DAK-Report Wie Stress, Depressionen und Ängste das Risiko für einen Herzinfarkt steigern

Mann ist an der Arbeit gestresst
Auch Arbeitstsress kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
© PeopleImages/Getty Images
Jedes Jahr sterben rund 340.000 Menschen bundesweit an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Ein Report der DAK zeigt, dass die Rolle von Stress und psychischen Erkrankungen als Risiko für Herzinfarkte unterschätzt wird.

Bald ein Fünftel der Erwerbstätigen in Deutschland ist von einem psychischen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle DAK-Gesundheitsreport. Hochgerechnet auf die Erwerbsbevölkerung haben 8,6 Millionen Menschen ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko durch eine psychische Erkrankung oder arbeitsbedingten Stress. Die Untersuchung zeigt auch, dass körperliche Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck oder Adipositas oft mit psychischen Risiken einhergehen.

"Seit Jahren steigen die Fehlzeiten der Erwerbstätigen wegen psychischer Erkrankungen. Angesichts dieser Höchststände, die wir insbesondere während der Pandemie sehen, müssen wir wachsam sein", sagt Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse DAK. "Depressionen, Ängste und negativer Stress sind bereits für sich genommen eine große Belastung. Sie gehen aber auch buchstäblich ans Herz!" In dem Report lässt sich eine Zunahme der Fehltage wegen psychischen Erkrankungen von 2011 bis 2021 um 41 Prozent erkennen. Nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen sind psychische Erkrankungen der zweithäufigste Grund für Fehltage von Arbeitnehmer:innen.

Für den Gesundheitsreport befragte das Forsa-Institut im Auftrag der DAK rund 7100 erwerbstätige Frauen und Männer im Alter von 18 bis 65 Jahren. Und das IGES-Institut analysierte die Daten von mehr als zwei Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten.

Psychische Risikofaktoren kommen häufig nicht allein

Fast ein Fünftel der Befragten lebt demnach mit einem psychischen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. Mit 22 Prozent geben etwas mehr Frauen als Männer (16 Prozent) Probleme in dieser Hinsicht an. Doch die psychischen Risikofaktoren kommen oft noch mit weiteren körperlichen Risikofaktoren zusammen. Dazu zählen Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht, erhöhte Cholesterinwerte und Übergewicht. Ein Grund: "Das Verhalten wirkt sich auf die Psyche aus und umgekehrt", sagt Professor Christoph Herrmann-Lingen, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Göttingen. Wer eine psychische Erkrankung hat, sei oft nicht in der Lage, sich gesund zu verhalten. Für eine depressive Person sei es aufgrund ihrer Erkrankung zum Beispiel nicht möglich, regelmäßig Sport zu treiben, führt der Experte aus.

Fast ein Drittel der Befragten, die einen psychischen Risikofaktor haben, geben auch an, dass sie übergewichtig sind. Und deutlich mehr als ein Viertel zählt sich zu den Raucherinnen und Rauchern. Zum Vergleich: Bei den Befragten ohne psychisches Risiko ist der Anteil an Menschen mit starkem Übergewicht deutlich geringer bei knapp 23 Prozent und nur ein Fünftel von ihnen raucht.

Der Report zeigt auch, dass Erwerbstätige mit Depressionen häufiger in ärztlicher Behandlung wegen der koronaren Herzkrankheit, bei der sich die Herzkranzgefäße langsam verschließen und auch schon im mittleren Lebensalter ein akuter Herzinfarkt auftreten kann, sind. "Zum einen ist es so, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen häufiger Herzprobleme entwickeln. Zum anderen sehen wir bei vielen Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten in der Folge eine psychische Erkrankung", erklärt Christoph Herrmann-Lingen. In der ambulanten Versorgung von Menschen mit Depressionen sollte das Herz-Kreislauf-Risiko immer berücksichtigt und nach einem Herzinfarkt sollte beispielsweise in der Reha regelmäßig auf psychische Erkrankungen geachtet werden, sagt der Experte.

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Arbeitsstress als Belastung für das Herz

Doch nicht nur für Menschen mit psychischen Erkrankungen ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Auch Arbeitsstress ist ein Faktor. Neun Prozent der Befragten leidet unter herzgefährdendem Arbeitsstress. Von Arbeitsstress im Sinne der Studie sind Menschen betroffen, die viel Leistung bringen oder dies zumindest so sehen und gleichzeitig wenig Wertschätzung erfahren. Vor allem bei Menschen mit einem mittleren Berufsabschluss wie einer Berufsausbildung ist der Arbeitsstress mit fast elf Prozent besonders hoch. Am geringsten ist er bei Akademiker: innen mit rund fünf Prozent.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen im Durchschnitt 60 Fehltage im Jahr je 100 Versicherte – bei den Männern mehr, bei den Frauen weniger. Mit dem Alter steigt die Anzahl der Fehltage deutlich an. 45- bis 49-jährige Männer haben je 100 Versicherte 67 Tage, bei ihren zehn Jahre älteren Kollegen sind es 184 Tage – fast dreimal so viele. DAK-Vorstandsvorsitzender Andreas Storm sieht die Arbeitgeber in der Pflicht, Stress, Belastung und die psychische und physische Gesundheit ihrer Arbeitnehmer: innen im Blick zu haben und zu schützen. Christoph Herrmann-Lingen erklärt, dass eine Prävention am besten sehr früh ansetzen solle, weil sowohl für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als auch für psychische Erkrankungen bereits die Weichen in frühen Lebensphasen gestellt werden. Rechtzeitige Unterstützung von Kindern in prekären Verhältnissen beispielsweise könne präventiv wirken.  

Laut der Studie werden knapp der Hälfte (48 Prozent) der Erwerbstätigen von ihrer Firma Angebote aus dem Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung gemacht. Bei den Erwerbstätigen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind es nur 41 Prozent. Prävention sei bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sehr wichtig, betont Storm. Auch die Krankenkassen böten zahlreiche Kurse, um den eigenen Lebensstil zu ändern. Wer weniger raucht, sich mehr bewegt, gesünder ernährt, mehr entspannt und ein gesünderes Arbeitsleben hat, senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für gesetzlich Versicherte ist außerdem ein jährlicher Check-up ab 35 Jahren alle drei Jahre kostenlos. Die medizinische Vorsorgeuntersuchung könne mögliche Risikofaktoren frühzeitig erkennen.

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