Neues Smartphone im Test Erobert das HTC One M9 den Android-Thron?

Das HTC One M9 ist das schickste Android-Smartphone derzeit. Doch kann der Handy-Schönling auch abseits der Optik überzeugen? Wir haben das Top-Smartphone getestet und einige Schwächen entdeckt.

Der Kampf um die Hosentaschen geht in eine neue Runde: Samsung hat vor wenigen Wochen sein neues Top-Modell Galaxy S6 Edge vorgestellt, das mit zwei bemerkenswerten Knicken auf dem Display für Aufsehen sorgt. HTC hält mit dem neuen One M9 dagegen. Ende März sollen beide Android-Smartphones im Handel stehen. Wir haben das One M9 bereits vor dem offiziellen Verkaufsstart in Deutschland auf Herz und Nieren getestet und sagen, was uns gefallen hat - und was nicht.

Das hat uns gefallen

Design

Ach, ist das schön: Das HTC One M9 ist - wie schon die Vorgänger - eine Augenweide. Die Aluminiumrückseite des One M9 ist nun auf Hochglanz gebürstet, außerdem verzichtet HTC auf die glatte Beschichtung des Vorgängers. Eine gute Entscheidung, denn dadurch ist das aktuelle Modell weniger rutschig und liegt definitiv besser in der Hand. Bei der Verarbeitung muss sich HTC definitiv nicht hinter Apples iPhone 6 verstecken. Nur die Farbwahl - es gibt Gunmetal-Gray, Silber-Gold und Gold - ist äußerst gewöhnungsbedürftig: Wer kein Fan dunkler Smartphones ist, muss bei der silbernen Ausgabe mit einem roségoldfarbenen Streifen als Rahmen leben. Das dürfte nicht jedermanns Sache sein. Ein normaler Silberrahmen hätte es doch auch getan?

Ansonsten wurde beim Design nur an kleinen Stellschrauben gedreht: Der An-Aus-Schalter ist in der 2015er-Auflage von oben an die rechte Seite gewandert. Das ist begrüßenswert. Noch konsequenter wäre es aber gewesen, die Lautstärketasten auf die gegenüberliegende linke Seite zu versetzen. In unserem Test drückten wir durch die große Nähe zum Power-Button immer wieder versehentlich auf die Lautstärke-Tasten. Der Slot für die Nano-SIM-Karte befindet sich über den Lautstärke-Buttons, der microSD-Einschub liegt gegenüber am linken Gehäuserand.

Erfreulich: Der schwarze Rand ums Display, der viele Nutzer beim Vorgänger störte, ist nun schmaler geworden. Leider gibt es aber immer noch den großen htc-Riegel am unteren Bildschirmrand, der das Display unnötig beschneidet.

So hübsch das One M9 auch anzusehen ist - kompakt ist es nicht gerade: Mit 144,6 x 69,7 x 9,61 Millimetern ist es höher, breiter und auch etwas dicker als Apples iPhone 6. Auch das kommende Galaxy S6 ist spürbar schlanker. Allerdings wirkt der HTC-Schönling durch die abgerundete Rückseite weniger bullig, als es die nackten Zahlen vermuten lassen. Nur über das Gewicht kann auch das schicke Design nicht hinwegtäuschen: Mit 157 Gramm ist das One M9 kein Leichtgewicht.

Display

Der Pixel-Hype einiger Mitbewerber lässt HTC kalt: Das HTC One M9 hat wie der Vorgänger einen 5-Zoll-Bildschirm mit Full-HD-Auflösung. Das ist auf jeden Fall genug, einzelne Pixel sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Texte und Bilder werden scharf dargestellt. Im direkten Vergleich mit einem iPhone 6 und einem Oneplus One zeigt sich aber, dass der Bildschirm weniger hell und kontraststark ausfällt und einen minimalen Grünstich aufweist. Bei seitlicher Betrachtung ist der Bildschirm zudem nur schwer zu erkennen. Trotz der kleinen Makel: Das Display des One M9 liefert satte Farben, ist knackig scharf und dürfte die meisten Nutzer zufriedenstellen. Für das Siegertreppchen reicht es aber nicht.

Leistung

Technisch lässt das One M9 keine Wünsche offen. Der pfeilschnelle Prozessor vom Typ Snapdragon 810 kommt nie aus der Puste, ihm stehen satte drei Gigabyte RAM zur Seite. Das macht sich bemerkbar: Beim Scrollen durch die Menüs gibt es keine störenden Hänger, Ladepausen sucht man vergebens. Alles geht butterweich von der Hand. In Benchmarks, das sind Test-Programme zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit, spielt das HTC One M9 ganz oben mit. Ein weiterer Pluspunkt: Anders als beim Galaxy S6 lässt sich der 32 Gigabyte große Speicher des One M9 mit einer microSD-Karte um bis zu 128 Gigabyte erweitern.

Das hat uns nicht gefallen

Kamera

Der größte Kritikpunkt am Vorgängermodell war die Rückkamera. Mit vier Megapixeln war sie höchstens für Schnappschüsse ausreichend, mit anderen Flaggschiff-Smartphones konnte sie nicht mithalten. Nun wagt HTC die Kehrtwende. Statt auf Ultrapixel-Kameras mit niedriger Auflösung verbaut HTC nun eine 20-Megapixel-Knipse auf der Rückseite. Die liefert tatsächlich bessere Bilder als der Vorgänger. Vor allem bei Tageslicht gelingen scharfe Aufnahmen mit hohem Detailgrad und einer ausgewogenen Belichtung.

Bei schlechten Lichtbedingungen enttäuscht die Kamera hingegen: Trotz eines eilig nachgeschobenen Firmware-Updates (zum Testzeitpunkt 1.32.401.214) wirken Fotos bei Nacht unscharf und glattgebügelt, Details sind ohne Blitz kaum zu erkennen. Viele Pixel machen eben noch keine guten Bilder. Einen optischen Bildstabilisator sucht man zudem vergebens - wer keine extrem ruhigen Hände hat, muss mit verwackelten Nacht-Aufnahmen leben. Vermutlich wird ein Update hier noch nachbessern.

Besser schneidet die Frontkamera mit Ultrapixel-Sensor ab. Sie ist sehr lichtstark und dank Weitwinkelobjektiv nimmt sie einen großen Kamerawinkel auf. Auch HDR-Aufnahmen werden unterstützt. Selfie-Fans dürften hier ihre Freude haben.

Akku

Neben der Kamera ist der Akku das wohl wichtigste Kriterium beim Smartphone-Kauf. Und auch hier kann das One M9 leider nicht vollends begeistern: Auf dem Papier klotzt die 2840 Milliamperestunden starke Batterie eigentlich ordentlich ran, im Alltag ist sie aber deutlich schwachbrüstiger unterwegs. Vor allem beim Spielen und in rechenintensiven Apps wird der Akku im Eiltempo leergesaugt, sodass man nach kurzer Zeit an die Steckdose muss. Ob das nun am neuen Snapdragon-Prozessor, der nicht finalen Software oder dem unter Kinderkrankheiten leidenden Android 5.0.2 liegt, können wir nicht abschließend beantworten. Genügsame Nutzer dürften ohne Steckdose über den Tag kommen, doch für Power-User ist die gebotene Akku-Leistung nicht zufriedenstellend.

Fazit: Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Ein bisschen mehr Mut zur Veränderung hätte HTC schon beweisen können, das One M9 erinnert in fast jeder Hinsicht an die Vorgänger. Das Design ist beinahe unverändert, aber immer noch ein echter Hingucker. Nur bei den Farben konnte HTC unseren Geschmack nicht treffen. Technisch lässt das HTC-Flaggschiff kaum Wünsche offen: Der Prozessor ist flink, das Display ist gut, die Software ist intuitiv. Allerdings enttäuschen in der aktuellen Firmware-Version die Kamera und der Akku. Hier sollte HTC dringend nachbessern!

Wer die Vorgänger mochte, wird das One M9 lieben. Doch den großen Kurswechsel an die Smartphone-Spitze wird HTC mit dem aktuellen Modell vermutlich nicht schaffen.

Wer auf der Suche nach mehr Akkuleistung ist, sollte sich das Galaxy Note 4, das Xperia Z3 oder das Huawei Ascend Mate 7 anschauen. Als Gesamtpaket bietet immer noch iPhone 6 Plus die beste Smartphone-Kamera. Ob das Galaxy S6 Apple vom Thron stoßen kann, wird erst ein Test zeigen. Wer bereits den Vorgänger besitzt und auf die hochauflösendere Kamera verzichten kann, sollte diese Generation überspringen und nächstes Jahr wieder einsteigen.

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