Agrarlobby und Stoiber setzten den Bayerischen Verbraucherminister unter Druck
Im bayerischen Skandal um ein nicht zugelassenes BSE-Labor, kommt allmählich Licht ins Dunkel. Nach stern-Recherchen wurde der bayerische Verbraucherminister Eberhard Sinner (CSU) auf dem Höhepunkt der Krise bei einem Geheimtreffen in der Münchner Staatskanzlei massiv unter Druck gesetzt, das Fleisch der illegal getesteten 39000 Rinder wieder für den Verzehr freizugeben. Teilnehmer des Treffens an einem Sonntag Vormittag waren neben Sinner Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, sein Staatsminister Erwin Huber und auch Bauernverbands-präsident Gerd Sonnleitner.
Bislang konnte sich niemand den BSE-Zick-Zack-Kurs von Bayerns Verbraucherminister Eberhard Sinner erklären. Zuerst hatte er am 13. Januar alles getestete Fleisch für »nicht verkehrsfähig« erklärt. Juristisch völlig korrekt. Dann gab er am 30. Januar das meiste plötzlich als »genusstauglich« wieder frei - eine Entscheidung die vom Bund und den Ländern noch am gleichen Tag wieder kassiert wurde. Nach Recherchen des stern ist jetzt klar, warum Sinner damals umfiel: Er knickte ein wegen des Drucks aus der Staatskanzlei im Verbund mit der Agrarlobby.
Drei Tage vor der Fleischfreigabe, am Sonntag, den 27. Januar, fand vormittags das Geheimtreffen in der Münchner Staatskanzlei statt. Dabei gaben Huber und Stoiber dem Präsidenten des Bauernverbandes Gerd Sonnleitner ausführlich Gelegenheit, Druck auf Sinner wegen der Fleischfreigabe zu machen. Hintergrund: Hauptbetroffene des BSE-Skandals sind die Südfleisch Schlachtbetriebe, ein Genossenschaftsunternehmen von 45000 Bauern, an dem auch der Bayerische Bauernsverband direkt mit 2,63 Prozent beteiligt ist. Angeblich drohte Südfleisch damals Bayern mit einer Schadensersatzklage in Millionenhöhe.
Bayerns Verbraucherminister Eberhard Sinner sieht sich wegen seines Zick-Zack-Kurses und »schlechten Krisenmanagements«, das er in Wahrheit Stoibers Staatskanzlei zu verdanken hat, zur Zeit mit Rücktrittsforde-rungen konfrontiert. Heute wird darüber im Bayerischen Landtag verhandelt.
Georg Wedemeyer