
Tülay Korkutan, Istanbul
"Ich war zwei Jahre alt, als meine Familie aus dem kurdischen Ardahan nach Esenyurtgekommen ist, in einen der ärmsten Stadtteile Istanbuls. Unser Viertel war von einem Zaun von einer besseren Gegend abgetrennt. Dorthin gingen meine Mutter und meine Tante jeden Tag putzen. Abends mussten sie sich dann zuhause um alles zu kümmern. Ich war noch ein Kind – aber ich habe die Ungerechtigkeit gegenüber Frauen früh verstanden. Das hat mich geprägt. Als meine Mutter und ich später das erste Mal zu einer Demonstration gingen, die von Frauenrechtsorganisationen organisiert worden war, haben wir das vor meinem Vater und meinen Brüdern geheim gehalten. Wenn es um Politik ging, wollte mein Vater nur seine eigenen Worte hören. Es wurde sehr schlimm, als sie es herausfanden. Vor allem mein Bruder wurde irgendwann so gewalttätig, dass ich mit meiner kleinen Schwester aus unserer Wohnung flüchten musste. Acht Monate später lenkte mein Vater ein und warf meinen Bruder heraus. Das war der erste Sieg der Frauen in unserer Familie.
Der Austausch mit Feministinnen und Frauenorganisationen wie Imece hat mein Leben verändert. Nachdem ich volljährig geworden war, habe ich mich ganz dem politischen Kampf gewidmet. 2012 konnten wir verhindern, dass die Partei AKP Abtreibungen verbietet. Tausende und abertausende Frauen waren auf der Straße. Außerdem habe ich eine Plattform aufgebaut, wo fast alle Organisationen für Frauenrechte in der Türkei zusammenkommen. Esist nicht leicht, in der Türkei eine feministische Aktivistin zu sein. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich schon festgenommen wurde. Meistens kommen sie gegen 5 Uhr morgens in meine Wohnung. Mehrere Wochen saß ich schon im Gefängnis. Die Polizei hat mich geschlagen, belästigt und bedroht, aber das kann mich nicht abhalten. Das türkische System ist ein strenges Patriachat und Erdogan hat in den letzten Jahren alles noch schlimmer gemacht. Aus meiner Sicht ist er ein Feind der Frauen. In der türkischen Gesellschaft hat er das Bild einer unterwürfigen, verheirateten Mutter als Ideal vorangetrieben. Jede Frau, die davon abweicht, wird als gefährlich und unislamisch gebrandmarkt.
Als im Iran die Proteste begannen, hatten wir gehofft, dass es einen größeren Effekt auf die Frauenbewegung in der Türkei haben würde. Immerhin ist der Iran so nah. Doch das Erdogan-Regime hat hart zugeschlagen. Im November wurden bei einer Demonstration von uns 216 Menschen verhaftet. Das zeigt, wie groß die Angst der Regierung ist."
Der Austausch mit Feministinnen und Frauenorganisationen wie Imece hat mein Leben verändert. Nachdem ich volljährig geworden war, habe ich mich ganz dem politischen Kampf gewidmet. 2012 konnten wir verhindern, dass die Partei AKP Abtreibungen verbietet. Tausende und abertausende Frauen waren auf der Straße. Außerdem habe ich eine Plattform aufgebaut, wo fast alle Organisationen für Frauenrechte in der Türkei zusammenkommen. Esist nicht leicht, in der Türkei eine feministische Aktivistin zu sein. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich schon festgenommen wurde. Meistens kommen sie gegen 5 Uhr morgens in meine Wohnung. Mehrere Wochen saß ich schon im Gefängnis. Die Polizei hat mich geschlagen, belästigt und bedroht, aber das kann mich nicht abhalten. Das türkische System ist ein strenges Patriachat und Erdogan hat in den letzten Jahren alles noch schlimmer gemacht. Aus meiner Sicht ist er ein Feind der Frauen. In der türkischen Gesellschaft hat er das Bild einer unterwürfigen, verheirateten Mutter als Ideal vorangetrieben. Jede Frau, die davon abweicht, wird als gefährlich und unislamisch gebrandmarkt.
Als im Iran die Proteste begannen, hatten wir gehofft, dass es einen größeren Effekt auf die Frauenbewegung in der Türkei haben würde. Immerhin ist der Iran so nah. Doch das Erdogan-Regime hat hart zugeschlagen. Im November wurden bei einer Demonstration von uns 216 Menschen verhaftet. Das zeigt, wie groß die Angst der Regierung ist."
© Murat Bay