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Rezepte zum Nachkochen Terrinen – Ordinäres Hack edel verpackt

Rustikale Terrine mit Entenbrust, Schweinshack und Pistazien
Rustikale Terrine mit Entenbrust, Schweinshack und Pistazien
© Wolfgang Schardt
Terrinen sind die rechte Form, auch ordinäres Hackfleisch edel zu servieren. Ihre Herstellung ist herrlich leicht.

Reichst du mir bitte einmal von der Pâté?“ Ich war beeindruckt. Mann, klang das fein! Mir klingelten die Ohren. Bei uns zu Hause hätte es geheißen: „Tu mir mal die Leberwurst.“ Oder: „Schmeiß rüber dat Zeug.“ Aber an der Tafel des Stadtdirektors (weiland der Titel des Verwaltungschefs in nordrhein-westfälischen Kommunen), der an einem Samstagnachmittag mit den Seinen speiste, ging es distinguierter zu als bei Handwerkers. Dabei schien mir, was nun über die Tafel gereicht wurde, von jener groben Leberwurst nicht allzu verschieden, die ich von Metzger Schmitz kannte und die bei uns aufs Brot kam. Die Substanz wirkte ähnlich, nur die Form war anders – grobe Leberwurst war rund und wurde aus dem Wurstdarm quasi rausgepörkelt, die Pâté rechteckig, eine Art Kuchen. In sauberen Scheiben wurde sie vom kastigen Laib geschnitten. „Bert, möchten Sie vielleicht auch ein wenig mitessen?“ Sicherlich nicht, denn erstens hätte ich mich geniert, da nicht etikettesicher. Und zweitens wollte ich lediglich meinen Freund J. aus dem Samtfutteral seiner Familie lösen, um mit ihm auf wüste Weise die Fässer unserer Kleinstadt in Angst und Schrecken zu versetzen.

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In Frankreich ist die Pâté ubiquitär

Erst bei den Franzosen bin ich den Pâtés deutlich häufiger begegnet, auch unter dem Begriff Terrine. Ist die Fülle im Teigmantel, ist es eine Pâté en croûte. Die in Speck gehüllte ist die Pâté en terrine – erstere scheinen mir feiner farciert und oft mit Gänseleber bereitet, letztere vierschrötiger und schweinerner. Gemeinsam ist beiden die Wesenheit des im Ofen gestockten Kuddelmuddels aus gewürztem Fleisch. Wobei hier wieder die Ähnlichkeit zu Wurst aufscheint – auch Wurst bedeutet nichts anderes als fleischernes Kuddelmuddel. Wo ich Ferien mache, liegen Terrinen und Pâtés in jeder Metzgertheke aus. Man lässt sich Tranchen schneiden und isst sie „chez-soi“ mit Cornichons und Senf. Nun die Zubereitung für die hier abgebildete Ententerrine.

Von 2 Entenbrustfilets die Haut abtrennen und beiseitelegen. 400 g Schweinsnacken in Stücke schneiden, mit 1 EL Mehl, 1 Ei, 1 Bund Petersilie, 2 Schalotten, 2 Knoblauchzehen, 2 EL Olivenöl, 1 EL Kräuter der Provence und 1 EL Salz mischen. Die Chose durch den Fleischwolf drehen; oder mit dem scharfen großen Messer geduldig hacken; oder 400 g Schweinsnacken und/ oder Eisbeinfleisch beim Metzger durchgedreht kaufen – im letzteren Falle die angegebenen Würzzutaten mit der Hand gründlich einarbeiten (doch, macht Spaß). 40 g Pistazien grob hacken und zusammen mit der abgeriebenen Schale von 1 Bioorange, 15 zerstoßenen Wacholderbeeren, 1 Lorbeerblatt und 5 EL Cognac zur Farce geben, 40–50 g Pistazien ganz zufügen.

Den Boden einer Terrinenform von 1 l Inhalt mit der Haut der beiden Brustfilets auslegen. Die Hälfte der Farceda raufgeben, die schieren Entenbrüste hochkant darauf platzieren, mit der restlichen Farce umkleiden und bedecken.

Den Rand der Form mit etwas Teig aus Mehl und Wasser einstreichen (Mehl unzeremoniell mit gerade mal so viel Wasser verrühren, dass die Masse klebt), den Deckel daraufsetzen und die so abgedichtete Terrine im Ofen bei 200 Grad für 1 Stunde erhitzen, dann den Ofen ausschalten und die Terrine darin abkühlen lassen.

Was die Terrine begleitet

Wer den Fleischwolf einsetzt, kann neben dem Fleisch auch Knoblauch, Kräuter und Gewürze mit durchdrehen
Wer den Fleischwolf einsetzt, kann neben dem Fleisch auch Knoblauch, Kräuter und Gewürze mit durchdrehen
© Wolfgang Schardt

Die Masse schrumpft beim Garen. Im Gegenzug tritt Bratensud zwischen Fleisch und Form. Den kann und sollte man entfetten (so man kein Schwerarbeiter ist). Die Terrine zunächst zum völligen Auskühlen aus der Form nehmen, in Folie schlagen und über Nacht in den Kühlschrank stellen. Sie zum Servieren bei Raumtemperatur aufschneiden und mit Blattsalat und Röstbrot servieren. Den Bratensud in einer Kasserolle kurz erhitzen und den Fleischsaft mithilfe eines Fettkännchens vom Fett trennen. Als Beilage eignen sich auch geachtelte Beten, die man in einer Sauce aus Mandarinenfruchtaufstrich und Butter schwenkt. Man kann auch Orangenmarmelade oder Lemon Curd einsetzen. Den entfetteten Fleischsaft kann man in die Vinaigrette des Blattsalats einarbeiten, aber auch in die Sauce zu den Beten.

Ich bin zur Vorbereitung dieses Themas durch einige Meter Buchregal gegangen und hab mich nach Terrinenrezepten umgesehen. Und danach ist es so: Die Kunst der Zubereitung liegt eher im Würzen als in der Technik, denn die scheint im Grunde immer gleich – die Masse wird in eine mit Bauchspeckstreifen oder mit Folie ausgekleidete feste Keramikform gegeben und dort zumeist verschlossen.

Besagte Form wird dann in ein halbhoch reichendes, mit brühheißem Wasser angefülltes Gefäß gegeben. Dieses Ensemble wandert in den Ofen und bleibt meist bei 180 Grad so lange darin, bis eine Fleischnadel, für 30 Sekunden erst in den Kern der Sache eingeführt und nach dem Herausziehen an die Lippen gehalten, fühlbar heiß ist. Ist die Nadel nur warm, wird der Terrine weitere 15 Minuten eingeheizt.

Zahlreiche Autoren empfehlen, zwischen Zubereitung und Verzehr einige Tage verstreichen zu lassen, damit sich die eingearbeiteten Gewürze voll entfalten können. Zur Würze zählen auch die häufig eingesetzten Spirituosen. Besonders im französischen und britischen Kulturbereich werden Branntweine jeder Art, aber auch Port und Sherry zur Aromatisierung eingesetzt. Dafür bin ich immer.

Nehmen wir das folgende Beispiel aus einem adeligen Haus in Schottland. Die Zubereitung dauert zwar zwei Tage, ist aber ganz relaxed, zumal die Speise im Kühlschrank noch nachreifen darf.

Es werden zunächst einmal 500 g geputzte und halbierte Wildleber, 300 g gewolftes Wildfleisch und 250 g Schweinebauch (zur Hälfte gewürfelt, zur anderen Hälfte gehackt) in eine große Schüssel gegeben und mit 7 EL Branntwein (Cognac, Armagnac oder spanischer Brandy, aber auch Asbach Uralt, warum nicht), je 3 EL Portwein und Sherry geflutet. (Die Leber schafft das.) Hinzu kommen: 5 Zehen Knoblauch, gehackt, 2 EL Estragon, gehackt, 1 TL Thymian, 1 TL Oregano, 1/2 TL geriebene Muskatnuss, 1/2 TL Zucker, 1 EL Salz und Pfeffer aus der Mühle. Alles gründlich mischen, abdecken und über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen.

Folgendentags eine Terrine (16 cm lang, 10 breit und 7 hoch) so mit Bacon auslegen, dass die Streifen chillig über den Rand hängen; 200 g genügen. Ein paar Streifen zurückbehalten. Die Form bis knapp unter den Rand mit Fleisch samt der Marinade füllen, die überhängenden Baconstreifen wie einen lindernden Verband aufs Fleisch legen, blanke Stellen mit frischen Lorbeerblättern und Thymianzweigen auskleiden, diese mit den restlichen Bacon-Streifen abdecken, die Form in den auf 220 Grad vorgeheizten Ofen stellen und für 100 Minuten backen. Sollte die Decke zu stark bräunen, sie mit Alufolie schützen.

Die Terrine aus dem Ofen nehmen, den Inhalt mit einem in Folie gewickelten, passend großen Brettchen (oder sonst was Starrem) beschweren und auskühlen lassen, dann ab in den Kühlschrank und den Zutaten dort 24 Stunden geben, sich geschmacklich zu durchdringen.

Sammelsurium der Reste

Die leberige Zusammenstellung dieser Terrine erinnert an die grobe Leberwurst vom Anfang und den Umstand, dass beide einander inhaltlich wie strukturell recht ähnlich sind. Immer haben wir es mit der scheinaltmodischen, in Wahrheit aber modernen, nämlich achtsamen und nachhaltigen Idee zu tun, möglichst alles vom Schlachttier zu verwenden. Genau wie Würste sind Terrinen und Pâtés das Parure-Schatzkästlein des Metzgers, der Ort, an dem sich alles trifft, was nicht minder nahrhaft ist wie Steaks, allerdings in Form zu bringen, um dann endlich unter Ah! und Oh! präsentiert werden zu können.

Die Tradition rundlicher Würste sehe ich eher rechtsrheinisch verankert, wo das Fleisch nicht lange nach Christi Geburt in Ermangelung von Öfen teils in Därme gepackt und in den Rauch gehängt wurde. Linksrheinisch und römisch beeinflusst dagegen landete die Masse eher in Terrinen, in Terrakotta, in Steinzeug. Darum findet man in Frankreich in jeder Metzgertheke große Ansammlungen verschiedener Pâtés und Terrinen, bei uns dagegen endlos viele Würste. Es handelt sich um die verpackungstechnische Quadratur des Kreises von Substanzen ähnlichen Inhalts.

Natürlich ist auch Leberkäse eine Terrine, nur dass er inzwischen in Aluschalen gebacken wird. Auch der fast vergessene „falsche Hase“ gehört dazu: 3 alte Brötchen gut in Milch einweichen. 1 Zwiebel und 1 Knoblauchzehe würfeln und in etwas Butter glasig dünsten. Brötchen ausdrücken und zwischen den Fingern zerquetschen. 1 kg Rinderhack, 2 Eier, Brötchen, Zwiebel und Knoblauch zu einer homogenen Masse verkneten. 1/2 rote Paprikaschote und eine hohle Hand voll Gouda (am besten ist Beemster Kaas) in feine Würfel geschnitten untermischen. Mit Salz, Pfeffer und Thymian würzen. Eine Terrinenform mit Bacon-Streifen auslegen, Fleischmasse hineingeben, mit weiterem Bacon ganz bedecken und im Ofen bei 200 Grad 1 Stunde backen. Den falschen Hasen unzeremoniell verschlingen.

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