
"Eine der größten Chancen für unsere Gesellschaft“
Gerhard Rasch, 54, Leiter des Jugendamts Landkreis Lörrach
"Für meine 260 Mitarbeiter und mich war es ein extremes Jahr. Seit August kamen monatlich mehr als 200 Kinder und Jugendliche über die Schweizer Grenze – die Jüngsten zwölf Jahre alt. Manche dieser unbegleiteten Minderjährigen haben in verheerenden Lagern in Libyen gelebt, manche haben auf der Flucht Familienmitglieder verloren, mussten erleben, wie Geschwister ertranken. Nach vier Wochen sollten sie eigentlich auf andere Bundesländer verteilt werden, doch weil so viele gleichzeitig ankamen, hängen manche monatelang in den Unterkünften fest.
Die Jugendhilfe hat den gesetzlichen Auftrag, minderjährige Geflüchtete zu versorgen und zu integrieren. Was auch immer wir tun, wir kommen nicht vor die Welle, weil am nächsten Tag schon die nächsten Geflüchteten vor der Tür stehen. Uns fehlen die Sozialarbeiter und Erzieher für so viele Jugendliche. Anfangs sprangen Mitarbeiter unserer Familienhilfe ein, aber sie fehlten bei der Betreuung einheimischer Familien. Wenn Anspruch und Wirklichkeit zu weit auseinanderklaffen, verlieren die Menschen den Mut. Auch ich selbst merke die nervliche Anspannung. Ich habe das Dienst-Handy immer in der Nähe, falls die Bundespolizei wieder junge Flüchtlinge bringt oder Mitarbeitende Unterstützung benötigten. Es gelang uns, 30 zusätzliche Betreuer einzustellen, keine Fachkräfte. Die Qualifikation war eine Ausbildung, egal welche: Handwerker, Krankenschwestern, Altenpfleger, auch ehemalige Geflüchtete. Die Jugendlichen sind eine Herausforderung, aber zugleich sehe ich sie als eine der größten Chancen, dem demografischen Wandel zu begegnen. Sie sind so integrationswillig – alle. Wir brauchen sie an allen Ecken und Enden und sollten uns die Zeit und den Aufwand für ihre Integration nehmen."
"Für meine 260 Mitarbeiter und mich war es ein extremes Jahr. Seit August kamen monatlich mehr als 200 Kinder und Jugendliche über die Schweizer Grenze – die Jüngsten zwölf Jahre alt. Manche dieser unbegleiteten Minderjährigen haben in verheerenden Lagern in Libyen gelebt, manche haben auf der Flucht Familienmitglieder verloren, mussten erleben, wie Geschwister ertranken. Nach vier Wochen sollten sie eigentlich auf andere Bundesländer verteilt werden, doch weil so viele gleichzeitig ankamen, hängen manche monatelang in den Unterkünften fest.
Die Jugendhilfe hat den gesetzlichen Auftrag, minderjährige Geflüchtete zu versorgen und zu integrieren. Was auch immer wir tun, wir kommen nicht vor die Welle, weil am nächsten Tag schon die nächsten Geflüchteten vor der Tür stehen. Uns fehlen die Sozialarbeiter und Erzieher für so viele Jugendliche. Anfangs sprangen Mitarbeiter unserer Familienhilfe ein, aber sie fehlten bei der Betreuung einheimischer Familien. Wenn Anspruch und Wirklichkeit zu weit auseinanderklaffen, verlieren die Menschen den Mut. Auch ich selbst merke die nervliche Anspannung. Ich habe das Dienst-Handy immer in der Nähe, falls die Bundespolizei wieder junge Flüchtlinge bringt oder Mitarbeitende Unterstützung benötigten. Es gelang uns, 30 zusätzliche Betreuer einzustellen, keine Fachkräfte. Die Qualifikation war eine Ausbildung, egal welche: Handwerker, Krankenschwestern, Altenpfleger, auch ehemalige Geflüchtete. Die Jugendlichen sind eine Herausforderung, aber zugleich sehe ich sie als eine der größten Chancen, dem demografischen Wandel zu begegnen. Sie sind so integrationswillig – alle. Wir brauchen sie an allen Ecken und Enden und sollten uns die Zeit und den Aufwand für ihre Integration nehmen."
© Jeannette Petri