
Anonym, 27, Afghanistan
"Ich bin Frauenrechtlerin und arbeite bei einer Firma, die Online-Lernprogramme entwickelt. Die Taliban wollen Frauen und Mädchen aus dem öffentlichen Leben verbannen, sie haben die Hoffnungen und Träume einer ganzen Generation ausgelöscht. Im Dezember sah ich, wie bewaffnete Männer Studentinnen aus der Uni abführten. Ich kann immer noch nicht glauben, was da gerade passiert. Ich bin fassungslos über diese Brutalität – und über den Irrsinn. Unser Land braucht Lehrerinnen, Ärztinnen, Ingenieurinnen! Ohne Frauen hat Afghanistan keine Zukunft. Die internationale Gemeinschaft muss an der Seite von uns Frauen stehen, wir dürfen das alles nicht zulassen. Die Taliban denken nur an ihre Macht: Eine ungebildete Bevölkerung lässt sich besser beherrschen. Ihr Regime basiert auf Dummheit, nicht auf der islamischen Religion. Statt zur Schule zu gehen, werden junge Mädchen jetzt noch häufiger früh verheiratet, oft mit viel älteren Männern. Die Taliban geben sich technisch modern mit ihren Smartphones und Social-Media-Accounts. Aber sie haben sich nicht verändert. Sie haben keinen Plan für das Land. Wir stehen vor einer finsteren Zukunft. Es zerreißt mir das Herz."
© Julian Busch