine Wunderwaffe sind diese Boote nicht. Sie können leicht abgewehrt werden. Häfen und andere stationäre Anlagen können mit Netzsperren und ähnlichem blockiert werden. Vor den eigentlichen Sperren kann ein Gürtel von Sensorbojen ausgebracht werden, die jeden Eindringling entdecken. Dass der Einsatz gegen die Brücke möglich war, überrascht daher.
Diese Art von Marine-Drohnen sind einfach herzustellende, billige Waffen. Jeder Staat kann sie bauen und seine Küsten mit ihnen schützen. Im Prinzip könnten sie auch von Aufständischen oder Terroristen genutzt werden, um zivile Schiffe anzugreifen. Für den Einsatz im offenen Ozean sind sie weniger geeignet. Grundsätzlich ist die Idee eines autonomen Roboter-U-Bootes interessanter, auch wenn es technisch aufwendiger ist (Australiens Marine baut vollautonome Roboter-U-Boote). Eine autonome Tauch-Drohne könnte fast beliebig tief tauchen, weil sie keinen Druckkörper für die Besatzung benötigt. Sie könnte lange Zeit am Meeresboden unbemerkt lauern und dann plötzlich zuschlagen.