Ein Viertel der Deutschen liest regelmäßig digitale Bücher, das zeigt eine Untersuchung des Digitalverbands Bitkom. Man kann also sagen: Das E-Book hat sich am Massenmarkt durchgesetzt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der große Boom ist vorbei. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist der Anteil der E-Book-Leser beinahe konstant geblieben. "Der E-Book-Markt braucht neue Impulse, um wieder in Fahrt zu kommen", sagte Bitkom-Vizepräsident Achim Berg. Ein Hemmnis sind sicherlich die hohen Preise. Während man in den USA zum Start digitale Bücher oft mit üppigen Rabatten bekommt, sind sie hierzulande fast genauso teuer wie das gedruckte Buch.
E-Book-Reader hingegen haben den Vorteil, dass sie Platz für Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Büchern bieten. Ideal für längere Urlaubs- oder Geschäftsreisen. Und die Technik wird jedes Jahr besser: In den letzten Jahren gab es viele Fortschritte beim Display, nun steht der Komfort im Mittelpunkt. Amazon hat in diesem Jahr seinen extrem kompakten, aber ultrateuren Kindle Oasis auf den Markt gebracht (hier finden Sie unseren Test). Nun hält die Tolino-Allianz mit dem nagelneuen Tolino Vision 4HD dagegen. Der stern hat ihn bereits getestet und verrät, was er kann.
SmartLight-Technik im E-Reader
Auf den ersten Blick hat sich im Vergleich zum Vision 3HD nichts verändert: Er ist schwarz, hat eine leicht gummierte Oberfläche, wiegt 175 Gramm und ist 8,1 Millimeter dick. Der Bildschirm misst 6 Zoll mit einer Pixeldichte von 300 dpi und hat keine Kanten um das Display. Im Gegensatz zum Kindle Paperwhite 3 ist der kapazitive Touchscreen auf einer Höhe mit dem Gehäuserand, was einen wertigen Eindruck vermittelt.
Die wesentlichste Neuerung ist die Smart-Light-Technik, eine Eigenentwicklung der Deutschen Telekom. Damit passt der Tolino die Farbtemperatur des eingebauten Leselichts an das Tageslicht an. Morgens ist das Licht also kälter, abends wirkt es wärmer. Studien haben gezeigt, dass das kurzwellige Licht in Bildschirmen, dass das menschliche Auge als blau wahrnimmt, dafür sorgt, dass der Körper weniger Melatonin produziert. Das Hormon signalisiert dem Körper, dass es Zeit fürs Bett ist. Dadurch werden wir später müde und schlafen schlechter ein.
Die Smart-Light-Funktion ist an die Uhrzeit gekoppelt, bei Auslandsreisen muss man also gegebenenfalls die Zeitzone in den Einstellungen anpassen. Die Telekom hat sich bewusst gegen einen Umgebungslicht-Sensor entschieden, wie er etwa im iPad Pro steckt. Denn der Übergang der Farbtemperatur soll so fließend wie möglich sein, damit der Nutzer ihn nicht bemerkt. Die Funktion ist ein nettes Gimmick, aber kein Must-have. Wer aber häufig im Bett liest, dürfte an ihr Gefallen finden.
Wasserdicht und Klopfsteuerung
Das Gehäuse des Vision 4 HD ist wie schon beim Vorgänger nanoversiegelt und somit wasserdicht. Der E-Reader übersteht also auch ein Bad in der Wanne oder einen kurzen Regenschauer ohne bleibende Schäden. Ein echter Pluspunkt gegenüber den Kindle-Modellen.
Der Vision 4 HD unterstützt neben der Touchscreen-Bedienung die Tap2Flip-Funktion: Tippt man mit dem Finger auf die Rückseite des Geräts, blättert man zur nächsten Seite. Das fühlt sich in den ersten Minuten ungewohnt an, ist aber beim einhändigen Lesen sehr praktisch. Wer die Funktion nicht mag, kann sie in den Einstellungen abschalten.
Viel Platz für alle Lieblingsbücher
Der interne Speicherplatz wurde deutlich vergrößert, statt zwei stehen dem Nutzer nun sechs Gigabyte für Bücher zur Verfügung. Das entspricht Platz für etwa 6000 E-Books. Auf Nachfrage des stern erklärte eine Sprecherin, dass einige Leser tatsächlich mehr als 2000 E-Books auf ihrem Lesegerät horteten und die Speichergrenze des Vorgängers geknackt hätten. Die Menüs wurden ebenfalls verschlankt und sind nun etwas übersichtlicher.
Die Akkulaufzeit gibt der Hersteller bei beiden Geräten mit mehreren Wochen an. Die tatsächliche Dauer hängt jedoch von vielen Faktoren ab: Aktiviert man die Hintergrundbeleuchtung - und das sollte man aufgrund der besseren Lesbarkeit auf jeden Fall tun -, reduziert sich die Akkulaufzeit deutlich. Der Download eines E-Books via Wlan oder das Nachschlagen im eingebauten Wörterbuch saugen ebenfalls an der Batterie. Je nach Lesetempo sind anderthalb bis drei Wochen realistisch. Dennoch: Im Vergleich zu Tablets und Smartphones ist das immer noch ein beachtlicher Wert. Aufgeladen wird der Akku übrigens mit einem microUSB-Kabel.
Mehr Freiheit als bei Amazon
Der Hauptunterschied zwischen dem Tolino und dem Kindle liegt in der Offenheit des Systems. Denn Amazon hat ein eigenes Dateiformat. Das heißt im Klartext: Wer regelmäßig E-Books bei Amazon kauft, sollte unbedingt zu einem Amazon-Gerät greifen. Vor allem das Self-Publisher-Sortiment überzeugt bei Amazon. Auch wer gerne parallel das Hörbuch zum Buch nutzt, ist bei Amazon gut aufgehoben: Kauft man ein digitales Buch, gibt es das dazugehörige Hörbuch bei Audible oft für wenige Euro dazu.
Wer Amazon meiden möchte oder auch gerne Leihbibliotheken nutzt, der ist in der Tolino-Welt besser aufgehoben. Diese Geräte unterstützen das offene Dateiformat ePub, das außerhalb des Amazon-Kosmos am weitesten verbreitet ist. Allerdings sollte das kein Ausschlusskriterium sein, mit zusätzlicher Software (etwa Calibre) kann man das Dateiformat mit wenigen Mausklicks Kindle-tauglich machen.
Fazit
Der Tolino Vision 4 HD ist kein revolutionärer neuer E-Book-Reader, schraubt aber an den richtigen Stellen wie der Software, dem Speicherplatz und dem Bildschirm. Echte Pluspunkte sind das wasserdichte Gehäuse und das offene System.
Der Tolino Vision 4 HD ist ab 7. November online und in den kooperierenden Buchhandlungen erhältlich.
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