
"Menschlich zerreißt es mich"
Gunther Braun, 58, Bürgermeister von Steinen, parteilos
"Die Kommunen sind das letzte Glied in der Kette – das merkt man auch beim Thema Asyl. Wir Bürgermeister haben das viel zu lange mitgemacht, stets versucht, es irgendwie hinzukriegen. Jetzt ist es fünf nach zwölf. Wir müssen die Zuwanderung begrenzen, ohne extrem zu werden. Unser Boot ist jedenfalls voll. Schon die Erstunterbringung ist zu teuer, und da geht es noch nicht um Wohnungen, Sprachkurse, Schul- und Kitaplätze. Der Bürokratieaufwand ist enorm, die Suche nach den Grundstücken, das Ringen um Arbeitsplätze. Dann die vagen Angaben. Da heißt es: Am Wochenende kommen wohl Hunderte minderjährige Flüchtlinge. Man organisiert mit allen Kräften eine Unterkunft, ohne zu wissen, wer und wie viele tatsächlich kommen. Und um zu sparen, muss ich mich ständig für das kleinere Übel entscheiden. Diese Sitzungen sind die unangenehmsten: Wenn wir sehenden Auges ein neues Problem schaffen müssen, um ein anderes zu lösen. Da fühle ich mich oft ohnmächtig. Gerade ist Bürgermeister zu sein ein ewiges Aushalten. Man kann nur versuchen, seinem Gewissen treu zu bleiben. Aber menschlich zerreißt es mich. Wir wollen alle, dass die Menschen gut ankommen, aber wir können nicht alle Probleme bewältigen. Es gibt schon lange zu viele Kinder ohne Kitaplatz. Wenn wir immer mehr Familien aufnehmen, droht die Stimmung zu kippen. Ich habe Angst, dass sich die soziale Schere weitet und der Neid wächst. Wenn der mit voller Wucht zuschlägt, das wäre das Schlimmste für die Demokratie."
"Die Kommunen sind das letzte Glied in der Kette – das merkt man auch beim Thema Asyl. Wir Bürgermeister haben das viel zu lange mitgemacht, stets versucht, es irgendwie hinzukriegen. Jetzt ist es fünf nach zwölf. Wir müssen die Zuwanderung begrenzen, ohne extrem zu werden. Unser Boot ist jedenfalls voll. Schon die Erstunterbringung ist zu teuer, und da geht es noch nicht um Wohnungen, Sprachkurse, Schul- und Kitaplätze. Der Bürokratieaufwand ist enorm, die Suche nach den Grundstücken, das Ringen um Arbeitsplätze. Dann die vagen Angaben. Da heißt es: Am Wochenende kommen wohl Hunderte minderjährige Flüchtlinge. Man organisiert mit allen Kräften eine Unterkunft, ohne zu wissen, wer und wie viele tatsächlich kommen. Und um zu sparen, muss ich mich ständig für das kleinere Übel entscheiden. Diese Sitzungen sind die unangenehmsten: Wenn wir sehenden Auges ein neues Problem schaffen müssen, um ein anderes zu lösen. Da fühle ich mich oft ohnmächtig. Gerade ist Bürgermeister zu sein ein ewiges Aushalten. Man kann nur versuchen, seinem Gewissen treu zu bleiben. Aber menschlich zerreißt es mich. Wir wollen alle, dass die Menschen gut ankommen, aber wir können nicht alle Probleme bewältigen. Es gibt schon lange zu viele Kinder ohne Kitaplatz. Wenn wir immer mehr Familien aufnehmen, droht die Stimmung zu kippen. Ich habe Angst, dass sich die soziale Schere weitet und der Neid wächst. Wenn der mit voller Wucht zuschlägt, das wäre das Schlimmste für die Demokratie."
© Jeannette Petri