Baustopp für Berliner Schloss "Ein Armutszeugnis für Schwarz-Gelb"

Der aus Geldmangel verhängte Baustopp für das Berliner Schloss entfacht die Debatte um den jahrelang umstrittenen Wiederaufbau neu.

Der aus Geldmangel verhängte Baustopp für das Berliner Schloss entfacht die Debatte um den jahrelang umstrittenen Wiederaufbau neu. Das Kabinett unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschloss am Montag im Rahmen ihres Sparpakets, das auf 552 Millionen Euro veranschlagte Mammut-Projekt drei Jahre bis 2014 auf Eis zu legen.

Kulturpolitiker und Museumsmanager bedauerten die Entscheidung und forderten eine klare Zusage für den Baubeginn 2014. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach von einem "Armutszeugnis für Schwarz-Gelb". Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) betonte, das Bundestagsvotum zum Wiederaufbau des Schlosses aus den Jahren 2002 und 2003 gelte nach wie vor: "Dazu stehe ich."

Der Aufschub betrifft den Etat Ramsauers, der für den architektonischen Teil des Mammutprojekts zuständig ist. Von den Baukosten entfallen 440 Millionen auf den Bund, die auf die kommenden Jahre verteilt ausgezahlt werden sollten. Nun werden die Mittel erst von 2014 an fließen.

Angesichts der dramatischen Finanzlage sei die Verschiebung alternativlos gewesen, erklärte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). In der mittelfristigen Finanzplanung seien die notwendigen Mittel verbindlich eingestellt, so dass der Wiederaufbau nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werde. Kulturprojekte und -einrichtungen aus Neumanns Bereich blieben vom Rotstift verschont.

Die einstige Preußen-Residenz im Herzen Berlins war zu DDR-Zeiten gesprengt und durch den Palast der Republik ersetzt worden. Nach dem Abriss des asbestverseuchten Gebäudes entschied der Bundestag 2002, auf dem Gelände ein Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum ("Humboldt-Forum") zu errichten, das die Form und Fassaden des einstigen Schlosses erhält.

Nach Ansicht Wowereits ist mit der Verschiebung die Zukunft des Gesamtprojekts völlig ungewiss. "Die großartige Idee, auf dem wichtigsten Platz der Hauptstadt die außereuropäischen Kulturen zu präsentieren, wird jetzt kurzsichtiger Sparsymbolik geopfert."

Kultursstaatssekretär André Schmitz sagte, der Bund könne mit der Verschiebung nichts sparen, sondern müsse im Gegenteil nun das "völlig marode Museum" im Stadtteil Dahlem sanieren. Die Grünen nannten die Verschiebung sinnvoll und notwendig.

Nach Angaben des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, haben die bisherigen Vorarbeiten bereits erhebliche Summen gefordert. "Die Verschiebung verschlingt nun weitere Mittel. Ob man bei alldem von Sparen sprechen kann, weiß ich nicht."

Der Vorsitzende des SPD-Kulturforums Wolfgang Thierse warf der Bundesregierung völlig falsche Prioritäten beim Sparen vor: "Das größte und spannendste Kulturprojekt in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ... wird zugunsten weniger wichtiger Baubereiche, zugunsten einiger Autobahnkilometer, geopfert."

Betroffen reagierte auch der Vorsitzende der Fördervereins, Wilhelm von Boddien, der seit Jahren Spenden für das Projekt sammelt. "Die Frage des Spendervertrauens und der Zuverlässigkeit steht jetzt im Raum", sagte er. In einer Forsa-Umfrage hatten sich kürzlich 80 Prozent der Berliner dafür ausgesprochen, das Schloss ganz zu kippen.

Um die Rekonstruktion des Schlosses wurde seit den 90er Jahren erbittert gerungen worden. Die Gegner hielten es für rückwärtsgewandt, den ebenfalls historisch bedeutenden Palast der Republik einzureißen und die Barockfassaden neu zu errichten. Die Befürworten sahen im Humboldt-Forum die einmalige Chance, zusammen mit der in unmittelbarer Nähe gelegenen Museumsinsel einen "Ort der Weltkulturen" entstehen zu lassen. Im Schloss sollten vor allem die außereuropäischen Sammlungen untergebracht werden.

Nada Weigelt, DPA DPA

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