China-Handy Huawei P8 im Test iPhone süß-sauer

Metallrücken und tolle Verarbeitung: Mit dem Huawei P8 hat der chinesische Hersteller sein edelstes Smartphone geschaffen. Der stern hat es ausprobiert und sagt, ob sich der Kauf lohnt.

Huawei ist auf dem besten Wege, einer der größten Smartphone-Hersteller der Welt zu werden. In Deutschland ist der Hersteller dagegen kaum bekannt, trotz toller Geräte wie dem Huawei Ascend Mate 7. Nun bringt der chinesische Konzern mit dem Huawei P8 sein neues Spitzenmodell auf den Markt. Der stern hat es getestet und zeigt, warum Apple und Samsung vorerst keine Sorgen machen müssen.

Bereits bei der Präsentation des P8 legte Huawei viel Wert auf das Design des Gerätes. Das kann sich auch wirklich sehen lassen: Die wahlweise silberne oder Champagner-farbene Metallrückseite wirkt zusammen mit der schlicht gehaltenen Front sehr edel und liegt gut in der Hand. Auch die Verarbeitung lässt wenige Wünsche offen: Das Display und sämtliche Knöpfe sitzen fest und gleichmäßig, Spaltmaße oder scharfe Kanten gibt es keine. Lediglich der nicht exakt mittig und leicht schräg sitzende USB-Schlitz am unteren Ende irritiert - und wirkt gerade in Bezug auf die sonst makellose Umsetzung stümperhaft.

Gutes Display und viel Power

Technisch ist das P8 weitgehend auf Höhe mit anderen Spitzen-Smartphones, mit Ausnahme des herausragenden http://www.stern.de/digital/telefon/htc-one-m9-im-test-schoenling-mit-schwaechen-2182126.html;HTC One (M9) oder Samsungs Galaxy Note 4. Auch die verbauten drei Gigabyte Arbeitsspeicher entsprechen den anderen Spitzenmodellen.

Der 5,2 Zoll große Bildschirm bietet die FullHD-Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten und bietet damit stets ein scharfes Bild. Unterschiede zum höher aufgelösten Galaxy S6 sind mit bloßem Auge kaum zu erkennen, sie dürften nur den wenigsten auffallen. Auf der höchsten Helligkeits-Stufe ist das Bild etwas dunkler als bei den anderen Spitzen-Geräten, zudem hat es leider einen leichten Gelbstich. In den Optionen findet sich zwar ein Schieberegler für die Farbtemperatur, ganz ist der Gelbeinschlag aber nicht wegzubekommen. Trotzdem stellt das P8 Farben kräftig und kontrastreich dar. An Spitzendisplays à la iPhone 6 oder Galaxy S6 kommt es aber nicht heran.

Huawei P8: Magerer Speicher, gute Akkulaufzeit

Etwas mager fällt der lediglich 16 Gigabyte große Speicher aus. Zwar gibt es auch ein Modell mit 64 Gigabyte, das bietet Huawei seinen deutschen Kunden aus unbekannten Gründen nicht an. Immerhin ist der Speicher per microSD-Karte um bis zu 128 Gigabyte erweiterbar - ein Feature, das Samsungs Galaxy S6 und Apples iPhone 6 nicht bieten.

Die Akkulaufzeit des P8 kann sich sehen lassen. Bei moderater Nutzung bleiben abends immer zwischen 30 und 50 Prozent über. Für einen zweiten Tag langt es aber nicht. Der Grund ist eine merkwürdige Eigenheit des Geräts: Während bei anderen Androiden eigentlich immer der Bildschirm zu den Haupt-Stromfressern zählt, findet er sich beim P8 höchstens an dritter Stelle und häufig sogar noch weiter unten. Die Folge ist, dass das Gerät über Nacht genauso viel Strom verbraucht wie tagsüber - und daher am nächsten Morgen fast leer ist. Wer nicht unterwegs laden kann, sollte also nicht vergessen, es abends an die Steckdose zu hängen.

Huawei P8: Kamera-Versprechen nicht gehalten

Bereits bei der Präsentation des Gerätes widmete Huawei der Kamera viel Zeit. Wie auch Samsung hat Huawei erkannt, was Apple bereits seit Jahren umsetzt: Die Kunden erwarten von ihrem Smartphone eine Kamera, die in möglichst vielen Situationen eine gute Figur macht. Das Versprechen: Bilder auf dem Niveau einer Spiegelreflex-Kamera. Diese Kampfansage erfüllt das P8 in der Praxis erwartungsgemäß nicht.

Die Hauptkamera löst mit 13 Megapixeln auf und macht gute, bei schlechten Licht-Bedingungen immerhin noch passable Bilder. Mit der Spitzenkamera des Galaxy S6 kann es aber nicht mithalten. Daran ändern auch Spielereien wie ein Modus zum Lichtmalen nichts, der es dank langer Belichtungszeiten ermöglicht, mittels einer Taschenlampe Bilder in die Luft zu zeichnen. Die Frontkamera ist gut für Selfies geeignet, überragend ist sie aber ebenfalls nicht.

Ein ganz großes Manko der Kamera sind leider die Filmaufnahmen: Das P8 bietet keine Aufnahmen in der ultrahohen 4K-Auflösung und selbst das Filmen in FullHD kann nicht überzeugen. Auch Zeitlupen-Aufnahmen schafft die Kamera nicht. Bei Bewegungen und beim Wechsel zwischen Hell und Dunkel ist die Kamera sichtlich überfordert. So entstehen merkwürdig Verzerrungen.

Eine ungewöhnliche Innovation hört auf die Bezeichnung "Knuckle Sense Technology". Tippt man mit seinem Fingerknöchel auf das Display, erkennt das P8 das als Doppelklick und erstellt etwa ein Bildschirmfoto. Selbst nach einer Woche fühlt sich das aber immer noch etwas merkwürdig an und sieht auch so aus. Innovative Ideen erweisen sich ja leider nicht immer als nützlich.

Die Software des Huawei P8: iPhone-OS als Inspiration

Abseits der Hardware überzeugt das P8 nicht mehr im gleichen Maße. Als Betriebssystem dient die bis vor wenigen Tagen aktuelle Android-Version 5.0 Lollipop, Huawei legt darüber aber noch einmal eine eigene Oberfläche namens EMUI 3.0 - und die ist leider nicht ohne Tücken.

Zunächst wirkt das an Apples iOS angelehnte System in sich sehr stimmig, auch wenn die in dunklen Pastellfarben gehaltenen App-Icons nicht jedermanns Geschmack treffen werden. Sobald man anfängt das System zu nutzen, fällt aber auf, dass die starke Anlehnung an Apple häufig nicht zu Ende gedacht wurde. So besitzt das P8 die von Apple bekannte Schnelleinstellungsleiste, die sich per Wisch nach oben aktivieren lässt. Während das auf einem iPhone aber immer geht, ist es beim P8 nur auf dem Sperrbildschirm möglich.

Die Mitteilungszentrale ist ebenfalls vom iPhone inspiriert. Schade, denn eigentlich ist die Mitteilungsverwaltung unter Android sehr gut gelöst. So gehen auf dem P8 schnell mal Termine unter, weil es sie alle in einem einzelnen Punkt zusammenfasst - und mit dem aktuellen Datum versieht, selbst wenn sie Tage zurückliegen.

Huawei P8: Tastaturprobleme und Senioren-Modus

Für Android ebenfalls ungewöhnlich: Wie bei Apple gibt es keinen eigenen App-Drawer, in dem alle installierten Apps zu finden sind. Stattdessen landen alle Apps immer auf dem Homescreen. Wer gerne selten genutzte Apps im App-Drawer versteckt, muss hier umdenken. iOS-Nutzer dürften die Funktion allerdings nicht vermissen.

Andere Mankos der Software sind zum Glück nur Einstellungsfragen. So ist die Tastatur praktisch unbenutzbar. Weil Huawei unbedingt eigene Tasten für die Wischeingabe, Umlaute sowie die Spracheingabe einbauen musste, ist die Tastatur zu dicht gedrängt. Ständige Vertipper sind die Folge. Immerhin ist die tolle Google-Tastatur ebenfalls an Bord und lässt sich in den Einstellungen problemlos als Ersatz aktivieren.

Eine eigentlich tolle Idee ist die Funktion, den Startbildschirm in einer vereinfachten Form darzustellen. So lässt sich das P8 mit wenig Aufwand seniorentauglich machen. Auch die wichtigsten Apps haben dann eine größere Schriftart. Leider stellt das Gerät die Schrift aber nicht systemweit groß, sodass sich die Nutzung für Sehschwache wirklich auf einige wenige Apps reduziert - dafür braucht man aber kein Smartphone dieser Preisklasse.

Fazit

Das Huawei P8 ist ein toll verarbeitetes Smartphone mit ansprechendem Design, dessen Hardware sich durchaus mit anderen Spitzen-Geräten messen kann. Eigentlich innovative Ideen wie die Knuckle-Sense-Technologie sind zwar grundsätzlich interessant - wirklich nützlich sind sie aber nicht. An die absoluten Top-Geräte wie Apples iPhone und das Galaxy S6 kommt es durch die Mängel bei der Kamera nicht heran.

Auch die an Apples iOS angelehnte Android-Oberfläche überzeugt leider nicht vollständig. Während Android und iOS immer weiter ausreifen, wirkt die Mischung der beiden in EMUI 3.0 unausgegoren. So verschenkt Huawei das Potenzial beider Systeme.

Wer ein technisch gut ausgestattetes Smartphone sucht, aber nicht den Premium-Preis für das iPhone 6 oder das Galaxy S6 zahlen will, sollte das Huawei P8 erwägen. Eine Alternative im Premium-Bereich ist das HTC One (M9), das kostet im Schnitt aber 150 bis 200 Euro mehr.

Das Huawei P8 kommt im Mai 2015 zu einem Preis von 499 Euro in den deutschen Handel.

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