M. Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier Das Wüste lebt

  • von Micky Beisenherz
Micky Beisenherz
Vizekanzler Robert Habeck, Kanzler Olaf Scholz und FDP-Chef Christian Lindner bei der Klausurtagung der Bundesregierung auf Schloss Meseberg
© Imago Images
Die Ampel zickt rum, im Parlament kommt es zu Tumulten, und die Trotzteutonen triumphieren: Unser Kolumnist kommt da stark ins Schwitzen.

Stell dir vor, es sind Sommerferien und du musst für die Nachprüfung büffeln. Oder um es anders zu sagen: Es ist schon gerecht, dass Scholz, Habeck und Lindner sich bei 35 Grad im Schatten Gedanken darüber machen müssen, wie man nachhaltig die Bude heizt. Allein die Vorstellung, wie sie darüber zusätzlich ins Ölen kommen, na, das ist doch für den einfachen Steuerzahler ein ganz befriedigendes Gefühl, oder nicht?

Irgendwie war es konsequent, dass es über das vermaledeite Heizungsgesetz kurz vor der Sommerpause im Bundestag zu Tumulten kam, die fast so eskalierten wie zu den seligen Zeiten, als die Ukraine noch für Light Entertainment stand wie Beulereien im eigenen Parlament.

Ein schönes Selfie bei Insta macht noch keine stabile Beziehung

Die ernüchterte Erkenntnis: Mit der Ampel ist es wie mit allen Couples auch – ein schönes Selfie bei Insta macht noch keine stabile Beziehung. Mittlerweile schreibt man sich in den Ministerien gegenseitig schnippische Briefe und veröffentlicht die bei Twitter, sodass selbst Lilly Becker die Stilfrage stellen würde.

Fing doch alles so schön an.

Micky Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier

Mein Name ist Micky Beisenherz. In Castrop-Rauxel bin ich Weltstar. Woanders muss ich alles selbst bezahlen. Ich bin ein multimedialer (Ein-)gemischtwarenladen. Autor (Extra3, Dschungelcamp), Moderator (ZDF, NDR, ProSieben, ntv), Podcast-Host ("Apokalypse und Filterkaffee"), Gelegenheitskarikaturist. Es gibt Dinge, die mir auffallen. Mich teilweise sogar aufregen. Und da ständig die Impulskontrolle klemmt, müssen sie wohl raus. Mein religiöses Symbol ist das Fadenkreuz. Die Rasierklinge ist mein Dancefloor. Und soeben juckt es wieder in den Füßen.

Nun macht Christian Lindner auf dem SPD-Ausflug in dreizehn Variationen denselben Wärmepumpen-Witz auf Kosten der Grünen, während "Pumpen-Bobby" Habeck bei Lanz sitzt und vor sich hin hadert. Es gab Wochen, da ließen einen die Schilderungen des gebeutelten Wirtschaftsministers über das unfaire Treiben in König Olafs Palast glauben, beim knuffig verstrubbelten Habeck handele es sich um den dritten Windsor-Bruder. Prinz Hairy.

Derweil formiert sich im tiefsten Bayern Widerstand, als der Holzofen-Che-Guevara Hubert Aiwanger in Erding vor 13.000 zum Widerstand aufruft und man nicht umhinkommt zu denken: Die Wärmepumpe ist die neue Impfung. Die reflexartige Abscheu vor dem Heizungs-Hauruck des neuerlich als übergriffig empfundenen Staates hat vermutlich bedeutend mehr mit emotionalem Post-Covid zu tun, als viele glauben.

Der Teufel scheißt immer auf den braunsten Haufen

Deutlich sorgenvoller als auf den drolligen Aiwanger, der seine Äpfel wohl noch mit einem Klappmesser mit Hirschhorngriff schält, muss man auf das Umfragehoch von Alice Weidels Frust- und Fascho-Sammelstelle blicken. Ein Hoch, dessen unangenehme Begleiterscheinung es ist, noch weiter zu wachsen, je höher der bereits erreichte Prozentsatz ist. Die Leute votieren nun mal gern für die Erfolgreichen, beziehungsweise der Teufel scheißt immer auf den braunsten Haufen. Wenn so eine Partei erst einmal 20 Prozent hat, kommt es einem als Trotzteutone bei der Befragung schon bedeutend weniger schmuddelig-exotisch vor, zu sagen: "Doch, doch. Ich würde die wohl auch wählen." Sagt ja schon jeder Fünfte.

Und wie steht es um die CDU, deren Kopf Friedrich Merz partout nicht einfallen mag, wer genau jetzt diese konservative Mitte ist? Für dieses diffuse Gebilde hat man sich zumindest eine "Agenda für Deutschland" einfallen lassen, dessen Akronym dummerweise Ah-Eff-Dee lautet, und das ist doch sehr entlarvend.

Eine schöne Pointe war es kurz vorm Klingeln der Pausenglocke, dass wir Deutschen mit der Strafzahlung von 243 Millionen in Sachen Maut noch mal kurz daran erinnert wurden, dass es auch schon vor der Stümper-Ampel Regierungen gab, die nicht nur erfolgreich gearbeitet hatten. 243 Millionen. Dafür hätte Scholz Haaland kaufen können, der auf dem Rasen des Kanzleramts für die Touristenboote den Ball jongliert. Dann wäre in Deutschland auch wieder schöner Fußball zu sehen.

Hach.

PRODUKTE & TIPPS